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Wir sind drin, also fast . . .

Aktualisiert: 1. Okt. 2023

29. September 2023 - George Town

KM 5518


Die morgendliche Fahrt durch das verschlafene George Town ist herrlich. Nachts hat es heftig geregnet, tagsüber lacht seit drei Tagen die Sonne, wenn sie auch bestimmt 50% Luftfeuchtigkeit im Gepäck hat. Doch heute morgen wirkt alles kühl und frisch, denn auf den Palmen glänzen noch nächtliche Wassertropfen in der Morgensonne. Wir sind auf dem Weg zum Royal Thai Consulate, Visarallye, zweiter Versuch. Das weitläufige Konsulatsgebäude ist blendend weiß gestrichen, leichte, nach oben geneigte Dachsparren, künden von kulturelle Stolz der Heimat gegenüber und die Palmen beschatten die meisten Teile des Wartebereichs. Der ist bereits ziemlich gefüllt. Mist. Offiziell öffnet das Konsulat für Visumsangelegenheiten morgens um 9 Uhr, für zwei Stunden. Während Anni sich schon mal einreiht, parke ich das Motorrad zwischen alle den Rollern, von den Visaagenten und der Kioskbelegschaft, die vor der Botschaft Stellung bezogen haben.

Da stehen wir nun und ich frage mich, wann das asiatische Gambit beginnen wird. Bei Thailändern muss man immer auf alles mit einem Lächeln antworten, auch, wenn es der größte bürokratische Unsinn ist, der sich im Gehirn eines Verwaltungsbeamten breit machen kann. Immer lächeln! Regel Nummer 1, immer lächeln. Andere Regeln gibt es nicht. Aufregen bringt nichts. Meine "vietnamesische" Vergangenheit hat mich gelehrt, dass man mit Lächeln und einem Wa (aneinander gelegte Handflächen) immer weiter kommt.

Da stehen wir Bleichgesichter nun in der Morgensonne, 8:30 Uhr und harren der Dinge, die da kommen. Australier, Engländer, Russen, Japaner, Chinesen, Inder, Malaien und unsere Wenigkeit. Spannend, denn die Coleur der Reisenden ist interessant und bunt gemischt. Das australische Rentnerpaar in Outdoorbekleidung, er mit kurzer Buxe. Das russische Männerpaar, mit kreuzförmigen Ohrringen und blondiertem Haar, die Chinesen, ganz in schwarz, die komplette Nike-Sportcollection, auch mit kurzer Buxe. Die Japaner, bepackt mit modernster digitaler Technik auf Ohren, Augen und am Gürtel, wir formal mit gewaschenen Klamotten und Annis frischem Haarschnitt. Es wird wärmer und mir beginnt der Schweiß langsam am Rücken runter zu laufen. Um 8:40 Uhr fährt ein schwarzer Van vor, ein dicklicher Asiat mit Frau und etlichen Kindern steigt aus und bleibt, trotz der ordentlich aufgereihten Schlange, direkt vor der Tür stehen. Innerlich muss ich schmunzeln, das asiatische Gambit beginnt!. Der erste Touri in unserer Schlange, offenkundig ein Engländer, versteht einfach nicht, dass, wenn der erste Platz am Markt nicht belegt wird, er als unbesetzt gilt. Ich habe mal in Indien. in der Warteschlange am Ticketschalter im Jodhpurer Bahnhof versäumt 30 cm "vorzuziehen", nachdem mein Vordermann einen halben Schritt weiter gegangen ist. Zack, hatten wir jemanden in der Schlange vor uns, da wir ja offenkundig kein Interesse an der schnellen Abwicklung unserer Angelegenheiten hätten. Ein weiterer Engländer hält es nicht aus, diese, zum Himmel schreiende Unverfrorenheit, geht nach vorn und teilt dem Clanoberhaupt mit, dass das Ende der Schlange woanders sei. Ein Visa-Agent springt aus dem Kiosk herbei, versucht für seinen Auftraggeber in die Bresche zu springen und verkündet lauthals, dass das so seine Richtigkeit hätte. Der fette Asiat setzt zudem eine gelangweilte Miene auf, als ginge ihn das alles nichts an. Ich muss ein bißchen schmunzeln, denn an der tiefschwarzen Karre, mit der unser Sympathieträger vorgefahren wurde, hatte so eine lustiges goldene Plakette, Modell "wichtiges, staatliches Wappen" an seinem Nummernschild. Außerdem wird unser lieber kleiner Visa-Agent die Jungs im Konsulat kennen und wird, mittels eines kleinen Obolus, für den Reptilienfond pensionierter thailändischer Konsulatdsangestellter, die Reihenfolge in der Warteschlange neu mischen. Dann rauscht die Prinzessin an. Der auf Platz 1 verweilende, in alltägicher asiatischer Lebensart unkundige, vollbärtige Brite, nimmt Püppi in Empfang. Mit sandfarbenen Hotpants aus Leinen, total durchgestyltes Make up, geföhnte Haare, Yves Saint Laurent Shoppen über der Schulter und blütenweiße, trendige Sneaker schwebt sie aus dem Taxi zu der armen Socke, der genauso schwitzt wie ich. Sie macht ein Gesicht, wobei - hatte ich diese fächerartigen falschen Wimpern erwähnt - ihr stetes Blinzeln ihm offenkundige Kühlung im Gesicht zufächelt. 09:50 Uhr, der kleine Outdoor-Aussi geht nach vorn, kommt wieder, spricht mit seiner Frau und verschwindet Richtung Kiosk. Genau, der Kiosk verleiht lange Hosen, denn, nur in angemessener Kleidung darf man in das Königlich-Thailändische Konsulat, heißt im Klartext, keine kurzen Buxen und schon gar keine Hotpants. Dann beginnt es lebendig zu werden. Zwei ziemlich kaltschnäuzige Konsulatsmitarbeiter pampen alle Wartenden an, eine saubere Reihe zu bilden, die Unterlagen vorzuzeigen und begutachten den jeweiligen Aufzug der willigen Thailandurlauber. Tatsächlich hat er so einen harschen Ton am Leibe, dass er doch gut im Service bei der Deutschen Bahn arbeiten könnte. Wir schauen uns an und eigentlich gar keine Lust mehr, nach Thailand zu reisen. Dann geht es los. Der fette Vordrängler mit seiner gesamten Entourage, kommuniziert duckmäuserisch mit Schreihals und wird natürlich als Erster eingelassen, Premiumkunde. Dann kommen weitere Taxen vorgefahren, mit weiteren Agenten und weiteren Visa-Beantragern, die ihrerseits auch alle eingelassen werden, während die restliche, internationale Warteschlange weiter schwitzen muss. Püppi und Freund werden angeblafft, sie ist nicht ordnungsgemäß gekleidet für das Royal Thai Consulate. Sie macht ein Gesicht, er entschärft ihren Flunsch und nimmt die Sache in die Hand. Eilt zum Kiosk und kehrt mit einer rot-schwarzen Fludderbuxe, Modell Obelix, XXXL zurück. Sie nimmt das bekleidungstechnische Kleinod in die Hand, schüttelt den Kopf und macht ein weiteres Gesicht, das andeutet - "das schaffe ich nicht!". Der vollbärtige Macker von ihr, der eher einem finnischen Holzfäller oder wahlweise einem Hipster aus Friedrichshain ähnelt, versucht die emotionalen Wogen des Prinzessinnenekels zu glätten, fängt sich aber wieder einen Anpfiff von Schreihals ein, wo denn Bitteschön ihre FFP2-Masken seien. Holzfäller stiefelt wieder im Laufschritt zu Kiosk, vorbei an der, spontan entstandenen Schlange für das Hosenleasing und erwirbt käuflich zwei Masken, die der Kioskbesitzer natürlich aus der, längst parat gemachten Maxipackung FFP2-Masken fischt. Dann geht es los zum Unterlagen-Check. Wir sind schlecht vorbereitet, weil die offizielle Webseite Thailands, die Checkliste für das Touristenvisum, lediglich an das einfache Touristenvisum verlinkt hat. Wir wollen ja ein 60-Tage Kombivisum und dort war lediglich der Hinweis, dass an der Grenze 5000€ Guthaben nachgewiesen sein müssen. Also uns fehlt eine Kopie des Einreisestempels Malaysia, uns fehlt der Nachweis (über 3 Monate) von 5000€ auf dem Konto, uns fehlt die Kopie aller (!) Hotelbuchungen während unseres Thailandaufenthaltes. Diese Situation ist echt neu für mich, denn normalerweise checke ich das alles doppelt und dreifach vorher, aber tatsächlich "stand" bei "unserer Visumsart" keine Checkliste. Natürlich steht draußen ein Van, auf dessen Kofferraumablage ein WLAN-Multifunktionsdrucker montiert ist und wir können die Kopien nachliefern, für 2€ pro Seite. Hätten wir das gelesen, hätten wir das natürlich alles bereits erledigt, denn am Tag zuvor habe ich ja alle Unterlagen für die Bergziege doppelt und dreifach kopiert. Dann sind wir drinnen, in gefühlt 12 Grad AC, und ich muss der Dame erklären, was wir wollen. Wir haben keine Flight Nummer eingetragen! Nein, denn wir sind mit dem eigenen Motorrad! Sie braucht die Nummer. Ja, steht auf dem Visumsantrag. Nein, sie braucht eine Kopie des Fahrzeugscheins und will mich wieder wegwinken. Lege die Kopie vor. Sie braucht eine Übersicht über die vergangenen 3 Monate von unseren Kontoguthaben. Wir können ihr lediglich eine Kopie des Screenshots unseres derzeitigen Vermögens geben. Ich erkläre ihr erneut mit aller innerer und äußerer Gelassenehit, die jeden Buddha neidisch machen würde, dass wir bereits seit drei Monaten unterwegs seien und daher keine lückenlose Übersicht unsere Vermögensverhältnisse offenbaren könnten. Ratlosigkeit! Sie braucht aber Hotelbuchungen. Ja, steht mit Adresse auf dem Visumsantrag unter Adress in Thailand. Nein, sie braucht Buchungsbestätigungen. Ja, liegt in Kopie bei. Aber, sie könne sie nicht lesen. Ja, denn ich bekomme meine Hotelbuchungen immer auf Deutsch und nicht auf Thai, dass kann ich nämlich nicht lesen. Ratlosigkeit. Sie braucht mehr Hotels. Nein, kann ich ihr nicht geben, denn wir fahren mit dem eigenen Fahrzeug. Aha, eigenes Fahrzeug, Registration bitte. Ja, steht auf dem Visumsantrag under Flight-No. / or Vehikel-No. / or Vessel-No. und die Kopie haben sie vor gerade mal 3 Sekunden von mir bekommen. Ich verbeuge mich schön, lächle, was man wegen der Maske nicht sehen kann, lege aber meine gesamte konfuzianische Gelassenheit in diesen Moment der Unendlichkeit. Ratlosigkeit. Und das Fahrzeug? Steht draußen, ein Agent ist beauftragt, den Ministeriumsantrag auf einen Limited Permit zu bearbeiten! Wo wollen Sie hin? Ja, steht auf dem Visumsantrag unter Transit to, nach Kambodscha. Aha, Ratlosigkeit, erneut. Sie bittet mich Platz zu nehmen. Die Halle lehrt sich, denn offenkundig scheinen alle anderen Visaangelegenheiten von der Stange zu sein. Bis auf die von Püppi und Holzfäller, die auch am Tresen stehen und um ihr Leben reden. Die Obelixhose steht ihr, keine Frage, sie könnte die Tochter des kleinen Outdoor-Aussis sein, der trägt das gleiche Leasing-Modell wie sie, nur nicht in XXXL, sondern in XS. Kurzfristig dürfen wir je 160 Ringit bezahlen, für ein 30 Tage Touristenvisum, mit der Aussage, man würde versuchen den Antrag genehmigen zu lassen. Wir bekommen einen Abholschein und sollen Montag erneut vorbeikommen, um das Visa abzuholen oder nicht.

Irgendwie ist nichts so gelaufen, wie es sollte und nichts ist so, wie es im Internet stand. Wunder über Wunder des Orients. Anni ist geknickt, aber ich bleibe gelassen, denn ich bin sicher, das wird schon alles. Jetzt bräuchte ich eigentlich einen Schnaps, aber ein Vanille Milchshake im Black Kettle in Chinatown tust auch. Für alle die jetzt schmunzeln, der Shake ist teuflisch gut, mit französischer Bourbonvanille, köstlich!!! Also sitzen wir im Black Kettle und schauen auf die Thailandkarte. Thailand ist riesig und dazu kommt, dass die Dichte an Sehenswürdigkeiten ungefähr das Hundertfache von dem ist, was es in Malaysia zu sehen gibt.

29. September 2023 - George Town Von George Town bis nach Chiang Mai sind es gut 1700 Kilometer. 30 Tage Zeit, denn am 16.11. müssen wir dann in Poipet die Grenze zu Kambodscha passieren. Eng, vielmehr sehr dünn. Aber wir können das Visum verlängern und auch die Mopederlaubnis geht nur 30 Tage, dann muss sie eben neu beantragt werden. Also machen wir uns mal nicht bange und fangen an zu lesen und zu besprechen, was denn jeder von uns so sehen möchte. Wie wir bereits festgestellt haben, geht einfach nicht alles. Dass ist schon nach ein paar Tagen auf Java klar gewesen und so ist die Liste unserer zukünftigen Urlaube noch einmal länger geworden. So ist es auch mit Thailand. Was bei uns fest auf dem Programm ist, sind die alten Königsstädte in Zentralthailand, wie Sokuthai oder Ayutthaya. Wie es dann weiter geht, sehen wir dann. Also kein Leistungsdruck und alles, was wir nicht sehen, machen wir ein anderes Mal. Bonne nuit folks..

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1 Comment


Marc Luetjens
Marc Luetjens
Sep 30, 2023

KI hat Humor aber kein Verständnis:

Diese Geschichte ist eine humorvolle Erzählung von den Erlebnissen eines Reisenden, der ein Visum für Thailand beantragen will. Der Reisende beschreibt die verschiedenen Hindernisse und Schwierigkeiten, die er und seine Mitreisenden überwinden müssen, um in das thailändische Konsulat zu gelangen. Er beobachtet die verschiedenen Charaktere, die sich in der Warteschlange befinden, wie zum Beispiel einen dicken Asiaten, der sich vordrängelt, eine Prinzessin in Hotpants, die sich umziehen muss, und einen Holzfäller mit Vollbart, der ihr Freund ist. Er macht sich auch über die bürokratischen Anforderungen lustig, die er nicht erfüllen kann, wie zum Beispiel eine Kopie des Einreisestempels aus Malaysia, einen Nachweis von 5000€ auf dem Konto und eine Kopie aller Hotelbuchungen. Die Geschichte…

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