01 November 2023 - Bangkok
KM 8526
Heute wird es nur ein kurzer Post, da wir rumgebummelt haben, lange im Wat Buddhas bestaunen mussten und noch eine Tasche zu kleben ist, packen und morgen geht es ja schon wieder back on the road. Also versuche ich mich kurz zu fassen.
Diverse organisatorische Dinge haben wir heute morgen erledigt, darunter das Visum für Kambodscha beantragen, Motorcycle Permit ist auch fertig und bis zum 15. Dezember gültig. Also vieles. was unseren Reisealltag manchmal ausmacht.
Danach sind wir 20 Haltestellen mit einem öffentlichen Bus bis zum Wat Pho gegondelt. Der Schaffner hat so eine Blechröhre, in der Münzen und die Fahrkarten, in Miniaturformat, aufbewahrt werden. In rasender Geschwindigkeit hat er ein Ticket aus der Blechröhre hervorgezaubert und je nach länge der Fahrt werden die Tickets eingekürzt. Der amtliche junge Mann, angetan mit einer adretten Uniform des Bangkoker ÖNPV, ist sehr bemüht und erklärt uns, dass wir uns keine Sorgen machen müssen, da er uns rechtzeitig zur betreffenden Haltestelle informieren würde. Gott, sind die herzig, lieb und bemüht hier. Hier sollte sich der ein oder andere heimische Zugbegleiter oder Busfahrer mal eingehend coachen lassen, wie das so schön neumodisch heißt, einfach so im Hinblick auf Servicegedanken und mitmenschliche Kommunikation. So ein digitales Kartenlesegerät hat der Bussmitarbeiter auch, aber dass ist nur zum Gültigkeitsüberprüfung der Monatskarten. Analog und digital Hand in Hand - und es funktioniert.
Wir lassen das Wat Pho links liegen (wir werden am späten Nachmittag wieder hierher zurückkommen) und bahnen uns den Weg durch das touristische Spießrutenlaufen vor der Fähre, die uns zum Wat Arun bringen soll, dass auf der gegenüberliegenden Flussseite liegt. Hier gibt es alles, was das touristische Herz begehrt. Vom holzgefrästen Kühlschrankmagneten, in fragwürdigster ästhetischer Qualität, bis hin zur Ellibuxe ist alles dabei. Frittierte Skorpione werden hier auch feilgeboten, vermutlich ist das von den Chinesen abgeguckt, denn auf der Wang Fu Ji in Peking gibt es massenhaft dieser experimentelle Nahrungsmittel, die meines Erachtens aber nur "shocking" sein sollen. Wir verweigern auch diese Dschungelprüfung, entrichten unsere 5 Bath für die Fähre und lassen uns übersetzen.
Der Chao Phraya River hat eine Breite von etwa 400 Metern und Bangkok liegt bereits in seinem Mündungsdelta. Das Wasser ist unruhig und die Fähre schlingert in alle Richtungen gegen die aufgetürmten Bugwellen, die die Longtails mit ihrer hohen Geschwindigkeit überall erzeugen. Das Wasser ist schlickrig braun, hier und da treiben grüne, großblättrige Wasserpflanzen auf dem Strom, was ein typisches Bild auf allen größeren Flüssen Asiens ist. Es ist ordentlich Verkehr auf dem Chao Phraya, Longtails, Fähren, kleinere Cargoships. Der Chao Phraya River ist neben dem Mekong, der ein ziemlich langes Stück Grenze von Thailand nach Laos bildet, einer der größten Flüsse Thailands und mündet nach fast 400 Kilometern Länge am Golf von Thailand ins Meer. 2011 brachte er ein verheerendes Hochwasser, was massive Schäden in der thailändischen Tiefebene erzeugte. In Ayutthaya hat dieses Hochwasser zu Beschädigung etlicher alter Wats geführt, darunter auch das Wat Ratchaburana. Schon in Ayutthaya war auffällig, wie sehr die Fische an der Oberfläche nach Luft schnappen. Das tun die Biester hier auch. Immer wieder stoßen jabsend breite Mäuler an die Wasseroberfläche, auf dem Rücken dunkelblau gezeichnet und hellsilbrig-weiß schimmernd unter dem Bauch, schnappen nach Luft und verschwinden wieder im schlammigen Braun des Wassers. Ob dieses Verhalten tatsächlich Sauerstoffmangel im Wasser erzeugt, kann ich nicht sagen, aber ehrlich, jetzt mal Butter bei die Fische - hmmm, wir sind ja in Asien - also, jetzt mal Buddha bei die Fische, soviel Abfall, der auf und im Chao Phraya River rumschwimmt, da würde mich Sauerstoffmangel nicht erstaunen.
Das Wat Arun sieht auf den ersten Blick aus wie eine Fliesenausstellung im Baumarkt oder wahlweise auch wie ein gigantisches Keramikmosaik, dass jemand gefertigt hat, nach einen ausufernden Polterabend und nicht wußte wohin mit den Porzellanfragmenten. Der Mittelpunkt des Wat Arun ist natürlich der zentrale Prang. Auf der untersten Ebene befinden sich an den vier Ecken des quadratischen Grundrisses vier kleinere Prang(s?). Hmm, ich weiß gar nicht wie die Mehrzahl von Prang geht? Prangs, Prangse, Prange, Pranges oder Pranger? Egal, auf jeden Fall gibt es vier zusätzliche Türmchen und alles ist mit Porzellan beklebt. Vornehm aus gedrückt, sogar mit chinesischem Porzellan. Die Schautafeln munkeln irgendwas von 1 Million Porzellanteilen. Wer hätte die Teile wohl gezählt? Ich sags ja, gigantischer Polterabend. An manchen Stellen sieht es wirklich aus, als hätte man einfach ein paar Teller zerschlagen und die Scherben blütenähnlich im Putz verklebt. Aber, das ist scheinbar ein historischer Erstversuch von mir die ästhetischen Auswüchse zu erklären. Die vier kleinere Prangs sind dem Windgott Phra Phai gewidmet, der auf einem weißen Pferd hockt und jeweils aus kleinen Nischen in alle vier Himmelsrichtungen glotzt - er scheint ja sonst nichts zu tun zu haben!
Die Treppenaufgänge sind jeweils von übergroßen Steinstatuen chinesischer Krieger flankiert und auf der zweiten Ebene tauchen wieder Dämonen, sogenannte Yakshas auf. Also der geneigte Leser merkt, in Thailand ist dass Dämonen- und Geisterthema wichtig. Die Dämonen scheinen die zweite Bauebene des Prang zu tragen, so wie die griechischen Karyatiden. Auf der dritten Ebene tauchen dann erstmalig Affen, als "scheinbare" Halter auf, die vierte und oberste Ebene schließlich wird von irgendwelchen himmlischen Wesen, gestemmt. Auf allen vier Seiten sind jeweils Nischen mit Statuen des Hindugottes Indra, na klar, wer auch sonst. Er reitet auf einem dreiköpfigen Elefanten. Aha, so so. Die Spitze des Turms konnte ich nicht mehr genau sehen, aber dort muss wohl auch noch irgendetwas spirituell ungemein wichtiges rumlungern, klar, man ist ja auch näher am Orbit dran am tun, wie der Westfale sagt!
Nach soviel spirituellem Tiefgang brauchen wir erst einmal eine Kaltgetränkpause. Vielleicht kann es auch daran liegen, das gefühlte Hunderttausend Besucher neben uns da sind, so dass es ein ziemliches Geschubse ist. Die Hälfte von denen sind in traditionellem Thaikostüm angereist, so mit Trachtenschnapp und japanischem Sonnenschirmchen. Ist etwas anstrengend, Anni sieht aus, als hätte sie auch gern ein Schirmchen, der in einem alkoholhaltigem Mischgetränk steckt. Wir vermuten, dass es irgendwo im Wat Arun einen Verleih traditioneller Thaitrachten gibt und mir deshalb permanent kostümierte Pekingoper ins Bild latscht. Es gibt 5 Bath Rabat auf unsere Fruchtsäfte - pro Person - weil wir unsere eigenen Becher mitbringen. Wir sind ja jetzt voll auf Edelstahl. Außerdem bedenkt uns die Restaurantbetreiberin mit einem "Daumen- Hoch Emoji". Jawohl!
Zurück auf der anderen Seite des Flusses, genau gegenüber vom Wat Arun, liegt das Wat Pho, was sich seinerseits direkt an der östlichen Palastmauer anschließt. Der offizielle Name des Klosters ist eigentlich Wat Phra Chettuphon Wimon Mangkhalaram Ratchaworamahawihan! So, das sprechen wir jetzt langsam dreimal laut vor uns hin. Könnte ja mal als Smalltalk Einwurf ziemlich Eindruck schinden. Wer weiß das schon? Aber natürlich nennt kein Mensch dasWat Phra Chettuphon Wimon Mangkhalaram Ratchaworamahawihan Wat Phra Chettuphon Wimon Mangkhalaram Ratchaworamahawihan, sondern alle sagen der Einfachheit halber Wat Pho. Nicht zu verwechseln mit, Wat ne Pho, so heißt das im Pott, wenn beim Vietnamesen die Suppe lecker ist. Ja ja, manchmal gibt es hier sprachliche Fußangeln, da muss man sich schon mal konzentrieren.
Hauptattraktion im Wat Pho ist natürlich der liegende Buddha. Der schlafende Kollege ist 46 Meter lange und 15 Meter hoch und, wie kann es auch anders sein, die Statue ist vergoldet.
Liegende Buddha-Figuren haben immer eine ausnehmend friedliche Aura. Warum das so ist, vermag ich nicht zu sagen. Aber Anni und mir fällt gleichermaßen immer die harmonische und friedliche Stimmung auf, die sich in der Erhabenheit ihrer Größe auf die Besucher oder Gläubigen überträgt. Zusätzlich sind die meisten liegenden Buddhas vergoldet, sodass natürlich das weiche, mystische Licht auch zu einer andächtigeren Stimmung führt. Es sei denn, man ist gleichzeitig mit einer chinesischen Reisegruppe in der Halle eines liegenden Buddha, dann wird die Stimmung durch gepresst-quäkendes Megaphonmandarin bestimmt oder auch durch die exorbitant laute Videotelefonie, bei der die schwerhörige Oma Chang, bis hin nach Kanton, noch den liegenden Buddha gezeigt bekommen muss. Beim Sichten der heutigen Bilder ist mir aufgefallen, nun ja, dass die Panoramafunktion meines iPhones nicht zu vorteilhaften Bildern geführt hat, speziell nicht bei liegenden Buddhas. Trotzdem möchte ich dem geneigten Leser das Ergebnis nicht vorenthalten:
Es gibt noch unendlich viel zu sehen im Wat Phra Chettuphon Wimon Mangkhalaram Ratchaworamahawihan, Klosterbauten, Innenhöfe, Spitzgiebel, Vergoldungen, kleine Chedis, Kleinstchedis, große Chedis, monströse Chedis, Gold, Buddhareihungen und Buddhastapelungen, Tempelwächter in Groß und Tempelwächter in klein, Keramikfliesen in Blumenform, Keramikfliesen in Blütenform, Vergoldungen, chinesische Buddhas, burmesische Buddhas, thailändische Buddhas, dass man ab einem gewissen Punkt wieder einmal sagt, "Jungs, jetzt Buddha bei die Fische", nur noch die Highlights. Aber so ist das im Wat Phra Chettuphon Wimon Mangkhalaram Ratchaworamahawihan, überall gibt es etwas zu sehen, selbst Dämonen und Geister, die man sonst eigentlich nur nach etlichen Schirmchendrinks sieht.
Bonne nuit folks