30 April 2024 - Kathmandu
KM 22.097
Was soll ich sagen? Da sind wir nun - an unserer letzten Station angekommen. Heute ist irgendwie ein emotional ziemlich anstrengender Tag. Ein Wechselbad der Gefühle sozusagen. Gerade waren die Jungs von der Spedition da, die auf nepalesischer Seite für Intime-Reisen aus Hamburg, die Transportabwicklung übernehmen. Super nett und hilfsbereit, durch einen schönen Zufall, sitzt die Firma nur eine Straße weiter von unserem Hotel. Jetzt ist das Ende unserer Reise irgendwie spruchreif. Die Bergziege ist völlig verdreckt, denn die letzten 6 Wochen hier in Nepal, wurde einfach nicht an Staub, Sand und Schlamm gespart. Daher müssen wir vor dem Verpacken, wohl mal in die Waschanlage.
Bei uns herrscht gedrückte Stimmung, anders kann man das nicht sagen. Natürlich freuen wir uns auch wieder auf unser Heim, doch diese intensive Reisezeit war schon etwas sehr Besonderes. Das Gefühl des Losgelöstseins, keinerlei Verpflichtungen zu haben und nur die grundlegenden Dinge des Lebens sind wichtig, hat etwas sehr betörend Einfaches. Unser ganzer Lebenskosmos ist zusammengeschrumpft auf das, was wir am Leib tragen und was auf
der Bergziege verpackt und festgetüdelt werden kann. Der Rest des Lebens dreht sich um das Wahrnehmen des Fremden und Neuen, eine mögliche Route auszutüfteln, ein Bett zum Schlafen organisieren und eine Essensgelegenheit auftun. Ansonsten geht es immer voran. Egal, ob es regnet oder die Sonne scheint. Wir sind im Grunde nur dreimal wieder an einen Ort zurückgekehrt. Einerseits war Yogjakatra unser südöstlichster Point of no Return, sodass wir zwei mal durch Panganderan, an Javas Westküste gefahren sind und natürlich die erneute
Einreise von Laos nach Thailand, zwecks Versenden der Bergziege nach Indien. Zwangsweise, stand dadurch Vientiane, ebenfalls zwei Mal auf unserem Programm, weil wir einen Loop durch Laos gefahren sind. Sonst ging es immer weiter, nach Norden, Süden, Westen oder Osten, je nachdem, wie die Planung stand und auch der Wind uns in unbekannte Regionen wehte. Bei aller Emotionalität über das Ende der Reise, sind wir aber auch unendlich dankbar, dass wir diese einzigartige Möglichkeit hatten, unseren Traum unbeschwert erfüllen und genießen zu können. Soviel ist mal sicher!
Was mich bis heute erstaunt, ist die Tatsache, dass wir keine technischen Probleme mit der Bergziege gehabt haben. Gut, wir haben zwei Mud-Guards eingebüßt und damit auch zwei Schrauben. Ebenfalls fehlen zwei Muttern am Windschild, die mir bei der hektischen Montage auf dem Cargo-Flughafen von Jakarta, flöten gegangen sind. Aber, das wars. Mehr ist nicht passiert. Es gibt so viele Berichte von Langzeit-Motorradreisenden, die schon nach 5.000-10.000
Kilometern, die ersten, ernstzunehmenden Motorprobleme hatten. Doch davon sind wir wirklich
verschont geblieben, was ich immer noch erstaunlich finde. In Kambodscha hatten wir ja einen Amerikaner kennengelernt, der eine viel neuere BMW GS Adventure hat und er hatte bereits in Laos - im Hochland - ein gebrochenes Federbein. Für den geneigten Leser, das ist die Federung unter dem Sitz. Jede Unebenheit macht dann beim Fahren einen ordentlichen Schlag ins Kreuz. Aber nichts dergleichen. Eine Inspektion und ein Ölwechsel in Thailand, die mitgebrachten
Reifen aufziehen und in Vientiane haben wir die Bremsbeläge erneuert (hatten wir ebenfalls mitgebracht) und das wars. Was soll ich sagen, die treue Bergziege hat die 22.097 Kilometer super mitgemacht und uns nie im Stich gelassen. Hinzu kommt außerdem, dass wir keinerlei Unfälle hatten, keine ernst zunehmenden Krankheiten (von ein bißchen Magen und Erkältung mal abgesehen) und auch keinen privaten Stress. Wir folgen auf Instagram einem Motorradpärchen, die jeweils, alleine im vergangenen Jahr, 5(!) mal Malaria bekommen haben. Wir „drei“ haben tatsächlich, auf engstem Raum, ein
riesiges Abenteuer gemeistert und auch dafür sind wir dankbar. Selbstverständlich ist das nicht immer, zumindest höre ich häufiger mal, dass langersehnte Traumreisen, besonders langerwartete Sabbaticals, sich zu persönlichen, zwischenmenschlichen Alptraumreisen entwickeln. Bei uns nicht! Es war großartig! Unserer Reise ist ja noch nicht vorbei und uns bleiben noch einige Wochen in Nepal, die wir natürlich zu weiteren Entdeckungen nutzen wollen.
Heute morgen haben wir also versucht, einen kleinen Abstecher nach Tibet zu organisieren. Das war spannend! Vorweg vielleicht die Information, dass es nur zwei Möglichkeiten gibt, nach
Lhasa zu gelangen. Entweder reist man über China ein oder über Nepal. Nepal ist das einzige Land der Welt, das exklusiv Tibet anfliegen oder anfahren darf. Aha, so so. Unser Hotel liegt im absoluten Touristenviertel Kathmandus, in Thamel, wo es nur so von touristischer Infrastruktur wimmelt. Asterix bei den Avernern - Weine und Kohlen - so gibt es hier nur vier oder fünf verschiedene Geschäftstypen, die alle eine identische Warenpalette haben. Später aber dazu mehr. Zunächst einmal gibt es hier unzählige Reisebüros, die alle gleichermaßen Tibet-Touren,
Bhutan-Touren, Annapurna-Treks, Manaslu-Treks, Mount-Everest-Trecks, usw. anbieten. Also rein ins Getümmel und wir holen uns erst einmal Infos. Aber, was soll ich sagen? Dieses Exklusivrecht, in Tibet Touren veranstalten zu können, ist so unverschämt teuer, dass selbst mir die Luft wegbleibt. Wir wären da jetzt mal schnell 5000US$ los, für 8 Tage, von denen 2 Tage schon mal durch die Anreise wegfallen. Dann wird man in einem Hotel untergebracht, das als Bed & Breakfast-Style tituliert wird. Nach einem Tag verlässt man schon wieder Lhasa und wird 4 Tage durch Tibet gefahren, wobei man zwischen 6 und 8 Stunden im Auto sitzt. Tag 6 geht es zum Everest Base Camp (auf tibetischer Seite) und Tag 7 ist ausschließlich zur Rückfahrt nach
Lhasa vorgesehen. Also ein unbedingter Schnapper. Wir erbeten uns Bedenkzeit. Bei einem Kaffee haben wir dann mal recherchiert, was das Ganze denn kostet, wenn wir es mit einem deutschen Reiseveranstalter machen würden. Und siehe da, eine vergleichbare Tibet-Tour - allerdings 20 Tage lang (!) und nicht nur 8 Tage, kostet insgesamt knapp 4000 €, inklusive Flug. Wir haben das Angebot erst einmal mitgenommen, doch 5000US$ ist echt der Streifen zuviel. Dazu kommt, dass uns das Everest-Base-Camp nicht so richtig interessiert und 5 Klöster sind schön und gut, doch knapp 1600 Kilometer in 4 Tagen für einen 1,5 stündigen Besuch eines Klosters pro Tag, lacht uns jetzt gerade nicht so an. Wir haben nochmal unseren Hotelier auf
einen möglichen Kurztrip für 3-4 Tage in Lhasa angesetzt. Mal sehen, was er so rausfindet. Vermutlich wird es nicht viel günstiger. Die Tage treffen wir uns mit Mahir aus Beni, der gerade in Kathmandu ist, zum Kaffee und werden ihn auch nochmal auf die Tibet Thematik ansetzen. Vielleicht hat er ja Verbindungen und wir können diese mafiösen Strukturen etwas durchstoßen. Wir haben eruiert, dass jede Agentur in Thamel auf den gleichen, einheitlichen Preis kommen wird. Wir werden sehen. Jetzt gehen wir erst einmal bummeln, denn wir brauchen jeder eine größere Gepäcktasche, da wir ja jeder 30 Kilogramm Gepäck mit nach Hause nehmen können. Bonne nuit folks!
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