24. Juli 2023 - Von Cipayung Datar nach Bandung
KM 262
Auf der Südseite vom Puncak Pass trifft uns völlig unvermittelt ein krasser Regenguss, von jetzt auf gleich, sozusagen. Nicht nur uns, auch alle anderen Zweiradfahrer, derer da ziemlich viele unterwegs waren. Ob ich das extra erwähnen muss, weiß ich nicht, aber es waren wieder sehr viele. Wir waren in Sekunden durchnässt, nicht weil unsere Kleidung unbrauchbar ist, nein, der herrlich kühlen Luft von den Vulkanhöhen wegen, hatten wir unser Airflowsystem bis zu Anschlag geöffnet. Aber was zugänglich ist für kühle Bergluft, ist auch zugänglich für kühlen Regen. So stehen wir im Pulk unter dem Vordach des örtlichen Indomarket, was so eine Mischung aus DM, dörflicher Sparmarkt und McDonalds ist. Es gibt Hygieneartikel, ein rudimentäres Obstangebot und heiße Instandnudelsuppen oder Chicken McNuggets. Also, so alles, was der Indonesier so braucht. Das Pendant heißt Alfamart und hat exakt das gleiche Warenangebot, nur mit anderem Aufdruck. Es gießt in Strömen, der Westfale würde sagen es pladdert! Dabei fing der Morgen richtig toll an, obwohl, erst war ich nass in meiner Jacke, weil ich so geschwitzt habe, jetzt bin ich nass, weil es so regnet , , ,
In der kühlen Bergluft fahren wir auf der N9 Richtung Puncak Pass, der ungefähr 1500 Meter hoch liegt. Es ist tatsächlich weniger Verkehr, sodass wir gut voran kommen. Zur Verdeutlichung, wenn man 55 km/h fährt hat man schon das Gefühl ein mieser Raser zu sein . . . Das kommt aber nicht oft vor. Die Indonesier haben so ein lustiges System, bei dem irgendwelche Typen an Kreuzungen oder Straßeneinmündungen rumstehen, einen Holzstock in der Hand haben und eine Trillerpfeife im Mund. Da es überhaupt nur in größeren Städten Ampeln gibt, übernehmen diese Typen das Regeln des Verkehrs. Sie springen so einfach auf die Bahn halten Mann und Maus an, damit aus irgendwelchen Seitenstraßen zusätzliche Verkehrsteilnehmer die Chance bekommen, sich an dem Wahnsinn zu beteiligen. Da die Jungs natürlich nur inoffiziell diesen Job machen, hält sich nicht jeder an die Anweisung und bis so eine Blechlawine dann tatsächlich zum Stehen gekommen ist, gibt es eine fließende Fahrzeug-Straßen-Diffusion. Wenn losgetrillert wird, hält natürlich keiner an, is´klar, alle ballern weiter, als wären sie bei Ben Hur. Gleichzeitig diffundieren aber schon die ersten Zweiradfahrer aus der Seitenstraße in das Wagenrennen, wodurch sich prinzipiell gesehen, zwei Fahrzeugkollonnen irgendwie auf einander zu bewegen. Dann allmählich kommt der Tross zum Stehen, was bergauf dazu führt, dass der ortsunkundige Motorradreisende meistens hinter einem 100 Jahre alten Steinlaster eine Vollbremsung hinlegen musst. Die Motorleistung jenes Gefährts ist jedoch auch 100 Jahre alt ist und so braucht der antike Truck fürs Anfahren dann gut 20 Minuten. Aber, wenn man das System durchschaut hat, kommt gut mit der Fahrzeugdiffusion klar. Wer zusätzlich noch Hati-Hati beherrscht, dem kann nix mehr passieren!
Auf knapp 900 Meter Höhe tauchen plötzlich die ersten Teefelder auf und da wir noch nicht gefrühstückt haben, folgen wir dem Teehaus-Hinweis. Dass wir Eintritt zahlen müssen erstaunt uns ein wenig - 2 € - aber gut, andere Länder, andere Sitten.
Wir bestellen schnöden schwarzen Tee, o,5l, für 30 Cent. Man bemitleidet uns, nicht nur, dass wir nur schnöden schwarzen Tee wollen, nein, er soll auch noch heiß sein. Der Kellner macht ein bißchen ein Gesicht, was sich erst aufhellt, als wir Miso Goreng Spesial bestellen, die teuerste Mahlzeit des Hauses. Nudeln mit Ei. Da lächelt er. Verständlich 40000 indonesische Taler, ganz 2,40€. Wir trinken sogar noch einen zweiten Tee, Hemmungslos!.
Die Plantage ist ziemlich groß, und bei der Rundfahrt stellen wir fest, dass ein vielfältiges Freizeitangebot besteht: Ausreiten, E-Scooter fahren, Strandbaggy fahren, Kinderspielplätze, Dinopark, Bolzplatz usw., Aha, daher der Eintritt. Wir verabschieden uns schleunigst, denn die ersten Touristenbusse sind im Anmarsch.
Wir reihen uns wieder ein in das Wagenrennen nach Bandung und folgen den immer enger werdenden Serpentinen bis zum Pass. Der 3000 Meter hohe Kraterrand liegt tief in den Wolken verborgen, was unser Reiseführer schon vorausgesagt hatte. Ebenso, dass es zu Regengüssen kommen kann. Lächerlich, mein T-shirt ist gerade in der herrlichen Bergluft getrocknet, milder Wind, Regen? Lächerlich . . . .
Vorteil eines sturzbachähnlichen Regengusses ist, dass der Indonesier als Solcher, der nicht gern nass wird, die Straßen nicht weiter verstopft. Also noch bevor es aufhört zu tropfen, sind wir wieder auf der Bahn in Richtung Bandung und zwar zügig. Hier und da bin ich irritiert, was man mit einer Bauplane so alles anstellen kann - auf einem Roller. Als der Regen nachläßt, wird es voller und Fahrer, gehüllt in schwarze Folie, beteiligen sich wieder am Rennen. Der flatternde Plastikschnap sieht immer ein bißchen aus, als würde Batman vor einem herfahren oder gar Zorro auf seinem Pferd daher kommen. Irritierend allemal.
In den tiefer liegenden Regionen hat es nicht geregnet und der Fahrtwind trocknet unsere Jacken. Da es dann zunehmend wieder wärmer wird, bin ich so auch schon wieder nass geschwitzt, Was soll ich sagen . . .
Wir überqueren mehrere ziemlich tiefliegende, von Dschungel gesäumte Flussläufe und etwa 40 km vor Bandung tauchen die ersten Reisterrassen auf. Die Straße ist über 20 Km von Akazien gesäumt, deren, über der Straße zusammenlaufenden Ästen von Moosen und Schlingpflanzen überwuchert sind. Hier herrscht wenig Verkehr und so ist die Fahrt im Schatten der Allee wunderschön.
Für die verbliebenen 40Km benötigen wir dann noch mal 3(!) Stunden, denn unser Navi führt uns über die Berge und durch kleine, enge Dörfer. Der Supergau sind drei verglaste Reisebusse, die im Konvoi über die gewundenen Bergstraßen ötteln und beinahe unmöglich zu überholen sind. Bei Einbruch der Dunkelheit sind wir in unserem Hotel, unserem 2. Hotel des Abends, denn, an der angegebenen Adresse unseres, gestern gebuchten 1. Hotels verbarg sich eine Privatadresse . . . Was soll ich sagen? Wunder über Wunder des Orients.
KI sagt: Du beschreibst die Verkehrssituation in Indonesien sehr anschaulich und humorvoll. Ich mag besonders die Vergleiche mit Ben Hur und der Fahrzeugdiffusion. Du hast auch einen guten Spannungsbogen aufgebaut, indem du erst am Ende verrätst, dass ihr auf dem Weg zu einem Teehaus seid. Das macht neugierig auf mehr. Du hast einen guten Kontrast zwischen dem schönen Morgen und dem plötzlichen Regen geschaffen. Du erklärst auch gut, was ein Indomarket ist und wie ihr euch dort unterstellt habt. Ich mag auch die regionalen Ausdrücke wie “pladdert” oder “Airflowsystem”.
Hallo ihr beiden! Als Leser registriere ich erst so langsam die Realität: Die beiden sind mit der Bergziege jetzt wirklich auf Reise - war es doch Jahre lang immer "nur" ein Plan. Haltet uns weiter auf dem Laufendem und Dank für die vielen Zeilen! Gruß vom Chiemsee 👋