18. September 2023 - Ipoh
KM 5055
Vertrackte Sache, aber so richtig! Die Straße der Ehefrau, die Straße der Konkubine und die Straße der 2. Konkubine. Wir sind verwirrt. Wir stehen in Downtown Ipoh auf dem Kolonial Walk und versuchen durch die Geschichte durchzusteigen. Am Anfang war das Zinn! Dann kam alles andere. Ipoh liegt etwa 180 Kilometer nördlich von Kuala Lumpur, an einem Fluss, namens Kinta. Wenn man rechts abfährt, kommt man in die Vulkanberge des Taman Negara. In diesem Umfeld hat man, genauer gesagt, im Flusstal hat man, ungefähr 1850 rum, die größten Zinnvorkommen der Erde entdeckt. Jawohl, in Ipoh. Eigentlich war hier immer schon was los, denn irgendwann, im Neolithikum, haben schon irgendwelche hippen Graffitischmierer Malereien auf
Felsenwänden irgendwelcher Höhlen in Gua Tambun hinterlassen. Also schon recht lange, bevor hier irgendein Ziunnmagnat seinen Geldspeicher errichtet hat. So richtig los ging es dann in den zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts, als der globale Zinnhunger so richtig angefacht wurde. Man scheint hier ordentlich Kohle verdient zu haben, denn Ipoh wurde auch "Stadt der Millionäre" genannt. Wurde! Ab den 50er Jahren ging es mit dem Geldscheffeln bergab, die globale Nachfrage brach ein, vermutlich durch technische Neuentwicklungen, die einen preisgünstigeren Ersatz für Zinn benutzten. Auch wenn Zinn heute keine so
außerordentliche Rolle mehr spielt, lebt Ipoh aber immer noch gut, von den weiterhin ertragreichen Zinnminen. Mit fast 700000 Einwohnern ist Ipoh auch eine der größten Städte in Malaysia. Wenn man aus den Bergen kommt und auf Ipoh zufährt, erscheint einem die Minengegend wie eine Mondlandschaft. Ganze Berghänge sind abgetragen und als zerklüftete, rötlich-gelb gecheckte Steilwand zurückgeblieben. Mancher Berg ist in der "Mitte" einfach "durchgeschnitten" und steht wie ein roh behauenes Monument in der Gegend rum. Hier arbeiten, vermutlich seit Generationen Chinesen in den Minen. 70% von Ipohs Einwohnern sind sogenannte "ethnische Chinesen", deren Muttersprache Kantonesisch ist, was man hier auch in allen Gassen hört.
Gassen sind ein ein gutes Stichwort, denn der geneigte Leser will ja die scharfen Sachen hören, die in dunklen Basaren geflüstert und gemunkelt werden. Nun ja, wie in jedem wirtschaftlichem Boon, kamen mit den Arbeitern ebenfalls die Spekulanten, und hernach natürlich die Glücksritter und die gefallenen Engel der Straße. Ipoh wuchs rasant schnell an. Basare, Geschäfte, Theater, usw. 1892 fiel ein Teil der Altstadt einer Feuersbrunst zum Opfer. Die Altstadt wurde mit viel Zinngeld wieder aufgebaut. Der liebe Yao Tut Shin, einer der Zinntycoone, spendete soviel Geld, dass er drei Gassen seinen drei Frauen widmete. Die Anwohner gaben ihnen die Spitznamen, Straße der Ehefrau (heute Lorong Hale), Straße der Konkubine (heute Lorong Panglima) und Straße der 2. Konkubine (heute Market Lane). Was soll ich sagen,
Die Ehefrau und die 2. Konkubine müssen ziemlich langweilig gewesen sein, denn in ihren Gassen ist nicht so richtig was los. In der Gasse der 2. Konkubine gibt es immerhin etliche Wandmalereien, ein paar gesittete Bars und Cafés. Die Gasse der Ehefrau wirkt am frühen Nachmittag wie ausgestorben und es ist nix los. Aha, so so? In der Gasse der Konkubine boxt der Pabst, soviel ist mal sicher. Früher auch schon, denn mit dem Boom, kamen hier die kleinen chinesischen Geschäfte, Opiumhöhlen und Bordelle. Die Concubine Lane war ein ganz heißes Pflaster. Nicht nur ein Tycoon hatte hier seine Konkubine, sondern der Trend unter Tycoonen ging dahin, dass hier sozusagen alle Zinnmillionäre ihre Konkubinen parkten. Zwischen den Gassen gab es den Kong Heng Komplex, wo einst die Schauspieler des ebenfalls ausgebrannten Theaters hausten. Natürlich wurde hier nicht der Freischütz aufgeführt, sondern eine zünftige Peking Oper. Heute ist da in den Ruinen wieder ein Komplex entstanden, der Kong Heng Square. Zugänglich von der Concubine Lane und der Wife Lane (War bestimmt eine Szene, wenn die sich beide im Theater trafen!), haben sich hier in den überwucherten Mauerresten wieder Szenecafés sowie ein paar Klamottengeschäfte etabliert und somit dem verwelkten Dasein der Theaterruinen neuen Odem eingehaucht.
In der Concubine Lane regieren heute nicht mehr die, im Schatten verheißungsvoll geflüsterten, amouröse Lebensweisen, die in dunklen Hauseingängen gezückten Messer, die wieder einen armen Teufel um seinen hart erarbeiteten Zinnlohn erleichtern oder die seidene Schwerelosigkeit versprechenden, kunstvoll geschnitzten Opiumpfeifen. Heute gibt es Zuckerwatter, kitschigen Schnickschnack oder preisgünstiges kantonesisches Touristenessen. Schmal sind die Wohnungen, in die die kleinen Geschäfte im Erdgeschoss alter, teilweise renovierter Kolonialbauten gepresst sind. Durch tropische Verwitterung etwas
heruntergekommen, wohnt diesen Gebäuden der Charme vergangenen Glanzes inne, der
als postkolonialer Windhauch in den engen Gassen weht.
Am Ende der Concubine Lane steht, leicht versetzt, an der Japan Boje Tina Nr. 3, ein weißes, mehrstöckiges Gebäude, das Han Chin Pet Soo. In früheren Zeiten, ab 1893, trafen sich hier hakkastämmige, chinesische Minenarbeiter und Unternehmer zum Opiumrauchen und zum Majongspielen. Der Han Chin Tin Miners´Club kaufte das Vorläufergebäude 1927, ließ es abreißen und errichtete darauf dieses weiße Gebäude, das heute ein Museum beherbergt.
Am anderen Ende der kleinen Altstadtgassen liegt die Staatsmoschee Masjid Sultan Iris Shah II. Ein monströser Prachtbau aus Beton, dem direkt gegenüber ein neobarocker Clocktower (von 1909) steht, auf dessen Malerei irgendeine Figur bei der muslimischen Führung Ipohs Bauchschmerzen auslöste und sie geweißt wurde. Wir lassen beide Bauwerke links liegen und
gehen weiter zum Bahnhofsgebäude. Was für ein Gründerzeitprachtbau. 1917 fertiggestellt (Angefangen hatte man schon 1914, aber Material und Arbeiter wurden wegen des Ersten Weltkrieges knapp.) und auf der Veranda im 2. Stock traf sich das Mining-who-is-who zum Cocktailschlürfen und schön Geschäftchen machen. Im Innern hatte es mal ein Hotel gegeben, dessen Fenster aber derzeit vernagelt sind. Massive Steinsäulen halten die Veranda, in deren kühlem Schatten, heute wie damals, irgendeine Form von Personentransport stattfindet. Das Bahnhofsgebäude wurde 1999 als ein Teil der Kulisse für den Film Anna und der König genutzt. Ist schon eine Ewigkeit her, dass ich diesen Film gesehen habe, aber sollten wir vielleicht wieder mal tun, wenn man schon an Originalschauplätzen ist. Der Architekt hatte sich neben den, offenkundig britischen Baumerkmalen, ebenfalls bei den britisch-indischen (The Raj-Style) Stilen bedient. Aber vermutlich würde das jetzt zu ein führen.
Direkt gegenüber, nur ein paar Schritte durch einen kleinen Park, steht ein majestätisch anmutendes Gebäude, das Rathaus von Ipoh. Errichtet 1914, ebenfalls ganz im britischen Gründerzeitstil erbaut, wird es derzeit komplett saniert und man kann leider nur das Obergeschoß sehen, was aber schon ziemlich imposant daherkommt. Den High Court können wir wegen Zäunen, Pflanzen und Mauern nicht gut sehen, außerdem ist das Gebäude ist noch in offizieller Funktion unterwegs.
Überall in Ipoh gibt es Wandmalereien, ähnlich wie in Kuala Lumpur, werden meist Alltagsszenen aus dem chinesischen Leben dargestellt, bis auf den Tiger, den wir in einer Seitenstraße gefunden haben. Irgendwo muss jemand einen Schneemann hingemalt haben. Bei der Affenhitze, kein Wunder, dass man gerne etwas Schnee hätte. Obwohl, heute war es kühl, 28 Grad ohne die schwere Luftfeuchtigkeit. Es wir wohl Herbst hier. Bonne nuit folks.
KI erzählt einen Witz:
Eine Ehefrau und ihre beiden Konkubinen gingen in ein Restaurant. Der Kellner fragte: “Tisch für drei?” Die Ehefrau antwortete: “Nein, Tisch für zwei. Meine Konkubinen werden woanders sitzen.”
Ki