22. Oktober 2023 - Von Pathiu nach Hua Hin
KM 7551
Und dann geht die Alarmanlage der Bergziege los. Im tosenden Regen. Ich bin im halbdämmrigen Dahinvegetieren, als die stakkatoförmige erste Warnstufe des Heulers losgeht. Wir schrecken beide hoch, fette Tropfen des Sturmregens erzeugen die auditive Dauerschleife eines Stompkonzertes, in dem nur ein Rohr als Resonanzkörper verwendet wird - und das ist aus Wellblech. Beim Blick in die Dunkelheit sehe ich einen Schatten an der Bergziege, aber ohne Brille kann ich nichts genaueres sagen. Ziemlich unkorordiniert machen wir die
Außenbeleuchtung unseres Bungalows an und ich stehe, nur mit einem Handtuch bekleidet, im Regen neben der Bergziege. Alles ist ruhig, die Alarmanlage schaltet sich nach einer gewissen Zeit wieder aus, wenn der Bewegungssensor nichts mehr wahrnimmt. Alles ist ruhig, also, ich meine ausser dem Krach des trommelnden Stompregens auf den Wellblechdächern der "Villa", dem Zikadenkonzert, deren Dramatik sich mitten in der Nacht an Carl Orffs Carmina Burana orientiert, den Brüllfröschen, die, lautstark quakend, den mehrstündigen Monsoonsturm zur lautstarken Paarungsromantik nutzen, und die Affen, die auf den Dächern rumturnen. Anni meint nassen Fellbehang im Dunkeln über den Dächern von Nizza gesehen zu haben. Ich sehe nix, da die nasse Tropennacht meine kalte Brille völlig mit Kondenswasser beschlagen hat.
Die Übernachtung in Pathiu wird uns wohl immer in Erinnerung bleiben. Nachmittags regnet es 4 Stunden Hunde und Katzen, dann versuchen wir, auf einer durchgelegenen Matratze, maschinengewehrfeuerähnlichem Tropfenrhythmus auf, ungedeämmtem Wellblech, vergeblich in Morpheus Arme zu entfliehen. Halbwegs auf den fliegenden Teppich geklettert, schreit die Bergziege Zeter und Mordio, Fehlalarm, dann Affen auf dem heißen Wellblechdach . . . Läuft.
Heute morgen wache ich ziemlich gerädert auf, zugegeben, normalerweise schlafe ich ja überall tief und fest, aber heute Nacht . . . Nun gut, ich werde ja auch älter.
Um 8 Uhr beginne ich die Bergziege zu packen und stelle fest, dass ein Koffer voll Wasser gelaufen ist. Keine Ahnung, wie das passieren konnte, der andere Koffer ist innen völlig trocken. Nur wundern, nicht hinterfragen, auskippen, trockenreiben und packen. Wir wollen heute ein gutes Stück Strecke machen, da auf diesem, sehr schmalem Stück von Thailand eh nur die Schnellstraße bleibt. Es sind knapp 260 Kilometer nach Hua Hin. Unsere Gastgeberin verzieht verächtlich ihre Gesichtsmuskeln, reiner Touriort, meint sie, schreckliche Hotelburgen, voller Menschen, laut, Party, usw. Nun ja, eigentlich alles, was Pathiu nicht ist. Fing ja schon mit einer 4 stündigen Zwangspause nachmittags an und anschließend mussten wir ja zum samstagsabendlichen Strandhappening latschen, damit wir überhaupt irgendetwas zwischen die Kiemen bekommen konnten. Was aber sehr, sehr lecker war. Bei erneutem Sprühregen in der Dunkelheit, sich paarenden Brüllfröschen ausweichend, zur Wellblechhütte zurück stolpern,
nur um festzustellen, dass die Sprungfedern eher Mikado spielen, denn, geordnet in Reih und Glied, für erholsamen Schönheitsschlaf zu sorgen. Die Villa ist ja eigentlich ganz süß, doch, wenn man völlig durchnäßte Klamotten auf 20 Quadratmetern trocknen muss, wird es einfach zu eng. Außerdem spannen wir ja auch keine Wäscheleinen mehr, bevor wieder Schränke, Betten oder gar ganze Hütten zu Bruch gehen. Nein, nach dem desaströsen Schrankfiasko in Manna, Sumatra, rühre ich keine Spanngurte in geschlossenen Räumen mehr an, Jawohl!
Wir nehmen die romantische Strecke, durch das Hinterland sozusagen. Wir hätten in Pathiu direkt auf die Schnellstraße 4 nach Bangkok fahren können, aber 260 Kilometer Autobahn braten, macht einfach keinen Spass. Und, solange es das Department of Rural Roads gibt, nutzen wir doch deren Fahrbahnen in der ländlichen Peripherie. Der Weg führt zwischen Schnellstraße und Golf von Thailand durch die Backwaters. Lange Strecken zieht die Bergziege, mit Tempo 90, auf menschen- und fahrzeugleeren Straßen entlang, gesäumt von Kokospalmhainen, Ölpalmenfeldern, Gummibaumplantagen, sumpfig-brackige Meereseinschnitten und offenen Flächen, die gerade gerodet worden sind. Roadkills sind hier an der Tagesordnung. Platte Frösche gibts reichlich. Vermutlich im orgiastischen Taumel über die Straße gehüppt und die näherkommenden Flackscheinwerfer eines LKWs für die schönen Glubschaugen einer Krötengespielin gehalten haben, um dann gnadenlos übergebügelt zu werden. Eine, gut zwei Meter lange Schlange liegt, bäuchlings nach oben, der hintere Meter lang ausgestreckt, das vordere, gefährliche Ende, durch Hochleistungsreifen eines Pickups, der Marke Raptor, zum Palstek verknotet. Einen Waran hat es dann an der nächsten Straßenkreuzung erwischt.
Zwischendrin wird die Straße neu asphaltiert und auf 4 Spuren erweitert. Immer wieder gibt es Sand- und Schotterabschnitte, roten Urwaldschlamm, der jetzt tief in den Rippen der Bergziege klebt. Als wir Kokospalmen und das Meer zu unserer Linken haben, ist ein Café ausgeschildert. Über eine Schlammschotterpiste gelangen wir zu einem Laden, der eher in Südfrankreich oder zumindest im Botanischen Garten von Paris stehen könnte. Alles ist in weiß gehalten, auch das 5 Meter hohe, gewächshausähnliche Gebäude. Draußen gibt es eine Terrasse, die hoch über dem Golf liegend den Blick auf die Inseln vor der Küste erlaubt. Das Ambiente ist zauberhaft, auch wenn es schräg anmutet. Der Kaffee wird frisch durch eine italienische Siebträgermaschine gebrüht und ist ausgezeichnet. Wir bleiben zum Frühstück, denn Kaffeeduft, frische Seeluft und der Deckenventilator erzeugen ein erholsames Klima für unser Wohlbefinden, die Druckstellen der Sprungfedern merke ich immer noch . . .
In Bang Saphan biegen wir auf die N4 Richtung Bangkok ab, die Fledermausstraße 4, wie wir sie nennen. Das Wappen auf den Straßenschildern sieht in seiner Silhouette immer ein wenig, wie eine Fledermaus aus. Es tauchen Affenschilder auf, die wir auch noch nicht kennen, ansonsten ist Autobahnschröggeln nicht gerade atemberaubend aufregend. 150 Kilometer starr geradeaus.
Bei Thai Sakae erwischt uns dann der Regen, worauf ich während der Fahrt das Ladekabel aus der Buchse ziehen muss und Anni mein Handy, was wir zum Navigieren verwenden, nach hinten reiche. Visier zu und durch. Es ist nur Sprühregen, lächerlich, dafür lohnt noch nicht einmal das Visier zu schließen. Bei Sprühregen, der piewarm ist, wird man zwar naß, aber ist nicht
durchweicht. Hört es auf zu regnen, ist man 5 Kilometer später durch den Fahrtwind wieder trocken. Viel passiert hier nicht. Bis auf einen Autobahntempel, der von weitem eher an Disneyland erinnert. Zunächst denke ich, dass es eine Entenbraterei ist, wer weiß, bei dem hohen chinesischstämmigen Bevölkerungsanteil Thailands, da wird es ja wohl mal Ente in Orangensoße geben? Aber bei näherem Hinsehen ist es eine Autobahnkapelle. Davor parken etliche Menschen und beten, was mich nun gar nicht erstaunt, so unberechenbar die Thais auch fahren! Neben der riesigen Goldente, stehen da auch zwei Betonelefanten rum, so dass wir die Bergziege, zumindest theoretisch, schon mal auf eine mögliche Elefantenbegegnung im Straßenverkehr vorbereiten können.
An der Kreuzung der Fledermausstraße 4 mit der Landstraße 1039 ist Myanmar ausgeschildert. Thailand ist hier nur 11 Kilometer breit. Die letzten 100 Kilometer lang, fahren wir eigentlich schon immer ganz nahe an Myanmar entlang. Wieder beschleicht uns das seltsame Gefühl, dass wir gestern schon hatten.
Um 14:30 Uhr erreichen wir Hua Hin bei strahlenstem Sonnenschein und blauem Himmel. Wir hatten heute morgen einfach ein Hotel gebucht, ohne viel darüber nachzudenken. Hohe Urlaubsburgen künden von Massentourismus, ist uns egal, wir bleiben ohnehin nur eine Nacht und fahren morgen weiter. Bis wir vor unserem Hotel ankommen, war das auch der Plan. Das hoteltechnische Kleinod, liegt in einem Gewirr aus sehr verschachtelten Gassen in der Nähe des
Strandes. Dunkles, poliertes Holz, üppiges Grün, die Angestellten in indigogefärbten Stoffen gewandet, türkis schimmernder Pool . . . Eine Oase, ruhig, friedlich und klein. Unsere Hütte steht am Wasserrosenteich und lädt förmlich zum Verweilen ein. Wir buchen sofort eine weitere Nacht und planen morgen ganz in Ruhe, wie unsere Route jetzt weitergeht. Wir haben sozusagen einen Punkt auf der Landkarte erreicht, an dem wir etwas weniger Tempo machen müssen. Bonne nuit folks.
Hua Hin klingt ja wie Hurra hin! Und das passt ja dann auch zu eurer Unterkunft 😉
KI gibt Tipps für pausierende:
Hier sind einige Orte, die du sehen solltest, wenn du Hua Hin besuchst:
Huay Mongkol Temple: Dies ist ein buddhistischer Tempel, der eine riesige Statue von Luang Phor Thuad, einem berühmten Mönch, beherbergt. Die Statue ist 12 Meter hoch und 10 Meter breit und gilt als eine der größten in Thailand. Viele Gläubige kommen hierher, um den Segen des Mönchs zu erbitten und ihm Opfergaben zu bringen.
Cicada Market: Dies ist ein Kunst- und Handwerksmarkt, der jeden Freitag bis Sonntag von 16 bis 23 Uhr geöffnet ist. Hier kannst du lokale Produkte, Souvenirs, Kleidung, Schmuck und vieles mehr kaufen. Der Markt hat auch eine Bühne für Live-Musik und Shows sowie einen Essbereich mit verschiedenen Gerichten.