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AutorenbildIngo

Tony aus Nizza und Visa . . .

Aktualisiert: 18. Jan.

16. Januar 2024 - Vientiane

KM 16.859


Es ist 11:03 Uhr und die indische Botschaft in Vientiane hat geschlossen, trotz gegenteiliger Informationen von Google. Visaangelegenheiten von 08:00 Uhr bis 11:00 Uhr. Da stehe ich nun in der vormittäglichen Hitze des aufstrebenden Tages. Erneute Öffnungszeiten, 16:00 Uhr bis 17:00 Uhr! Google: von 08:00 Uhr bis 17:00 Uhr geöffnet! Aha, so so. Nun ja, keiner hat gesagt, dass erst leicht sein würde. Die Bürokratie in Asien ist natürlich stark durch die ehemaligen Kolonialmächte geprägt und nach der jeweiligen Unabhängigkeit, hat sich noch ein wenig asiatisches Gemüt und Lebensart dazugesellt. Ich brauche einen Kaffee und Anni einen Friseur.




Man(n) kann nicht sagen, dass sie das Haarthema etwa prinzessinenhaft verfolgt, nein, wirklich nicht. Der letzte Friseurbesuch war in Thailand, also schon Wochen her das Ganze. Die Internetrecherche ergibt, dass es einen sehr gut - von den Gogglerezensionen her - bewerteten Friseur gibt: Tony´s Paris Coiffeur. Der liegt direkt neben einen Wat, dessen große Bäume die gesamten umliegenden Straßen überschatten. Tonys Capperei liegt in der unmittelbaren Altstadt von Vientiane. Niedrige französische Indochinabauten, hier und da ein Holzhaus laotischer Coloeur, dazu massenhaft Massagesalons, mit zweifelhaftem, wie unzweifelhaftem Ruf. Sie hat Glück! Tony hat ein Zeitfenster, für eine Haaraudienz, auf europäischem Niveau. Ich verschanze mich in einem Café. Bekomme nach etlichen Erklärungsversuchen, tatsächlich einen Espresso mit viel, viel heißer Milch, natürlich begleitet von Mitleid und Spott der kaffeeerprobten Koffeinbelegschaft.



Irgendwie ist die Visumssituation mit Indien unübersichtlich. Anni hat in den Reisehinweisen des bundesdeutschen Auswärtigen Amtes ermittelt, dass man auf dem Landweg nicht aus Nepal nach Indien einreisen darf/kann, so man ein Touristenvisum hat. Also wollen entweder die Inder, oder die Nepalesen nicht, das Touristen dort einreisen. Wozu? Sollen alle bitteschön teuere Flüge nehmen, anstelle von preisgünstigen Überlandbussen. Mir erschließt sich der Sinn nicht. Ruhe, lieber Ingo, du bist in Asien, dem Lande tiefster spiritueller Irrationalitäten, die auch kein Fußabdruck des Buddha zu erhellen vermag. Leider ist für unsere Planung die Frage, ob Delhi oder Katmandu, von zentraler Bedeutung. Wir würden ja gerne in den Osten von Indien und an der Küste im Gangesdelta, die Sundabarns besuchen. Ein großes Mangrovenareal, mit Nationalpark-Status. Wenn wir nun in Delhi landen und Kolkata, sowie Katmandu auf unserer Reiseroute liegen, müssen wir zunächst einmal wie 1500 Kilometer nach Osten, dann nordwärts nach Nepal, Rundtour durch Nepal, dann erneut zurück nach Indien und an die Westküste, wo im Sommer Herr Kleinknecht, von InTime-Reisen, die Bergziege in Mumbai wieder heimbringt. So viel zu unserem Gedankenspiel. Außerdem bedeuten 1500 Kilometer von Delhi über Varanasi nach Kolkata: Autobahn, gerade aus, durch das indische Flachland. Klingt nicht nach einem Plan. Wenn wir jetzt mal die Reisedistanzen von Indonesien - vorsichtig geplant - zu Grunde legen, brauchen wir für die Strecke 10 Tage! Ingo ist not amused!




Anni is amused, denn Tony hat wohl einen guten Job gemacht, zumindest ihrem breiten Grinsen nach zu urteilen. Der liebe Tony, mit blau-schwarz gefärbten, wuscheligen Haupthaar, war ganz verzückt, dass er Annis Kopfputz richten darf. Er hat 20 Jahre in Nizza gearbeitet und war immer recht häufig in Paris, um die neuesten Schnitte, Farben, Techniken und Trends zu studieren und auszuprobieren. Er legt sich ins Zeug, nur ein zufriedener Kunde kommt wieder. Nun ja, wenn wir mal wieder einen Friseur in Vientiane benötigen, ist Tony unsere Wahl, ganz sicher! Bei mir muss vorerst niemand ans Haupthaar, ich sehe eh immer aus, wie ein großes ungemaches Bett, an dem eine Motorradjacke hängt. Tony hat Pläne, eine große Schule für Friseure würde er gerne in Vientiane eröffnen. Die meisten gehen für 5-6 Monate nach Thailand, lassen sich dort die Basics beibringen und machen dann eine Capperei auf. Gegen diesen babiertechnischen Schnellkurs kann natürlich keine fundierte Ausbildung antreten. Bei den Herren in Vientiane liegt ohnehin fast nur ein Herrenschnitt im Trend. Wenn man den nach der rasanten nachbarschaftlichen Schnellfortbildung beherrscht, bekommt man halt keine Scherereien. Tony jedoch prognostiziert den Untergang fundierter Coiffeurkunst in Vientiane, angesichts des thailändischen Fast-Cut-Menus. Wir haben noch etwas Zeit und schlendern durch die Altstadt von Vientiane.





Um 15:55 Uhr stehen wir pünktlich vor der indischen Botschaft. Für gewöhnlich drängeln sich an Konsulaten und Botschaften immer mindestens 30-40 Personen, die Visa oder sonstige Papiere abholen wollen. Nicht in Vientiane, gemütlich, ganz gemütlich ist man hier. Der Verkehr ist auch gemächlich Innerstädtisch sind nur 30 Kilometer pro Stunde erlaubt, was bedeutet, dass der Verkehr so bei 22 Km/h vor sich hin stockt. Das Tor ist zu. Es wird 16 Uhr und nichts passiert. Oberhalb des polierten Messingschildes, das stolz die Embassy of India ankündigt, ist eine unscheinbare Klingel mit einem handgeschriebenen Zettel, der ungefähren Größe des Standart-Post-its, 8cm x 8cm, man möge doch bitte klingeln. Aha, so so! Wir klingeln. Mit einem Ruck setzt sich das elektrische Tor in Bewegung und die Plebejer können eintreten in die heiligen Hallen international-indischer Diplomatie. In einem Sicherheitshäuschen residiert eine englischsprachige Kakhiuniform, mit Bügelfalte. Unser Begehr? Allein die Frage haut mich um, sehen wir aus, als wollten wir Schnittchen liefern? Fragen zum Visum natürlich. Er telefoniert.



Nicht, dass wir reingebeten würden, nein, im Gegenteil, ich muss an einem herkömmlichen, grauen Amtstelefon, so mit geringelter Schnur, mit einem gesichtslosen Beamten kommunizieren. Dazu kommt, dass in Asien alle Menschen per se, meist kleiner sind als meine Wenigkeit. Heißt, dass auch die amtlichen Gucklöcher bei mir auf Bauchnabelhöhe sind. Also beuge ich mich hinab, damit ich auf Augenhöhe mit Kakhiuniform bin. Insgeheim befürchte ich natürlich einen Bandscheibenvorfall im 4./5. Nackenwirbel, aber so ist die Situation. Am anderen Ende der Leitung fragt eine helle Stimme, die so klingt, wie "Wolln´Rose kaufen", was denn mein Visa Problem sei. Die Einreise auf dem Landweg von Nepal nach Indien, sei mein Problem. Ja, könne er verstehen, da bekämen wir Probleme. Aha, so so. Mit welchem Visumstyp wir denn bei der Landeinreise von Nepal nach Indien kein Problem bekommen? Touristenvisum! Aha, so so. Aber, unser Auswärtiges Amt hat doch geschrieben, dass wir mit dem Touristenvisum nicht von Nepal nach Indien einreisen können? Ja, da bekäme man Probleme! Hä? Mit welchem Visum man denn keine Probleme bekomme. Das könne er nicht sagen, wir bräuchten allerdings ein Touristenvisum. Aha, ecccht? Also können wir nicht mit dem eigenen Fahrzeug von Nepal nach Indien, trotz eines Multiple-Entree-Visa? Das könne er nicht genau sagen! Aha, so so? Welchen Typ Visa wir den jetzt beantragen sollen, Single, Multiple, 3 Months, 12 Months? E-Visa! Aha, so so! Ob wir das denn nicht in der Botschaft in Vientiane, also hier, beantragen könnten, weil, wir stehen jetzt gerade ja hier so rum? Nein, dieser Service wäre nur für Bürger der Demokratischen Republik von Laos vorgesehen. Aha, so so! Herzlichen Dank für das informative Gespräch! Gern geschehen, ich hoffe ich konnte ihnen helfen!



Hmmm, nicht wirklich. Also heißt es wieder mal, nichts genaues weiß man nicht! Wir werden also den Katmanduplan kippen müssen. Teile der netten Dame bei PT Air Cargo sofort mit, dass jegliche Nepalrecherche nicht mehr nötig ist. Reiseroute für die Bergziege heißt jetzt: Vientiane - Bangkok - Delhi! Sie bestätigt in Minuten und nun können wir alles andere planen. Donnerstag werden wir Preise und Modalitäten wissen, dann können wir unsere Route nach Indien organisieren. Ganz verstehe ich die Situation an der Grenze von Nepal und Indien nicht, doch wenn ich derzeitige Nachrichten lese, verstehe ich viele internationale Situationen zwischen Staaten nicht mehr. Bonne nuit folks!




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