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AutorenbildIngo

Das Goldene Dreieck . . .

24. November 2023 - Von Chiang Mai zum Goldenen Dreieck

KM 11395


In der tiefstehenden Abendsonne stehen wir am Fuße des großen Buddhas, der auf der thailändischen Seite das Goldene Dreieck überragt. Unterhalb der erhöhten Aussichtsplattform mündet der Ruak River in den Mekong. Der Ruak trennt Thailand von Myanmar, was seinerseits durch den wesentlich mächtigeren Mekong von Laos abgegrenzt wird. Das klassische Dreiländereck, das sogenannte Goldene Dreieck. Der Ruak ist vielleicht 20-30 Meter breit und vom thailändischen Ufer aus liegt Burma zum Greifen nahe, auch, wenn es nur eine

zugewachsene Sandbank ist. Anni war noch nie am Mekong und für mich ist es schon etliche Jahre her, dass ich mit einem kleinen 25ccm Roller durch das Delta dieses mächtigen Stroms getuckert bin. Innerlich erfasst mich eine unerklärliche Euphorie, als der breite, schlammig-braune Fluss, der sich derzeit eher träge durch sein tiefes Flussbett wälzt, in der goldenen Nachmittagssonne auftaucht. Dies wird der nördlichst Punkt unserer Thailandetappen sein. Von diesem Dreiländereck wird die Bergziege nur noch gen Südosten rollen. Wenn wir Kambodscha bereist haben, werden wir dem Mekong auf der laotischen Seite nach Norden folgen, bis sich für uns der weitere Verlauf unserer Trans-Asien-Tour geklärt hat. Derzeit scheinen sich im

burmesischen Grenzgebiet zu China die unterschiedlichsten Gruppen gegenseitig gewaltig die Fresse zu polieren, bis hin zu der Meldung, dass das burmesische Militär die Kontrolle über die nordöstliche Bergregion verloren hat. Also brauchen wir eine Alternativroute, über China vielleicht, per Flugzeug nach Nepal, wer weiß das schon. Gerade kam die Nachricht, dass China die Visa-Pflicht für deutsche Staatsbürger aussetzt. Allerdings nur für 15 Tage, ob das reicht, um bis nach Indien zu kommen, wage ich zu bezweifeln. Aber ein Problem nach dem anderen!


Gegen frühen Mittag haben wir, nach einer kurzen Kaffeepause, Chiang Rai durchfahren und die letzten 70 Kilometer zum Ziel unserer heutigen Etappe hinter uns gebracht. Objektiv betrachtet ist hier nicht viel zu sehen, außer vielleicht, dass ein kleiner Fluss in einen größeren Fluss mündet. Dennoch gibt es eine riesige Buddhafigur, Shops, Markt, Bootstouren und Busladungen von nationalen und internationalen Touristen. Ich glaube, die Faszination liegt zwischen den Zeilen, im mystischen Dunst unserer jüngeren Zeitgeschichte sozusagen. Für den "Westen" ist Asien per se weit weg, und eigentlich liegt alles tief im Dschungel verborgen. US-Kriegfilme, die den amerikanischen Indochinakrieg behandeln, haben das Ihre zur Mystifizierung dieses Landstrichs, im äußersten Norden Thailands, beigetragen. Der Name wurde in den 1960er Jahren geprägt, und bezog sich auf die Opiumanbaugebiete Laos, Myanmar und Thailands. Der Name stammt aus einem Memo des US-Außenministeriums zum Opiumanbau. Natürlich tragen auch immer noch etliche historische Ungereimtheiten, wie bspw. die Rolle der CIA, zum Mysterium Goldenes Dreieck bei. Wenn man sich hier die Anzahl an "Flughäfen" anschaut, die mehr oder minder nur aus grob asphaltierten Lande- und Startbahnen bestehen, dann kann man sich sicherlich leicht vorstellen, wie man hier in nebligen Nächten, das Opium ballenweise gegen Gold, was die chinesischen Händler anfangs zum Bezahlen nutzen, in kleine Flugzeuge lud und es in die Metropolen Südostasiens geflogen wurde. Der Begriff Goldenes Dreieck wurde damit zum Synonym für die Opium- und Heroinherstellung und deren Handel in Südostasien.

Den legendären, wenn auch zweifelhaften, Ruf der Opium- und Heroinherstellung erlangte das Goldene Dreieck während des Vietnamkrieges, als zum Einen der Bedarf an, sagen wir mal vorsichtig, bewusstseinserweiternden Substanzen bei den GIs massiv anstieg und andererseits generierte vermutlich die CIA unrühmlicherweise Gelder aus dem Opiumhandel zur Finanzierung "verbündeter Waffenbrüder", bspw. der Hmong-Einheiten in Laos. Wo genau jetzt das Goldene Dreieck liegt, ist natürlich nicht exakt geografisch definiert, auch wenn übereinstimmend das Dreiländereck Thailand, Myanmar, Laos als Mittelpunkt angesehen wird. Für die Thais ist dieser Begriff nicht von Bedeutung, denn sie nennen diesen Ort Sop Ruak, da hier der Mekong auf den Ruak-Fluss trifft. Da sich die Bezeichnung jedoch aus dem regionalen Anbau von Schlafmohn heraus tituliert, können sogar so gesehen, das südchinesische

Grenzgebiet zu Myanmar und Laos, sowie auch der Nordwesten Vietnams dazugerechnet werden. Neben den ziemlich undeutlichen geografischen Beschreibungen kommt noch hinzu, dass diese Region durch ein lustig buntes Gemisch verschiedenster "Bergvölker" besiedelt ist. Menschen mit Wurzel in Tibet und gleichermaßen in Burma leben hier, genauso wie Ethnien der Hmong, Mien, Mon, Khmer und letztlich auch der Thais. Besonders groß war die "chinesische Einwanderung, als Mao die Revolution "gewann" und die nach Laos und Burma geflüchteten Chinesen sich nach einer geeigneten Einkommensquelle umschauen mussten. Eingewanderte Volksgruppen aus China widmeten sich somit dem Schlafmohnanbau in dieser Region und was so bei den Bergvölkern im sogenannten Goldenen Dreieck zu einer langen Anbautradition führte. Besonders ältere Menschen rauchen hier Opium als in der Gesellschaft akzeptiertes Genussmittel. Die Hmong produzierten schon lange Opium, erst ausschließlich für den chinesischen Markt, bis sich die Franzosen in ihrer "Indochinaphase" ebenfalls zu den größeren Kunden entwickelten.

Thailand hat heute den Schlafmohnanbau weitgehend unter Kontrolle - habe ich zumindest gelesen. Der Anbau ist illegal und die Polizei, sowie das Militär haben durch verbesserte Infrastruktur größere Kontrollmöglichkeiten. Das ist heute schon bemerkbar gewesen, denn wir passieren auf unserer Fahrt in den Norden drei Kontrollpunkte, die allerdings ausschließlich Transportfahrzeuge kontrollieren, die nach Süden fahren. Außerdem hat die gezielte Förderung von Tee- und Kaffee-Anbau und die touristische Erschließung Nordthailands zu möglichen Alternativen des Broterwerbs für die Volksgruppen im Norden geführt. Wie es in Laos und Burma aussieht kann ich jetzt nicht überblicken. Vielleicht bekommen wir mehr Infos, wenn wir zumindest auf die laotische Seite reisen.

Während wir da so an der kleinen Flussmündung stehen und über den trägen Mekong schauen, muss ich ein wenig schmunzeln. In Chiang Mai werden Tagestouren angeboten, die etwa 2500 Bath (etwa 65€) pro Person kosten und im Program folgende Eckpunkte haben: Weißer Tempel, Blauer Tempel und Goldenes Dreieck. Krasse Tour für einen Tag. 600 Kilometer über Landstraßen, die streckenweise nur einspurig sind. Für uns ist dieser Ort nur ein Eckpunkt unserer Reise, der Ausgangspunkt für die Grenztour in der nördlichen Provinz Chiang Rai. Also, wer in Chiang Mai ist, braucht auf jeden Fall nicht ins Goldene Dreieck zu fahren, denn dies ist zweifellos die größte Touristenfalle im Norden Thailands. Hier gibt es lediglich eine Flussmündung und ein Opiummuseum, von dass Qualität wir uns erst morgen überzeugen können. Auf Laotischer Seite des Mekong stehen hässliche Betonbauten und riesige Casinos chinesischer Protzbauerei. Wäre ich hier 300 Kilometer in einem klimatisierten Glassarg hochgegondelt, wäre ich kurz vor dem Axtmord, zumal ich noch wieder 300 Kilometer Zurückgondeln müsste!.


Wir starten recht früh in Chiang Mai, mit einer erleichterten Bergziege. Gestern hat sie neue Schuhe bekommen. Die alten Reifen hatten jetzt 16000 Kilometer gelaufen und waren vom rauen Dschungelasphalt Asiens schon richtig abgefahren. Jetzt haben wir so gut 7-8 Kilogramm weniger Gewicht auf der Gepäckbrücke und als wir im wunderschönsten Morgenlicht starten, merken wir die Gewichtsreduktion beim Fahren sofort. Leider hat die Werkstatt gestern nicht mehr die Ventile einstellen können, dass machen sie kommende Woche, denn wir haben uns entschlossen zu Loi Krathong, dem Lichterfest, noch einmal in Chiang Mai vorbei zu schauen, da das quasi auf dem Weg nach Süden liegt. Hier hat die Laternenflut inzwischen richtig überdimensionierte Formen angenommen. Aber, ehrlich, wenn des Abends die Laternen überall aufleuchten, ist das derart romantisch und herzzerreißend, dass wir das nicht missen wollen.


Bei der Gelegenheit werden sie die Ventile der Bergziege optimal einstellen, sodass die Weiterreise ebenso problemlos erfolgen sollte, wie bisher. Inzwischen sind hier sehr angenehme Temperaturen, so zwischen 25 und 30 Grad, je nach Höhenlage. Auf dem Weg nach Norden windet sich die Straße durch die Dschungelbewaldung zweier Nationalparks. Dort machen wir



bei der Nine-One Organic Coffee Farm Halt. Die haben an der Straße ein kleines Paradies geschaffen. Ein klares Flüsschen fließt durch das Gelände, auf dem man über kleine Brücken zu den verschiedenen Teilen der Anlage kommen kann. Der Kaffee ist exzellent und "unverschwitzt" gemütlich an einem kleinen Wasserfall guten Milchkaffee zu trinken, ist uns eine Stunde Pause wert. In Richtung Norden ist wenig los auf der Straße und so kommen wir super voran. In Chiang

Rai machen wir im Horizont Café erneut einen Zwischenstop. Plötzlich hält einer der Barista sein Handy hoch, worauf "unser" Videoclip von Mr. Chalermchai am Weißen Tempel zu sehen ist und sagt, dass er unsere Jacken und unser Moped erkannt hat. Es gibt Getuschel, aber in freundlicher Art und Weise, sodass es einen von unseren Stickern für das Horizont Café gibt.

Die letzten 70 Kilometer Asphalt gestalten sich als eine richtig breite Straße, obwohl unsere Landkarte sie nur als "Gelbe Landstraße" ausweist. Ab dem Abzweig der 1098 ist auf der 1016 Richtung Sop Ruak so gut wie kein Verkehr mehr. Beim Schild Golden Triangel - 10 KM stoßen wir auf einen monströsen Kreisverkehr mit einer riesigen Elefantenplastik darauf. Anni mault

und meint, wenn sie uns endlich mal ein paar echte Pachyderme zeigen würden, wäre allen geholfen. Wir haben uns übrigens dagegen entschieden, mal so ein Elephant Sanctuary aufzusuchen, die in Chiang Mai und Chiang Rai wie Sauerbier angeboten werden. Für teuer Geld wird man inzwischen in Buskollonnen zu diesen Orten gekarrt. Wir sind mehrfach an den Parkplätzen dieser Einrichtungen vorbei gekommen und waren ziemlich geschockt über die Massenabfertigung dabei. Also, wir bleiben bei unserem Plan, entweder wir sehen sie zufällig in freier Wildbahn oder halt nicht! Jawohl. Aber das nur nebenbei. Das grelle Sonnen licht ist längst der Goldenen Stunde gewichen und mit dem Licht im Rücken passieren wir Wat um Wat, bis auf einmal, unverhofft der Mekong neben der Straße auftaucht . . .


Jetzt sitzen wir in einem kleinen Restaurant, oberhalb des Ruak-Rivers und schauen auf die kleine, unscheinbare, aber immerhin burmesische Landzunge. Wieder mal haben wir das übliche Gefühl, Grenzen zwischen Ländern sind etwas seltsames. Also, wenn man aus dem verwöhnten Europa kommt und überall hingehen kann, wo man möchte. Zumindest noch solange nicht die rechten Spinner überall ihren Willen kriegen, wie es derzeit in Holland passiert ist. Mit einsetzender Dämmerung beginnen die laotischen, nahezu trabantenstadtähnlichen Casinos ihre digitale Beleuchtungsoffensive, während die burmesische Halbinsel zwischen Ruak-River und Mekong im diffusen Licht des hereinbrechenden Abends verschwindet. Auf dem größten Strom Asiens herrscht, trotz des schwindenden Tageslichtes, ordentlicher

Schiffsverkehr. Thailändische Longtails, grellbunt bemalt, jagen in einem irren Tempo ihrer Heimstatt entgegen, schwerfällige burmesische Flussboote stemmen sich schnaufend flussaufwärts gegen die Wasser des Stroms, heruntergekommene laotische Patrouillenboote gleiten gemächlich entlang des befestigten, hell erleuchteten Casinoufers. Es wird Nacht über dem Goldenen Dreieck, während ein letzter roter Sonnenschimmer auf den hohen Quellwolken im Osten liegt. Bonne nuit folks!










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