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Coast to Coast . . .

21. Oktober 2023 - Von Ranong nach Pathiu

KM 7290


Von einem heruntergekommenen Betonpier aus schauen wir, über den träge dahin fließenden Pak Chan River, auf die Berge von Myanmar. Der 673 Meter hohe Gipfel des Khao Maliwun liegt im Dunst, nur undeutlich zu erkennen. Irgendwie ist unsere Stimmung etwas gedrückt, wenn wir so auf die bewaldeten Hügel und Berge Burmas schauen. Jeder von uns hängt seinen Gedanken nach. Zunächst einmal war Myanmar unsere erste gemeinsam unternommene größere Asienreise und darüber hinaus ist dieses Land auch irgendwie eine reisetechnische

Sollbruchstelle auf unserem Weg nach Indien. Natürlich gibt es Mittel und Weg über kleine Grenzübergänge nach Myanmar einzureisen, kein Thema, aber leider sind schon hier in Thailand alle Nase lang Militärkontrollen, wie sieht es wohl dann in einer Militärdiktatur aus? Auf dem Pier angelt ein Thai und wir kommen ins Gespräch. Er berichtet, dass des Nachts häufig Burmesen illegal nach Thailand rüberrudern und einkaufen. Die Menschen dort sind uns 2016 so richtig ans Herz gewachsen. Genau kann man keine Aussage über die Lebensumstände dort treffen. Auch unser Angler weiß nicht his genaues zu berichten. Vielleicht könnte er, aber


irgendwie hab ich das Gefühl, dass er nicht rausrückt mit seinem Wissen. Es ist ein offenes Geheimnis, dass in Ranong jede Menge illegaler Burmesen arbeiten. Das kann man sogar ganz einfach sehen, denn Burmesen streichen sich morgens sogenannte Tanakapaste ist Gesicht. Gegen grelles Sonnenlicht, hält die Haut feucht, bleicht wahrscheinlich auch (Krasses Thema in Asien, Skin Bleeching!), hält Insekten fern usw. Nach einigen Stunden sehen die Wangen der Gesichter so aus, als würde ein Altanstrich vom Untergrund abblättern. Das ist so typisch für Burmesen, dass man auf dem Fischmarkt von Ranong sofort sehen kann, wer von der "anderen Flussseite" ist.

Irgendwie sind wir nur zufällig auf dem Fischmarkt gelandet, weil ich einen Blick auf Myanmar werfen wollte. Aber vor dem Fähranleger von Ranong liegen noch einige thailändische Inseln, dass man leider von hier aus nicht den südlichsten Zipfel Burmas sehen kann. Dafür aber jede Menge ramponierter Hochseedschunken, die unter burmesischer Flagge segeln und ihre Ladung Fisch im Hafen von Ranong löschen. Da das Hafengelände überall offen ist, fahren wir mit der Bergziege einfach mal zu den Fischhallen am Pier. Ja, das kann man hier machen. Wir werden freundlichst begrüßt und keine Fischerseele interessiert sich dafür, ob man rein darf oder nicht.

Es ist spannend hier. Über den schräbbeligen Holzbooten kreisen große Brahmanenweihen, zahllose Kunststoffbehälter mit Fischfang werden auf das Pier und weiter in die Halle geschleppt. Kurzerhand kippen die Matrosen das Fisch-Eis-Gemisch auf große Planen, wo hockend kleine Asiaten, jeden Geschlechts mit dem Sortieren anfangen. Rückstände von Tanakapaste zeigt, dass es fast ausschließlich Burmesen sind, die diesen Job machen. Schon vom Zuschauen bekomme ich Phantomschmerzen in den Knien und Nackenwirbeln. Die Fische werden sortiert, gewogen, mit Eis abgepackt und stehen zum Verkauf bereit. Vor den Hallen warten die obligatorischen "Lastenroller", um ihre Fracht zu diversen Empfängern, wie Hotels oder Restaurants, zu bringen. Lastenroller sind in Thailand weitaus mehr auf den Straßen usus,

als in Malaysia oder Indonesien. Man schweißt einfach an einen Roller einen "Seitenwagen" an, der keinen Sitz, sondern nur eine Ladefläche hat. Damit wird hier innerstädtisch und im dörflichen Kontext, fast alles transportiert. Ich werde natürlich etwas angestarrt, aber alle grinsen oder lächeln mich an und als zwei junge Damen ein Selfie mit mir machen, ebbt das Interesse ab und scheinbar interessiert es niemanden mehr, dass da jemand rumläuft und fotografiert. Ich lächle meinerseits alle breit an und in Verbindung mit einem Wa kommen wir zur kollektiven Völkerverständigung. Es gibt hier alles, was die maritime Küche seinen Gästen zu servieren gedenkt. Vom Oktopus über Tintenfisch, kleinere Tunfischarten, Makrelen, Rotaugen, und, und, und. Ein Troß von Booten legt bereits wieder ab, nachdem Matrosen mit Papierkram in den Händen an Bord gegangen sind. Es ist kurz nach 9 Uhr morgens und das Geschäft für heute ist schon durch. Der Wasserstand der Flussmündung des Pak Chan unterliegt den Gezeiten.


Heute morgen ist Ebbe und die meisten Skipper werden ziemlich geschickt manövrieren müssen, da ihre Boote tief in der noch "verbliebenen" Fahrrine liegen.

Wir durchqueren heute den Isthmus von Kra, den die Thai Khokhok Kra nennen. Das ist ein schmaler Landstrich im Süden von Myanmar und Thailand, der die malaiische Halbinsel mit dem asiatischen Festland verbindet. Die Landenge liegt zwischen dem Golf von Thailand im Osten und der Andamanensee im Westen. An der engsten Stelle zwischen Chumphon und Kra Buri, zwei thailändische Städte, ist Thailand nur etwa 50 Kilometer breit. Benannt nach der Stadt Kra Buri, die an der Spitze der Mündung des Pak Chan Rivers, einer Bucht der Andamanensee, liegt. Wir werden heute also von der Andamanensee an der Westküste, zum Golf von Thailand an der Ostküste fahren. Macht man ja nicht alle Tage, dass man morgens und abends an jeweils unterschiedlichen Meeren steht. Ja, ja - es sei den man ist Däne und wohnt in Skagen, wo Ostsee und Nordsee "zusammenfließen." Der Isthmus von Kra ist eine gebirgige Region mit schroffen und bizarren Kreidefelsen, vielen unübersichtlichen Tälern, voller Fauna und Flora.

Doch bei all dem Fisch, brauchen wir erst einmal ein vernünftiges Frühstück. Vom Hafen führt eine breite Straße in den Stadtkern von Ranong. An einer Kreuzung hatten wir ein riesiges Restaurant gesehen, wo die Einheimischen Schlange stehen, sicheres Zeichen für gutes Essen. Es ist das typische Thaifrühstücksbuffet. Zahllose Pötte mit Gerichten stehen aufgereiht am Eingang. Dort wählt man Speisen aus, dann darf man sich erst hinsetzen. Getränke werden gebracht. So die Theorie, denn uns versteht keiner, aber alle haben Spass. So holen sie ein kleines Mädel, die offenkundig in der Schule die Grundlagen der englischen Sprache gelernt haben sollte. Sie sieht aus wie 14, bringt uns aber souverän von einem Gericht zum nächsten, klärt die Küchendamen auf, dass Chili unerwünscht ist, was fassungsloses Gelächter erzeugt, aber für eine gute und ausgelassene Stimmung sorgt. Gott, sind die hier herzig. Dann

werde ich in den Bereich Drinks geschleppt, da das Englisch der jungen Dame dafür nicht ausreicht. Alle sind erstarrt, keiner weiß, wie er mit dieser Situation umgehen soll. Also zücke ich das Handy und mache ein Selfie. Darauf Gelächter und ich schaue einfach in alle Behälter und bestelle frische Kokosmilch auf Eis. Großartig. Wer noch nie eine frische Kokosnuss, eisgekühlt getrunken hat, der kann sich nicht vorstellen, wie erfrischend das ist. Zum Essen gab es allerlei Gemüse, Glasnudeln, Reis und frittiertes Huhn mit grünen Bohnen. Sehr lecker. Inzwischen ist das Eis gebrochen und alle möglichen Angestellte des Restaurants schauen

vorbei, versuchen ihr rudimentäres Englisch und scheinen uns und die Bergziege vor der Tür in ihr Herz geschlossen zu haben. Nach dem Essen steht ein, recht junger, taubstummer Mann, vor der Bergziege und mit Händen und Füßen "besprechen" wir, dass er sehr stolz darauf ist, dass wir die thailändische Flagge auf unserem Koffer kleben haben. Wenn man, spätestens nicht jetzt, gerührt ist, dass hat man Asien nicht wirklich bereist.

Ziemlich traurig verlassen wir das Betonpier, noch einen letzten Blick auf Burma und dann geht es auf der Bundesstraße 4 weiter, in Richtung Khao Fachi, wo wir nach Osten, auf die Landstraße 4091 abbiegen müssen. An diesem Abzweig steht ein Schild, dass mir schon öfter aufgefallen ist und daher halte ich, um zu sehen, was es damit auf sich hat. Es gibt scheinbar eine eigene Abteilung, die sich ausschließlich um Straßen in ländlichen Gegenden kümmert. Großartiges Abteilungslogo, keine Frage, so etwas will ich auch! Natürlich weiß man nicht, ob die Straßen in so schlechtem Zustand sind, dass man so einen buddhistischen Schutzgott benötigt, um durch zu kommen? Wir werden sehen . . .

Die 4091 führt von Westen nach Osten, quer durch Berge und Täler, bis zum Golf von Thailand. Dazwischen liegt auch noch der Ngao Nationalpark, der voller Getier ist. Zumindest scheinen sich alle Experten sicher zu sein, dass, vom Elefanten, über Tapire und diversen Affenarten, bis hin zu allerlei Kriechgetier, Vögeln und Schmetterlingen alles hier rumkreucht und -fleucht. Wir sind gespannt - nach der desaströsen Waranvorstellung von gestern, sind wir offen für neue, animalische Erfahrungen, Jawohl.

Fürs Erste führt die Straße zunächst steil in die bewaldeten Berge. Sie ist neu asphaltiert und daher super zu fahren. Aber, wir lassen uns Zeit, denn unsere heutige Etappe ist nicht so lang, wie in den vergangenen Tagen. Außerdem lieben wir beide diese Dschungelfahrten und da wir nicht wissen, wie häufig wir noch dieses Vergnügen haben, kosten wir es aus. Kurvig geht es bergauf und bergab, mit dicht bewachsenen Straßenrändern, hohen Urwaldriesen und den Geräuschen, wie sie nur ein Dschungel produzieren kann, in dessen diffusem Inneren, das pralle Leben tobt. Hinter Phlu Kho, einem kleinen Dorf auf einer mittleren Hochebene, wird die Straße schlagartig schlechter. Vermutlich war die gut ausgebaute Zufahrt nur wegen der vereinzelt auftauchenden Ölpalmenplantagen angelegt worden. Wenn man hier und da mal einen Blick in die Seitentäler wirft, dann sieht man etliche gerodete Hänge, auf denen Ölpalmensetzlinge gehegt und gepflegt werden. Natürlich dürfen dann die Gummibaumfelder nicht fehlen. Im Gegensatz zu anderen Teilen von Thailands Süden, wo exorbitante Ölpalmenplnatagen zu monokultureller Eintönigkeit führen, ist in diesem Landstrich ist das Business noch eher verhalten. Aber, wenn sie so weiter machen . . .

Mitten im Wald steht ein halb überwuchertes Hinweisschild, dass wir uns nun im Nationalpark befinden. Der Asphalt ist rissig, die Vegetation bahnt sich ihren Weg zum Mittelstreifen hin und die Streckenführung ist abenteuerlich steil. Verkehr ist hier keiner mehr, aber die Verwaltung ist vorsichtig und stellt trotzdem einen Elefantenwarnhinweis auf. Der geneigte Leser weiß ja, dass ich mit meinem Versicherungsagenten keine Diskussion über Dickhäuterschäden führen möchte. Also wird die Bergziege gezügelt und wir hoffen auf Elefanten im Dickicht. Auch heute kein Glück. Schließlich ist Wochenende und wer weiß, was die Damen und Herren so machen. Anni macht ein Gesicht, schließlich ist sie gewohnt, dass für Passagiere in der ersten Klasse immer außergewöhnliches Programm gemacht wird. Was soll ich sagen, wir werden schon noch


ein Treffen zwischen Bergziege und Elefanten hinbekommen, jawohl! Wenn auch keine Elefanten zu sehen sind, ist die Landschaft, mit ihren zerklüfteten Felseneiern atemberaubend schön. Die steilen Talfahrten erlauben mehrfach einen Blick in die Weite des Isthmus von Kra. Wer jemals die Möglichkeit hat, diese Strecke zu fahren, der sollte es unbedingt machen. Wirklich bezaubernd. Wer den Motor ausschaltet und nur auf die Geräuschkulisse horcht, der wird es sein Leben lang nicht mehr vergessen. Auch nicht, dass man zwischendurch mal geschotterte oder sandige Pistenabschnitte hatte . . .

Kurz vor Sawi endet dann abrupt die romantische Dschungelstrecke, als die 4091 in einen Highway mündet. Dem folgen wir, parallel zur Golfküste, etwa 80 Kilometer nordwärts, um nach Pathiu zu gelangen, wo wir übernachten werden. Unser Frühstück war schon sehr, sehr lecker, keine Frage, doch irgendwie verspüren wir beide Kaffeedurst und uns gelüstet es außerdem, nach irgendetwas Süßem. Das Café Amazon wird an einer der Highway-Raststätten

ausgewiesen und wir halten. Eiskaffee sowie Schwarzwälder Kirschtorte für mich und Eiscappucino mit holländischen Waffeln für Anni. Tja, manchmal kann man nicht aus seiner Haut und schon gar nicht aus seinem Kulturkreis. Ob sie jetzt das Rezept meiner Großmutter verwendet haben, möchte ich bezweifeln, aber situationsbedingt war es der absolute Glücklichmacher!

In Pathiu hält das Win Gray´s Homestay eine kleine Holzhütte für uns bereit. Noch bevor ich das erste Gepäckstück abgeschnallt habe, beginnt es zu tröpfeln. Aus dem Tröpfeln wird ein waschechter Tropenregen, mit Blitz und Donner, der den ganzen Nachmittag anhält. Stunde um Stunde trommelt der Monsoon auf des Wellblechdach, was uns normalerweise nicht stört, aber im Homestay gibt es kein Restaurant, sodass wir noch irgendwo was einkaufen müssen. Doch wenn ich das Regenzeug aus den Mopedkoffern hole, wäre ich schon bis auf die Knochen durchgeweicht, obwohl die Bergziege direkt vor der Tür steht! Keine Option, da hilft nur warten. Nach 4 Stunden flaut es endlich ab und wir können vor die Tür. Es ist Wochenende und da gibt es am Strand irgendwas zu feiern, hab nicht ganz verstanden was, aber ist auch egal, da gibt es frisches Thai-Essen. So stiefeln wir unter lauwarmem Resttröpfeln zum Strand und stehen mit Sonnenuntergang am Golf von Thailand, der zum Südchinesischen Meer gehört. Ein bißchen komme ich mir vor, als hätten wir gerade einen Kontinent durchquert, von Küste zu Küste, sozusagen. Bonne nuit folks.




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1 Comment


Marc Luetjens
Marc Luetjens
Oct 22, 2023

KI von Coast zu Coast:

Die kleinste Entfernung zwischen Küsten in einem Land ist eine interessante Frage, die nicht so einfach zu beantworten ist. Es gibt viele Länder, die mehrere Küsten haben, die durch Land oder Wasser getrennt sind. Zum Beispiel hat Japan vier Hauptinseln, die alle vom Pazifischen Ozean und dem Japanischen Meer umgeben sind1. Die Entfernung zwischen den Küsten dieser Inseln kann je nach dem gewählten Punkt variieren. Eine Möglichkeit, die kleinste Entfernung zwischen Küsten in einem Land zu finden, ist, die kürzeste Luftlinie zwischen zwei Punkten an der Küste zu messen, die zu demselben Land gehören. Eine andere Möglichkeit ist, die kürzeste Seeroute zwischen zwei Punkten an der Küste zu finden, die durch internationale Gewässer oder andere…

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