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AutorenbildIngo

Die 7 Brunnen . . .

Aktualisiert: 14. Nov. 2023

15.Oktober 2023 - Langkawi

KM 6339


91 Meter stürzt das Wasser von der „Bruchkante“ über eine, nahezu glattpolierte Felsenwand in die Tiefe. Anders als beim Temurun, ist der Telaga Tujuh nicht zugewachsen. Das „Flussbett“ ist eine gigantische Steinformation, die eine 50 Meter breite Schneise durch den Dschungel zieht. Der stetige Wasserfluss hat das Gestein gerundet und glattgeschliffen, sodass flache Naturbecken und -treppen entstanden sind. Der Wasserfall ist auf der südwestlichen Seite des Mount Mat Cincang. Während der Temunrun nördlich des zweithöchsten Berges liegt, liegen die 7 Wells, die 7 Brunnen am südwestlichen Hang. Alleine der Name ist schon klasse, die 7 Brunnen, was für eine Steilvorlage für Mythen und Legenden. Aber leider bezeichnet 7 Wells eigentlich nur 7 große, rundgewaschene Becken, in denen der müde Reisende sich badenderweise erfrischen kann. Was hätte man aus dieser Geschichte machen können? Aber nun gut, es sind halt nur 7 Brunnen. Beim Nachzählen bin ich auf weit mehr Becken gekommen, aber vielleicht wird, bei diesem niedrigen Wasserstand, nicht jedes schnöde Wasserloch mitgezählt. Wer weiß das schon?

Wir sind heute spät dran. Logisch, sind wir doch abends zuvor in der internationalen Biergemeinde Langkawis im Hornbill Hut versackt. Der geneigte Leser wundert sicher, mich, im Zusammenhang mit meiner Personalie, von internationaler Biergemeinde zu sprechen. Richtig, ich habe mich schadlos ans Tiramisu und Mangosaft gehalten. Da ich der einzige in der illustren Runde von cosmopoliten Strandpiraten bin, der sich mit Mangosaft so richtig die Kante gegeben hat, war am Ende nicht nur das Bier alle, sondern auch Fruchtsäfte. Eigentlich haben wir ja ein Date mit Peter, unserem Mangrovenscout gehabt. Im bayrischen Club, der übrigens komplett mit Zebrastreifen dekoriert ist, zum zünftigen Bratkartoffelessen. Die Bayern hatten aber

geschlossen und so sind wir im Hornbill Hut gelandet. Versteckt zwischen Palmen, in der hinteren Reihe von vor sich hinrottenden zweitklassigen Hotelkaschemmen, deren hochtrabende

Namen immer den Begriff Palace beinhalten, liegt ein kleines malaisches Holzhaus. Auf Stelzen gebaut, das Untergeschoß offen, verwinkelt, das Obergeschoss aus Holz gefertigt, mit den typischen Blendläden, die im tiefsten Orient kühlen Windzug versprechen. Umgeben von einem Garten, in dem überall Tische stehen. Weit ab von der touristischen Rummelstraße Cenangs, empfängt ein Wasserbüffelschädel den durstigen Gast. Peter und der Rest der internationalen Entourage hocken an einem länglichen Tisch in der Bibliothek und die Stimmung ist ausgelassen. Hinter dem Tisch, zwischen kleinen, mit üblicher Urlaubsbelletristik beladenen Regalen, hängt das Bild eines Hornbills, Namensgeber der Tränke und gleichermaßen selten sichtbarer Mitbewohner Langkawis. Es wird Englisch gesprochen, Deutsch in Schweizer oder österreichischen Facetten und Arabisch. Sehr unterschiedliche, aber spannende Biografien, kommen auf den Tisch und der Schmierstoff für die ausgelassene Stimmung ist international-sarkastischer Humor, nicht immer feinsinnig, aber durchaus treffend. Natürlich werde ich

verlacht, als man mir das Bier geben will und Anni Saft und Tiramisu hinstellt, aber ich lebe seit meiner Militärzeit mit den Saftignoranten, was aber der gemeinsamen humoristischen Wellenlänge keinen Abbruch tut. Mancher in der Runde lebt auf Langkawi, keineswegs gestrandet, sondern alles Menschen, deren Augen von Tatkraft und der Suche nach Weite kündet. Wirklich spannend. Als das Bier versiegt, ich das letzte, wirklich hervorragende Tiramisu verputz habe und die Mangos erst neu geerntet werden müssen, verschwinden alle in der Dunkelheit der Nacht. Doch bleibt ein enges geistiges Band in meinem Kopf zurück. Als wir die Bergziege vor unserer Tropenvilla parken, werden wir von den Gekkos wütend angemeckert, die daraufhin wirr hin und her rennen. Wir haben die Tür noch nicht ganz geschlossen, da tanzen bereits die Brillen-Languren wieder auf dem heißen Blechdach, denn ein zünftiges Tropengewitter zerreißt die heiß-feuchte und von Zikadengesang, erfüllte Nacht.

Sonntagmorgens, also wir wanken so gegen 11 in grinsende Büffel, ist hier schon der Teufel los. Pausenlos halten Taxen vor dem Eingang und große, wie kleine Touristengruppen stehen vor dem Schild, Please, wait to be seated, was heute morgen aber schon gegen das Schild Sorry, we’re full ausgetauscht wird. Vielleicht zur Erklärung: Das Restaurant Smiling Buffalo ist in der unserer Hotelanlage. Es hat von 8 Uhr bis 17 Uhr geöffnet und dann ist hier echt was los. Der grinsende Büffel gehört zu den besten Restaurants und Cafés auf Langkawi. Das Frühstück im Büffel, was sich sicherlich für zu enge Shorts meinerseits verantwortlich zeichnet, ist auch richtig klasse. Nach 17 Uhr versinkt die Hotelanlage in einen Dornröschenschlaf. Ursprünglich war es einfach ein altes malaiisches Holzhaus, natürlich auf Stelzen, umgeben von einem ziemlich verwunschenen Palmengarten. Dann hat man aber ein Hotel daraus gemacht und 5 kleine Villen, mit 8 Zimmern in diesen Garten gebaut. Sehr gelungen, denn die Tische des Restaurants stehen im ganzen Garten verteilt, was jedem Gast oder Gruppe das Gefühl gibt, ziemlich allein in der Natur zu sein. Sehr empfehlenswert, wirklich. Natürlich ist es kein Strandresort, aber ich mag diese stillen Abende, wenn die Sonne durch die wiegenden Palmenblätter auf unsere Veranda scheint und man nur noch Vogelzwitschern, Gekkomeckern, Affenfiepen und dann und wann ein vorbeifahrendes Moped hört.


Während um uns der Kampf um die Restaurantplätze tobt, beschließen wir heute die 7 Wells zu besuchen. Dazu müssen wir wieder in den unberührten Nordwesten der Insel fahren, vorbei an den Parkplätzen zum Skywalk. Ein kleiner Parkplatz, einige Fressbuden und natürlich das übliche Souvenirgedöns. Etwas 650 Treppenstufen führen bergauf oder man nimmt die sehr steile Serviceroad. Einer der „Händler“ empfiehlt uns die Treppe. Wie der Zustand der Stufen sei, frage ich ihn. „Guutt“, seine Antwort. Als ich erneut frage, ob es malaiische Normstufen seien, bricht er in ein schallendes Gelächter aus, kriegt sich kaum ein, zeigt mir einen hochgestreckten Daumen und erwidert, „halb und halb!“ Also die Treppe. Noch bevor wir überhaupt eine Stufe gesehen haben, landen wir schon in einer erbitterten Schlacht um die Hemdchentüte. Eine indische Großfamilie, Wochenende halt, hat sich an der Fressbude mit Picknickereien eingedeckt und diese werden nun, jedes Familienmitglied für sich, jeweils in einer fludderigen

Hemdchentüten gen Wasserfall hochgetragen. Gut sichtbar, sollte ich noch erwähnen. Natürlich liegen die Affen auf der Lauer, klaro, haben bestimmt alle den Räuber Hotzenplotz gelesen. Wenn also am Horizont ein Bollerwagen mit einer Holzkiste auftaucht, auf der Vorsicht Gold geschrieben steht, muss man zuschlagen. Und hier muss nicht mal irgendwas auf den fummeligen Tütchen stehen, schon die Tüte wirkt aphrodisisch auf die Affen, keine Frage. So gibt es einen Tumult und der indischer Urlaubsfeldzug wird sofort im Keim erstickt. Als wir uns den befellten Räubern nähern, werden wir sofort ins Auge gefasst. Die Filmkamera wird fixiert, wie eine Sahnetorte, sodass ich nur einen Stein aufheben muss und die Meute verschwindet in der diffusen Dunkelheit des Dschungels.

Stufe um Stufe schreiten wir langsam am Berg empor. Heute ist es wieder super drückend, windstill und so stechend heiß, dass mein Tshirt schon wenige Minuten nach Marschbeginn völlig durchnäßt ist. Dann fliegen zwei Hornbills, kurz hintereinander an uns vorbei und verschwinden flux im Dickicht. Da es bis zu 50 verschiedene Arten von Hornbills gibt, kann ich nicht sagen, welche Art es war, sie sahen eher dunkel aus. Wir haben in Myanmar schonmal ein paar davon zu sehen bekommen, die waren aber definitiv größer. Obwohl der Reiseführer von einem einstündigen Aufstieg berichtet, erreichen wir bereits nach 10 Minuten die unteren Stufen des Wasserfalls. Von den Treppen geht es noch gut 100 Meter durch den Dschungel und der Wald öffnet sich zu einem sehr eindrucksvollem Naturerlebnis. Winnetou wäre neidisch! Überall fließt klares, kühles Wasser zwischen die Steinen bergab, Richtung Andamanensee. Rechts und links der „Steintrasse“ ragen die Urwaldriesen empor und das brausende Geräusch der Wassermassen übertönt die Zikaden- und Tierrufe des Waldes. Wirklich sehr beeindruckend.

Natürlich ist viel los, schließlich ist Wochenende. Doch die breiten Steintreppen lassen viel Platz, sodass sich der Besucheransturm gut verteilt und jeder so seinen Bereich hat, um das Naturschauspiel zu genießen. Der Temunrun ist wesentlich beeindruckender in seiner Höhe und auch aufgrund seiner verwunschenen Lage, tief im Wald. Doch hier stürzen ziemliche Wassermassen über die glatten Steinwände, dass über dem gesamten Schauplatz feiner Wassernebel hängt. Der vertreibt die drückende Hitze erstklassig, richtig erfrischend. Zwei Stunden hängen wir hier ab, klettern rum, filmen, fotografieren, sitzen auf unterschiedlichsten Ebenen, schauen mal hier und mal dort. Wirklich schön. Aufgrund des Wetters habe ich das Fliewatüt gar nicht mit, denn der Himmel ist grau, was leider auch die Farbspiele des klaren Wassers etwas beeinträchtig.


Nach 20 Minuten haben wir den oberen Teil des Wasserfalls erreicht, der zwar, aufgrund seiner offen liegenden Topografie sehr spektakulär von der Skywalk-Gondel aus zu sehen war, aber man eben nur die Abbruchkante der Felsen sieht. Wir folgen dem Fluss etwas weiter bergauf und finden die Stelle, wo mehrere, kleine Gebirgsbäche über geröllartige Trassen aus dem Dschungel fließen. Sehr mystische Stimmung, aus dem Dunkel des Waldes sprudelt das Wasser förmlich ans Tageslicht. Am Rande sind riesige Baumwurzeln sichtbar und nur wenige Meter hinter ihnen verliert sich fast jedes Tageslicht. Leider sehen wir kaum noch Tiere, was aber vermutlich mit der hohen und sehr lauten Anzahl an Besuchern zu tun hat. Hier lebt auch das Indische Riesenhörnchen, was wir auch in der Hotelanlage haben, ich aber noch nie vor die Kamera bekommen konnte. Einmal haben wir auch eins auf einer Stromleitung an einer Landstraße gesichtet, aber da hatte ich mein Zoom nicht griffbereit. Die grüne Baumschlange sehen wir auch nicht, klar, bei dem undurchdringlichen Dickicht kein Wunder, aber ich bin mir sicher, dass sie uns gesehen haben. Bonne nuit folks.




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1 Comment


Marc Luetjens
Marc Luetjens
Oct 16, 2023

KIch kann versuchen, die gleiche Geschichte ohne den Sohn zu erzählen. Hier ist meine Version:

Ki mystifiziert die sieben Brunnen:

Er war ein Dollyfahrer, der jeden Tag die Waren von einem Ort zum anderen transportierte. Er hatte einen engen geistigen Band um den Kopf, der ihn daran hinderte, seine eigenen Gedanken zu hören. Er wusste nicht, wer er war, woher er kam oder wohin er ging. Er folgte nur den Anweisungen, die ihm über das Band eingegeben wurden.

Eines Tages bekam er einen seltsamen Auftrag. Er sollte sieben Brunnen in der Stadt besuchen und jeweils einen Schluck Wasser trinken. Er wusste nicht, warum er das tun sollte, aber er gehorchte wie immer. Er machte sich auf den Weg zu dem…

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