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AutorenbildIngo

Wie weit ist Pua . . .

02 Dezember 2023 - Von Phrae nach Pua

KM 12330


An der Kreuzung steht ein Hinweis: Pua, links ab, 15 Kilometer. Aha. Ungefähr 5 Meter nach der Kreuzung prangt ein erneuter Hinweis: Pua, 13 Kilometer. Aha, so so? Am Ortsausgang, keine 200 Meter weiter, hängt ein Straßenschild: Pua, 14 Kilometer. Häää? Man hat sich scheinbar nicht auf eine Entfernungsangabe einigen können, soviel ist mal sicher. Die gleiche Situation hatten wir gestern schon einmal. Phrae, 98 Kilometer, wenige Minuten später, 79 Kilometer und auf den folgenden Hinweisen pendelte man sich so in den 80ern ein. Also gut, fahren wir die 15 bis 13 Kilometer noch bis Pua. In dieser Region scheint man sich nicht immer einig darüber zu sein, wie groß die Entfernungen sind. Aha, so so. Wir haben ja Zeit, sind nicht im Stress sozusagen. Wenn wir länger brauchen, hat es keine Konsequenzen.

Etappenziel ist Pua in der Provinz Nan, gut 200 Kilometer von Phrae entfernt. Wir verlassen unsere Unterkunft gegen 9:30 Uhr und machen noch einmal einen Kaffeestop in Phrae vor dem Wat mit dem Dösenden Buddha. Anni hatte gestern Abend so ziemlich alle Cafés gegoogelt, die es in Phrae gibt. Und siehe da, es gibt eine sehr aufgeweckte Kaffeehausszene in Phrae. Überhaupt hat uns Phrae richtig gut gefallen, da es so gemütlich und relaxed erscheint. Im Vergleich zu Chiang Mai, wo echt der Mob steppt, ist Phrae ein Ort der Ruhe. Das Café ist in

einem alten, windschiefen Teakhaus untergebracht und liegt direkt am Straßenrand. Der Besitzer, scheint ein Faible für Popart und internationale Comics zu haben. Seine Buddhas sind ein kleines bißchen anders geartet, als im Wat gegenüber. Irgendwie ist aber sein ganzes Interieur sehr stimmig, von den verschiedenen Buddhas mal abgesehen. Allein die alten Röhrenfernseher aus den 80ern, die im Eingang als Ablagefläche gestapelt sind, zaubern selbstredend dem Kind der 80er, ein breites Grinsen in die Lachfalte. Zu Annis großer Freude

hat er bereits Weihnachtskekse im Angebot. Da gibt es den Gingerbreadman, zwar nicht in Gingerbread, aber dafür in Mürbeteich mit fruchtiger Ananasfüllung. Vor der Tropenholzbude hat unser Gastgeber zwei niedrige Stühle aufgebaut, sodass man in Ruhe beim Kaffee auf das Wat schaut oder auch einfach nur dem Treiben auf der Straße folgt. Während wir das so rumlungern, kommt ein Mann vorbeigeschlurft. Nein, das ist keine autorentechnische Übertreibung, er schlurft! Wie eigentlich alle hier. Rappel dürr, angetan mit einer stonewashed Jeans, die selbst Rick Astley neidisch gemacht hätte. Das karierte Kurzarmhemd in der Buxe versenkt, selbige bis zum Bauchnabel hochgezogen und das 80er Jahre Kleidungswunderwerk wird mit einem gefaktem Dior-Synthetik-Leibriemen um die schmale Mitte gegürtet. Das ausgemergelte Gesicht ist voller Falten und sein drastisch vorstehender Kiefer könnte dem Cartoonisten Morris als

Vorlage für die Daltons im Lucky Luke gedient haben. Auf dem Kopf trägt er einen ausgeblichenen Anglerhut mit Camouflagemuster, wobei der hintere Teil der Krempe fesch nach oben geklappt ist. Sein Blick fällt auf die Bergziege, das Schlurfen setzt aus, er stutzt, zückt sein Handy und macht Fotos. Dann entdeckt er uns, ein Objektivschwenk und er fotografiert uns. Unschlüssig, schlüssig schlurfend, verharrt er im näheren Umfeld und ist sich nicht sicher, ob

die Bitte um ein Selfie nicht vermessen wäre. Wir haben unseren Kaffee noch nicht ausgetrunken, da steuern zielstrebig drei junge Thais auf uns zu und fragen schüchtern, ob sie ein Selfie machen dürfen. Sie halten alle ihr Telefon hoch, auf denen Chalermchais Handyvideo vom Weißen Tempel zu sehen ist. Ob sie es in ihren Social Media Kanälen posten dürften und noch eins bitte, bitte jetzt so, gehts vielleicht auch so, dann wird der Barista hinzugeholt, der soll Fotos machen. Auf die Gelegenheit hat Diorgürtel nur gewartet. Ursplötzlich kommt er aus seiner Warteposition hinter der angrenzenden Hecke gesprungen und reiht sich nahtlos in den

Bildermarathon ein. Zwei Pickups verlangsamen die Fahrt und zücken ihre Handys. Doch dann ist der Kaffeehausbesitzer am Zug. Aufmerksam hat er die Aufkleber auf unseren Koffern studiert. Dabei müssen ihm die Sticker vom Smiling Buffalo und vom ACÉ Café Kuala Lumpur aufgefallen sein. Als wir unsere Jacken anziehen, überreicht er uns unaufgefordert zwei Sticker seiner Lokalität. Wirklich schöne Sticker, wohlgemerkt. Er ist so schüchtern, dass Anni sofort, völlig gerührt den Aufkleber an unseren Koffer klebt. Er möchte ein Foto mit uns, doch ist wirklich viel zu schüchtern, um zu fragen. Ob er im Gegenzug einen von unseren Tourstickern möchte. Selten habe ich einen erwachsenen Mann so voller Freude gesehen. Er möchte, dass ich den Sticker mittig auf die Bar klebe, kann ihn aber überzeugen, es irgendwo unauffällig zu tun. Den Aufklebevorgang möchte er filmen, dabei sehe ich, dass das Chalermchai-Video auf seinem Screen läuft. Ob er ein Selfie mit seinem Café möchte, frage ich und er schwelgt. Da nun aber der gesamte hintere Gastraum aufmerksam geworden ist, verkürzen wir unsere unfreiwillige PR-Tour und machen uns still und heimlich vom Acker. Ich sehe Chalermchais spitzbübisches Grinsen buchstäblich vor mir, als er sagt, "Morgen kennt euch jeder in Thailand!" Ich hatte ihn nicht ernst genommen, soviel ist mal sicher.

Die Fahrt nach Nan verläuft zügig. Erst geht es schnurgeradeaus, was mich ein bißchen an Montana erinnert. Das Bergland immer vor Augen, durchquert man die Ebene. Nan liegt in einem Gebirgskessel mit dem Phi Pan Nam-Gebirge im westlichen und der Luang Prabang-Gerbirgskette im östlichen Teil. In der Kommune Pua geht es schon mal auf über 2000 Meter raus, wobei der 2.079 Meter hohe Doi Phu Kha, zur Grenze zu Laos, der höchste Gipfel ist. Die gut ausgebaute Landstraße schraubt sich sehr kurvig immer höher, bis wir in den frühen Mittagsstunden Nan erreichen und am weißen Wat Ming Mueang, der die Stadtsäule beherbergt, Rast machen. Der Tempel ist ein bißchen skurril, da er mit einer Perlmuttfarbe angestrichen ist.

Sobald ein Sonnenstrahl darauf fällt, beginnt die Oberfläche zu glitzern. Nun ja, vielleicht muss man sich ja vom Weißen Tempel absetzen. Die Gebäude sind über und über mit Details versehen, dass man die Gesamtheit der Verzierungen nur schwer erfassen kann. Da heute aber eine nahezu geschlossene Wolkendecke über der Provinz liegt, reflektieren die "weißen" Wände das grelle Licht auf eine sehr unangenehm diffuse Weise. Umlaufend um den ganzen Viharn wurden, so ca. alle 3-4 Meter, Wächterfiguren im Lotossitz angebracht. Doch im hinteren Teil der Anlage "sitzt" eine Figur, bei der ich fast laut losprusten muss. Normalerweise sind Wächterfiguren an thailändischen Tempeln immer angsteinflößend gestaltet oder aber bildhübsch und nur der Sandokan-Krummsäbel weist seine Wächterposition aus. Doch hier hockt einer, dessen

Knollennase Loriot neidisch gemacht hätte oder sogar als Vorbild für alle seine Nasenmännchen gedient hat. Außerdem hat die Figur einen derart döspaddeligen Gesichtsausdruck, dass ich nicht weiß, wie diese Figur hier ihren Platz finden konnte. Aber trotzdem großartig und Hut ab vor dem Architekten mit seinen eher ausgefallenen Details. Unser Etappenziel Pua liegt ungefähr - so genau weißt das keiner - 60 bis 65 Kilometer nördlich von Nan. Wir verlassen die Stadt, einerseits, weil wir noch ein bißchen Strecke machen wollen und andererseits ist Nan auch Ausgangspunkt für Ausflugstouren jeglicher Art. Gerade ist absolute Motorradsaison und darüber hinaus auch noch Wochenende, sodass uns schon etliche Big Bikes vor Nan überholt

haben. Aber hier geht mehrtägiges Trekking, Nationalpark-Übernachtungen, Mountainbike fahren usw. , heißt also, dass in Nan so ein bißchen die Nepper, Schlepper, Bauernfänger-Szene ist. Überall gibt es Foodcourts, Restaurants, Tourveranstalter, Resorts, Teehäuser, also jede Menge Trubel. Daher verlassen wir Nan in Richtung Santi Suk auf der Kurvenstraße Nr. 3, also, die heißt wirklich so. Bis Pua, wieviele Kilometer es sind weiß ich nicht genau, führt uns die Kurvenstraße Nr. 3 steilst bergauf und ebenso steil bergab. Super zu fahren, es sei den man hat einen monströsen Pickup Konvoi vor sich und wird von etlichen Motorradrasern schnibbelnd überholt, die gerne das Gas auf 6000-7500 Umdrehungen hochreißen, dass sich selbst eine größere Geländemaschine wie eine Hornisse anhört. Unser Höhepunkt ist jedoch der Panorama Instaspot auf irgendeinem höheren Bergrücken. Hier hat ein findiger Bergbudenbesitzer die Steinstelen des berühmten Tempels Pura Lempuyang Luhur auf Bali, in Sperrholz an der Steilkante eines Bergrückens aufgebaut. So mit weitem Panoramablick im Hintergrund. Sein

(hier der echte Tempel Pura Lempuyang Luhur-Quelle: https://www.atlasobscura.com/places/pura-lempuyang)

Marketingplan geht auf. Völliges Verkehrschaos auf einem schmalen Bergrücken, wilde Rangiererei, gefährliches Straßenrandparken, unkontrolliertes Überqueren der vielbefahrenen Bergstraße, lange Warteschlangen, Posingmarathon. Die Fertigen trinken alle einen Kaffee an der Bude. Leider herrscht ein solches Verkehrschaos, dass wir nirgendwo sich anhalten können, denn die völlig schlecht gemachte Anlage, in Bau und Bemalung, und diese surreale Situation hätte ich gerne fototechnisch dokumentiert. Aber die Begeisterung der Thais strafen meine kritische Beanstandung auf jeden Fall Lügen, denn die einheimische Meute zieht gerne ein Nümmerchen und wartet brav, bis sie ein Selfie machen können. Warum auch nicht, wenn's sie glücklich macht, kann es ruhig ein bißchen surreal sein! Bonne nuit folks!

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1 Comment


Marc Luetjens
Marc Luetjens
Dec 02, 2023

KI hilft dem Tripadvisor müden:

In Pua, einer malerischen Stadt in der Provinz Nan, Thailand, gibt es einige sehenswerte Orte und Aktivitäten:


1. Doi Phu Kha Nationalpark: Dieser Nationalpark bietet atemberaubende Aussichten auf Berge, Wälder und Wasserfälle. Es ist ein Paradies für Naturliebhaber und Wanderer.


2. Wat Rong Ngae: Dieser Tempel hat eine interessante Geschichte und beherbergt ein Denkmal für einen Tai-Lue-König. Von hier aus genießt man einen Blick auf Reisfelder und Berge.


3. Wat Phuket: Dieser Tempel auf einem Hügel bietet eine großartige Aussicht auf Reisfelder und Berge. Besonders im Herbst ist die Aussicht beeindruckend.


4. Wat Prathat Beng Sakat: Ein weiterer Tempel mit historischem Hintergrund und einer beeindruckenden Pagode.


5. Ton Dik Diam: Ein Ort mit interessanten Sehenswürdigkeiten…


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