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AutorenbildIngo

Am Mekong entlang . . .

25. November 2023 - Von Sop Ruak nach Chiang Kham

KM 11583


Bei frostigen 20 Grad starten wir heute morgen unsere Tagesetappe von Sop Ruak nach Chiang Kham, in der nordthailändischen Provinz Phayao. Die im Osten liegenden laotischen Berge sind im morgendlichen Dunst nur schemenhaft auszumachen. An der braunen Wasserfarbe des breiten Mekong hat sich heute morgen nichts verändert, nur dass er im hellen Sonnenlicht mehrheitlich rotbraun daher kommt. Es herrscht schon reger Verkehr auf seinen Wassern, vermutlich ging das die ganze Nacht so, wer weiß. Dafür, dass das Dörfchen Sop Ruak lediglich aus wenigen Häuserzeilen besteht, ist an den Ufern um die goldene Buddhafigur, schon viel los.

Noch sind zwar keine Reisebusse eingetroffen, doch es ist Samstag und da sind natürlich auch jede Menge Thais auf kurzer Erholungstour unterwegs. Die kleine Stadt Chiang Saen liegt ein paar Kilometer südlich von Sop Ruak, doch die touristische Infrastruktur hat eine ganz andere Qualität. Ansprechende Hostels und Hotels befinden sich in der letzten Bauphase. Schöne Cafés liegen direkt an einer hochgelegenen Uferpromenade. Für die kaffeedurstigen Gäste liegt das neokulturelle Architekturprogramm direkt gegenüber auf der laotischen Uferseite. Vermutlich nach streng chinesischem Vorbild, entstanden und entstehen hier turm- und mauerartige Wohnblocks. Mich erinnert es mehr so an heruntergekommene siebziger Jahre Hotelblocks an der Costa del Sol. Aber, nun gut, jede Gesellschaft hat jedes Recht, die gleichen Bausünden zu produzieren wie wir und wer wäre ich schon, dass zu bewerten.

Es geht immer am Mekong entlang. Manchmal verläuft die Straße nur wenige Meter oberhalb seines Wasserspiegels, mal liegt er tief unter uns. Das Land ist hier weit und offen und so bekommt der Fluss eine eher horizontale Dimension, zumindest visuell gesehen. Irgendwie finden wir, dass der Fluss recht wenig Wasser führt, zumindest so kurz nach der Regenzeit. Aber ob wir das richtig beurteilen. wissen wir natürlich nicht. Während im Bereich des Goldenen Dreiecks richtig Schiffsverkehr zu sehen war, läßt dies weiter Richtung Osten nach. Wir halten an einem kleinen Wat, dass hoch über dem Mekong auf einem Felsen liegt.



Hier präsentiert sich der Fluss wirklich ziemlich mächtig und das er die Lebensader für ganze Landstriche ist, dürfte anhand seiner Dimensionen auch klar sein. Versuche mir in Erinnerung zu rufen, was ich gestern Abend darüber alles gelesen haben. Der zwölftlängste Fluss der Welt und der drittlängste in Asien. Er ist ungefähr 5000km lang. Von seiner Quelle im Tibet fließt der Fluss durch Südwestchina (hier heißt er Lancang-River), Myanmar, Laos, Thailand, Kambodscha und Südvietnam. Schon ein komisches Gefühl, während wir da so neben den Mickey Mäusen an der Aussichtsplattform des Wat stehen und ich mir vorstelle, dass dieses Wasser auch aus Tibet

kommt. Ach ja, die Mickey Mäuse. Im Wat stehen diese Betonfiguren mit denen man ein Selfie machen kann. Find ich super. Vielleicht sollte ich beim Bischof in Münster mal ein paar Mickey Maus Figuren für die hinterste Sitzreihe im Dom beantragen, so für Selfies oder um die Kinder ein bißchen fröhlicher zu stimmen. Darauf läßt sich der Bischof bestimmt ein, keine Frage.

Auf dem Weg nach Chiang Khong führt die Straße steil hoch in die Berge, doch einzelne Windungen des Mekong sind vielfach von den Bergkuppen aus zu sehen. Häufig beträgt die


Steigung bzw das Gefälle der Bergstraßen 16%, was vor allen Dingen bergab dazu führt, dass man einen grandiosen Blick auf den breiten Fluss in den Tälern hat. Hinter Chiang Khong, wo es auch einen Grenzübergang nach Laos gibt, verändert sich das Bild des Flusses. Immer wieder tauchen die Spitzen von Felsformationen oberhalb des Wasserspiegels auf und ich kann mir beim besten Willen nicht vorstellen, wie hier navigiert werden könnte. Vielleicht gibt es tatsächlich eine Fahrrinne, die ich nicht ausmachen kann? Zumindest bin ich mir sicher, dass keins der Boote, die ich in Sop Ruak gesehen habe, hier durchfahren könnte, wenn man mal von den Longtails absieht. Nun bin ich ja bekanntermaßen ein Süßwassermatrose und die Westfalen sind ja nicht so berühmt für Weltumsegelungen, trotzdem meine ich hier selbstsicher anmerken zu müssen, dass der Fluss an dieser Stelle auch zusätzlich einen ziemlich versandeten Eindruck

macht. Jawohl! Das ganze Bild hier erinnert mich an Mark Twains Beschreibung des Mississippi. Launisch, versandet, hinterhältig und wunderschön. Vielleicht ist das nur der Romantiker in mir, aber der Mekong ist schon ein beeindruckender Fluss, wenn man bedenkt, dass, trotz der extremen jahreszeitlichen Schwankungen von Wasserhöhe und Strömung sowie bestehende Stromschnellen und Wasserfälle, er dennoch eine wichtige Handelsroute zwischen Tibet und Südostasien ist.

Unsere Mittagspause verbringen wir natürlich in einem kleinen Restaurant, hoch über den trägen Wassern des Mekong. Allein die völlig ungesunden Farben der Softdrinks lassen Kinderherzen höher schlagen. Großartig, denn hier schmeckt eine Fanta noch wie eine Fanta meiner Kindertage, also mit ordentlich E605 Farbstoff drin! Anni nimmt einen Papayasalat und ich Chiliweichei nur eine klare Nudelsuppe. Ist auch gut so, denn selbst Anni bemerkt vorsichtig, dass es gewisse Taubheitsgefühle in etlichen Regionen ihrer Mundhöhle, der Lippen und der höheren Speiseröhre gibt. Sie beteuert zwar, dass es erträglich war, signalisiert mir aber in meinem Falle bei Genuss, eine gesichert kulinarische Nahtoderfahrung. Gegen 14 Uhr erreichen wir Wiang Kaen, ein kleines Dorf, von dem der geneigte Leser niemals vorher etwas gehört

haben dürfte. Ehrlich gesagt, wir auch nicht. Was nicht weiter wichtig ist, außer, dass unsere Thailandreise nunmehr nur noch in südöstlicher Richtung verlaufen wird. Die Landstraße 1155 verläuft in stetiges auf und ab zwischen zwei Höhenzügen. Das östliche Bergmassiv bildet die Grenze zu Laos, der Mekong fließt hinter diesen Bergen ebenfalls nach Südosten.

Die Sonne ist warm, angenehme 28 Grad, die Luft frisch und klar. In den Ebenen haben die Bauern Quadratkilometer an Reisterrassen angelegt, die gerade alle trocken gelegt und gepflügt werden. Hier und da brennt noch ein Reisstrohfeuer, was dann die ganze Straße einnebelt. Aber im Großen und Ganzen ist die Luft geschwängert mit den Geruch von frisch geschnittenem Gras und außerdem riecht es intensiv nach Reis. In Verbindung mit dem blauen Himmel und der warmen Sonne, ist es für unser europäisches Gemüt nur schwer vorstellbar, dass kommende Woche schon die Weihnachtsmärkte öffnen. Unwirklich!

Die heutige Etappe ist nicht so lang, daher haben wir keinen Stress und fahren gemütlich durch diesen wunderschönen Landstrich. Natürlich könnte es, auf Entfernung gesehen, auch immer irgendwo in der Steiermark sein oder in der Schweiz, wenn - wie Anni es treffend formulierte - da nicht immer die Bananenstauden wären. Außerdem hatten wir heute wieder mal ein lebendes Reptil auf der Straße. Eine ziemlich große Schlange, versuchte die Straße zu überqueren, mitten in einem Dorf übrigens, dem vielen Verkehr geschuldet war sie ziemlich aggressiv und richtete sich immer wieder drohend auf, wenn ein Fahrzeug vorbei kam. Das es sich offenkundig nicht um eine ungiftige Würgeschlange handelte, haben wir einen großen Bogen um das verstörte Tier gemacht und weg. Ich glaube eine relativ große Naja Siamansis, eine Kobra, ausgemacht zu

haben. Da ich aber, wie gesagt, nicht nur ein westfälischer Süßwassermatrose bin, sondern darüber hinaus auch völlig reptilienunwissend, von Blindschleichen und Ringelnattern mal abgesehen, kann ich mit dieser Vermutung völlig daneben liegen. In den Dörfern sieht man immer ziemlich viele spielende Kinder am Straßenrand und wir hatten beide, unabhängig von einander, den selben Gedanken. Ein so großes Reptil, mitten im Dorf . . . Aber vermutlich werden die Kinder mit diesen giftigen Nachbarn groß und sind daher bestimmt auf der Hut vor den ungeschmeidigen Straßenüberquerern.

Die letzten 30 Kilometer bis nach Chiang Kham führen uns am Rande durch den Phu Sang Nationalpark. Die kultivierten Berghänge werden weniger und bewaldetes Bergland tritt an seine Stelle. Wie für die Seele des Motorradnomaden bestellt, verläuft die Straße hier größtenteils auf den Bergrücken, sodass man die Weite des nordthailändischen Berglandes immer im Blick hat. Bonne nuit folks.






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1 comentario


Marc Luetjens
Marc Luetjens
25 nov 2023

Anm.d.Red. hier ist's so:


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