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AutorenbildIngo

Von Reisterrassen und Wurstcroissants . . .

Aktualisiert: 27. Juli 2023

25. Juli 2023 Von Bandung nach Tasikmalaya

KM 430


Heute musste die Bergziege richtig arbeiten, hat dafür aber ihre ganze Kraft auch an den Boden bekommen. In Jakarta und in der unendlichen Blechlawine nach Bogor konnte ich maximal zwischen dem 1. und 2. Gang hin und her schalten, was häufig zum Aufheizen des Motors führte. Gestern war das Fahren ganz schön anstrengend und da wir relativ spät in unserem 2. (!) Hotel ankamen, war ich auch ganz schön fertig . . .

Aber heute hat es richtig Spass gemacht! In den frühen Morgenstunden haben wir Bandung verlassen. Eigentlich ist es hier ganz schön, sehr europäisch geprägt, nennt man es doch das Paris Javas. Es gibt riesige Shoppingmalls, Klamottenläden (besonders hat mir das Bekleidungsgeschäft CIA gefallen - vielleicht haben die nur Trench Coats, breitkrempige Hüte und Sonnenbrillen?), Restaurants, die, die gesamte Cuisine der Welt abdecken, und, und, und. Aber Java ist groß und wir haben ein bißchen Zeitdruck, denn tatsächlich kommen wir im Verkehr nicht so zügig voran, wie wir uns das vorgestellt haben. Beim Abendessen haben wir unsere groben Pläne präzisiert, sind heute morgen früh aus den Federn haben das grüne Toast (mit Pistaziengeschmack) und das Nasi Goreng mit Appetit gegessen und waren vor dem großen Rolleransturm auf der Bahn Richtung Garut. Planmäßig wollen wir heute die „roten“ Hauptstraßen verlassen und auf die kleineren „gelben“ Nebenstraßen ausweichen und versuchen, so dem Hauptverkehrswahn zu entkommen. In Nagrek wollen wir von der N3 auf die Landstraße wechseln und zwischen den drei Vulkanen Guntur (2249m), Talagabodas (2201m) und dem Cikuray (2821m) nach Garut, dass dann immer noch auf knapp 800m liegt.

Kurz vor der Stadtgrenzen kommt der Verkehr dann zum Erliegen. Morgendliche Rushhour, bei der so ziemlich alles auf der kleinen Straße unterwegs ist, was Räder hat. Aber dann das Geschenk des Himmels: Während alles im totalen Stillstand ist, heult, ja quäkt förmlich, direkt hinter mir eine Polizeisirene. Da steht ein wild blinkendes, aber auch frisch gewaschenes, nagelneues Polizeiauto, mit einem bedrohlich wirkenden Tross von 5 Schwarzen SUV-Limosinen, die neben verdunkelten Scheiben auch im Kühler polizeiliche blaurote Blinkleuchten haben. Mit roten Signalstäben, vermutlich das indonesische Pendant zur bundesdeutschen Polizeikelle, wird hektisch-aggressiv aus den Fenster gewunken und damit in Sekunden der Stau aufgelöst. Na ja, aufgelöst ist nicht der richtige Ausdruck, verlagert trifft eher. Die verschreckten Streitwagenpiloten versuchen sich mit ihren fahrbaren Untersätzen in nur jede erdenkliche Lücke am Straßenrand, zwischen Läden, Buden und Häusern zu drücken, damit der hochwichtige Minister oder wer auch immer, schnell durchkommt. Ich mache es wie die Franzosen, wenn auf der Perepherique wieder mal ein Krankenwagen durch den Stau muss - man hängt sich dran. Also gebe ich Gas und während die Bergziege am Heck des letzten SUVs klebt, kleben Annis Knie an meinen Oberschenkeln. Wir kommen voran, gut sogar, ach was super gut. Wir schaffen 6 km bevor mich ein Sonntagsfahrer mit einem Honda Brio ausbremst und etwa 10 Rollerfahrer meine Poleposition einnehmen. Mit den Koffern kann ich an der lahmen Ente nicht vorbei, da nützt auch Hati-Hati brüllen nix. Bin raus aus dem Rennen und wie wir feststellen auch aus Bandung. Die Straßen werden schmaler, der Verkehr ebbt völlig ab und endlich kann die Bergziege Bergziege sein. Kurvig geht es steil bergauf, aber so richtig steil. Anni muss sich manchmal nach vorn lehnen, merke ich doch, dass das Vorderrad mehr Belastung braucht. Mit durchgezogenem Gas machen wir irgendwo an einem kleinen „Café“ mit Aussichtsplattform halt. Reisterrassen wohin man schaut. Die Schroffheit der Vulkanhänge wird kaschiert durch die Reisfelder, die sich terrassenförmig bis ins Tal ziehen. Direkt unterhalb des „Cafés“ werden von einem älteren Ehepaar die neuen Reissetzlinge gepflanzt und bewässert. Die erste Reisernte Javas ist bereits durch, die Felder haben geruht, jetzt beginnt der Reiszyklus mit den Setzlingen erneut. Viele Felder sind nur schlammig, etliche schon gepflügt und einige erstrahlen in einem saftigen, satten hellgrün, was erahnen läßt, wie die Berghänge kurz vor der Ernte aussehen müssen. Die Luft ist herrlich kühl, wenn auch diesig, da die Vulkangipfel völlig Wolkenverhangen sind. Möchte gar nicht wissen, wieviele Touristen, extra aus Jakarta hierher gekarrt wurden und der ganze Krater nur in den Wolken hängt. Die BMW-Jungs hatten uns explizit davon abgeraten eine Vulkantour zu buchen, denn um diese Zeit seien die Vulkane immer in den Wolken . . .

Nur einen guten Kilometer weiter bergauf, sind wir auch in den Wolken. Wo vorher noch Palmen und Reisterrassen die Hänge dominieren, umgibt jetzt dichter Dschungel die Straße, die in diffusem Licht liegt. Wir befahren die Straße praktisch allein, abgesehen von ein paar Rollern, können wir laufen lassen und im 4 Gang geht es in sanften Kurven den Berg hinunter. Ab 1250m reißen die Wolken auch wieder auf und geben den Blick in die Täler frei. Kleine Dörfer, sind wie Bienenstöcke an die Hänge gebaut, in der Mitte thront meist die zwiebelförmige Kuppel einer kleinen Moschee, mal schlicht in Grün gehalten, mal aufwendig gefliest. Natürlich haben wir uns verfahren und sind gar nicht da lang gefahren, wo wir her wollten. Leider ist die Navigationssoftware recht unzuverlässig und die Indonesier sind außerdem sparsam mit dem Aufstellen von Schildern. Anhand der Landkarte läßt sich feststellen, dass wir zwischen den Vulkanen Guntur (2249m) und Malabar (2350m) eine kleine „weiße“ Landstraße gefahren sind, was einleuchtend erklärt, warum wir gar keinen Verkehr hatten.

Gegen 11 Uhr erreichen wir Garut und finden auch sofort ein gemütliches Cafe´ und Resto, wie man das hier so fusionmäßig nennt. Auf der Karte gibt es nicht nur Kaffeespezialitäten, sondern auch Herzhaftes. Beschließe ein „Wurst-Croissant“ zu bestellen, wie es der Googleübersetzer amtlich nennt. Natürlich hat dieses Feld-Wald-und-Wiesencafé ein hervorragendes WLAN, was selbstverständlich zum Service des Ladens gehört, wir sind ja nicht in Deutschland, wo das alles immer schwierig und unjustiziabel ist. Hier bekommt man ein Passwort und los geht es. Das Wurst-Croissant entpuppt sich als zwei Blätterteigfladen auf denen herzhaft-gewürzte Geflügel-Brühwurstscheiben aufgeschnibbelt werden. Die Form ist egal, man höre und staune, diese Aussage vom Designer persönlich . . . aber der Snack ist echt lecker, vielleicht befremdlich zum Jasmintee, aber andere Länder andere Sitten!

Es geht weiter, denn wir wollen heute noch nach Tasikmalaya, was noch gut 60 Km sind. Dazu folgen wir dem Sungai Ciwulan Fluss, der sich durch ein ganzes Reisterrassental schlängelt. Darf man dem Reiseführer glauben, ist das Tal nahezu unbekannt und wird touristisch bisher gar nicht beachtet. Dem ist tatsächlich auch so! Was für eine Fahrt. Wir sind immer noch ganz beseelt von diesem Erlebnis. Von Garut, dass auf 800m liegt schlängelt sich eine super gut zu fahrenden Straße, 30km oberhalb eines Gebirgsflusses an den Südhängen des Galungung-Vulkans (2168m) entlang. Der Fluss ist voller eiförmiger, seit Jahrtausenden von der Witterung glattgeschmirgelt und aufpolierter Steine, in allen Größen. Das Wasser sucht sich seinen Weg und fließt mal mit breiter weißer Gischt, mal in schmalen Bächen durch das Tal in Richtung Singaparna und weiter nach Süden zum Indischen Ozean. Die Hänge der Berge sind dicht bewachsen, mit riesigen Bambusstauden, Palmen, Akazien, die immer wieder von Reisterrassen und kleinen Dörfern abgelöst werden. Wenn man nicht gerade den Linienbus Garut-Singaparna vor sich hat, der beim Beschleunigen tiefschwarze Dieselwolken aus seinem bananenschalenförmigen Auspuffenttopf rausnebelt, ist die Luft durchzogen von Waldgerüchen. Hier und da mischt sich der Geruch von Holzkohle. Wo immer wir anhalten gibt es ein Lächheln, auch wenn hier niemand ein Wort Englisch spricht, ist die Kommunikation problemlos. Zur Erntezeit werden die Grüntöne an den Hängen derart betörend sein, dass es vermutlich nicht mal ein Hochglanzfoto festhalten kann. Das erste Mal, seit wir auf Java sind, kann ich schauen und fahren gleichzeitig, was den heutigen Tag zu einem ziemlich tollen Erlebnis gemacht hat. Fremder kommst du nach Java, dieses Tal solltest du unbedingt befahren.

Wir sind relativ früh in Tasikmalaya angekommen, haben im erst besten Hotel an der Straße gehalten, Hotel Flamboyan, die Executive Suite gebucht (24€, inkl. Frühstück), Wäsche gewaschen, geduscht und downtown eine indonesische Suppe gegessen. Morgen geht es weiter nach Pangandaran am Indischen Ozean, wo wir uns gerade für vier Tage im Java Lagoon ein Zimmer am Strand gebucht haben. Bonne nuit, folks














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1 Comment


marc.luetjens
Jul 25, 2023

KI sagt: Du beschreibst eure Reiseerlebnisse sehr detailreich und anschaulich. Du hast auch ein gutes Gespür für die Atmosphäre und die Landschaft. Ich kann mir gut vorstellen, wie ihr mit der Bergziege durch die Reisterrassen gefahren seid. Du hast auch einige spannende Momente eingebaut, wie die Polizeieskorte oder die steilen Hänge. Du beschreibst das Reisterrassental sehr malerisch und poetisch. Du hast auch ein gutes Auge für die Farben, die Gerüche und die Geräusche der Natur. Ich kann mir gut vorstellen, wie ihr den Fluss entlang gefahren seid und die Landschaft bewundert habt. Du hast auch einige kulturelle und praktische Details eingefügt, wie die Busse, die Dörfer, das Hotel und das Essen.

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