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  • AutorenbildIngo

Not spicy ist very spicy . . .

18. August 2023 - Von Krui nach Manna

KM 2501


Und ich sach noch, bitte nicht scharf! Aber hat nichts genützt! Jetzt haben wir das Malheur! Mein Hintern wird aussehen, wie die japanische Flagge! Wir sind kurz entschlossen, auf mein Betreiben hin - sei hier angemerkt, Seafood essen gegangen. Direkt neben unserem Hotel. Wir sind im Grand Hotel Seven One in Manna abgestiegen. Also, Grand Hotel hört sich jetzt schon doll an, ist aber eher so - hm - okay. Aber es kostet nur 18 Euro, die Bergziege steht direkt vor der Tür und wir müssen mit unseren Plünnen nicht weit laufen. Im Gegensatz zu unseren Etappen auf Java, kommen wir hier schneller voran und haben heute unser Tagesziel Manna schon um 14:30 Uhr erreicht. 202 Kilometer in 5 Stunden mit zwei Kaffeepausen. Nicht schlecht . . . Nun sitzen wir im Seafoodrestaurant und ich sach noch, nicht scharf! Die Situation hatten wir schon mal in Burma: Keiner spricht Englisch und dann wird einer geholt, von dem alle denken, er spricht Englisch. Wir zeigen auf das Seafoodmenue Nummer 1 und schreibt von der Karte alles ab? Macht mich schon stutzig! Er ist nervös, keine Frage, dann fragt er ob wir Reis wollen. Hä, zum Menü gehört 2x Reis dazu, das verstehe ich sogar ohne den Google Übersetzer zu Rate zu ziehen, inklusive einem Krug The (Tee). Dann tippt Anni in den Übersetzer ein, "Bitte nicht scharf würzen!" Er nickt und sagt "not spicy!" Sie breiten eine Plastikdecke auf dem Tisch aus,

kleben sie aufwendigst mit Tesa fest und schon kommt unser Tee, der sich als zuckersüßer, kalter Schwarztee entpuppt. Wir sind gespannt, als zwei Mann mit einem heißen Wok aus der Küche kommen und ihn vor uns auf die Plastikdecke schütten. Dann werden drei (!) Portionen Reis dazu gestellt. Reis bekommt man hier immer in einem Schälchen, das dann gestürzt wird und auf dem Teller dann einen schönen Kegelstumpf ergibt. Hier stehen jetzt drei Kegelstümpfe auf der Plastikdecke. Das Essen besteht aus einem Muschel-, Krabben-, Krebs-, und Tintenfischgemisch in irgend einer dunklen Soße. Ein bißchen enttäuschend, denn es gibt genau 2 Tinenfischringe, 2 Krabben - die so klein sind, dass sie eigentlich nicht mal hätten gefangen erden dürfen - eine leere Krebsoberschale und die restlichen Beine, Muscheln in rauen Mengen, ein Drittel ist leer, etliche nicht offen. Anni probiert die Soße, schaut mich an und schüttelt den Kopf, "kannst du nicht essen", soll das wohl heißen?!? Lange Rede kurzer Sinn: Meine Lippen fühlen sich an, wie frisch gebotoxt, meine Mundhöhle ist gefühllos und über den etwaigen Toilettengang will ich nicht nachdenken. Mit viel Reis ging es, aber mein Mund ist trotzdem seit Stunden ohne Nervenkontakt . . .

Von Krui aus folgen wir einfach der Küstenstraße nordwärts. Erst schlängelt sich die Straße noch durch kleine Dörfer, deren Bewohner mit der Neubepflanzung ihrer Reisfelder beschäftigt sind. Dann geht es wieder in die Berge, rauf auf 400 Meter über N.N.. Aber es ist nichts los auf den Straßen, schließlich ist Freitag morgen. Es läuft gut, bis auf die wirklich interessante und abwechslungsreichen Fahrbahnoberfläche. Bei uns nennen wir Oberflächen, die eine solche Form und Textur aufweisen, einen Feldweg! Dann kann es schonmal sein, dass wohl eine Baumwurzel durch den Asphalt kommt und dabei einen 20-30 cm hohen spitzen Kegel erzeugt - mittig auf der Fahrbahn. Geht, macht aber nicht immer Spass, fördert aber zumindest die Konzentrationkapazitäten. Auf einigen Steigungen, (hatte ich die indonesischen Steigungen erwähnt?) zieht sich mitten auf der Fahrbahn eine Serien an hubbeligen Erhöhungen unter dem Asphalt, dass man den Eindruck bekommt, hier wäre ein Drache einbetoniert worden, dessen Rückenpanzer noch so gerade vom Beton bedeckt wurde. Dann geht es wieder runter zum Meer an eine der schönsten Küstenabschnitte, die ich je gesehen habe. Wirklich - Superlative sind ja ein Problem, denn man kann sie nicht toppen, aber das war heute ganz toll. Raue und zerklüftete

Felsen, die von türkisen Wellen mit kräftiger Gischt umspült werden. Palmen und üppige Vegetation, die sich zum Meer hin recken. Die Straße windet sich kurvig entlang der felsigen Buchten. Immer wieder finden sich kleine, sandige Strandabschnitte, zwischen großen, zerklüfteten Felsen. Pittoreske, windschiefe Buden, das Holz vom Salznebel vergraut und vom Sand glattgeschliffen, reihen sich oberhalb dieser sandigen Abschnitte. Man kann sich an diesem Naturschauspiel gar nicht sattsehen. Eine Bucht ist schöner als die andere. In den Dörfern ziehen sich die Reisfelder bis zum Meer. Hinter manch felsiger Kurve, fernab der Seebrise, drückt heiße Luft schweißtreibend aus dem üppigen Grün. Mal ist der Straßenbelag

nagelneu, mal uralt. Dann muss man höllisch aufpassen, besonders an Brücken. Viele große und kleine Flussläufe kommen aus den Bergen und münden hier ins Meer. Die darüber führenden Brücken haben alle eins gemeinsam - doppelte Stahlkanten am Anfang und Ende der Brücke. Die können auch schon mal lose sein oder durch die Dynamik der Fahrzeugbelastungen mal 10 cm weit auseinandergehen oder sind noch mit einem zünftigen Schlagloch kombiniert. Also vor jeder Brücke abbremsen und an deren Ende auch - ist besser für die Federung von Mensch und Maschine. Immer wieder halten wir in den Buchten, wo eindrucksvoll die Gischt in hohen Fontänen über die Felsen schlägt. Es gibt Abschnitte, da wuchert der Regenwald bis an die Küste heran, die Vegetation hangelt sich buchstäblich über die Stromleitungen und bildet einen Tunnel für den darunter her sausenden Verkehr. Wird das Land flacher, ändert sich der Bewuchs, Palmen tauchen auf, verzweigte Wege führen durch die Haine hindurch und weisen den Weg

zum Strand. Um 11 Uhr machen wir unsere erste Pause, Irgendwo auf 360 Meter Höhe, bei einem Alfamaret. Kalter Kaffe und kaltes Wasser. Füße vertreten, Rücken durchlockern. Nebenan gibt es einen kleinen Kiosk mit einer sehr aufgeweckten jungen Dame, nebst Mutter. Sie hat keine Kontaktschwierigkeiten, ruft "Hallo Mister", was hier gendergerecht für Männer, Frauen und alle Anderen ist. Sie will Kontakt mit den zwei Bleichgesichtern. Als Anni aus dem Supermarkt kommt, gibt es für sie kein Halten mehr. Beide, Mutter und Tochter, sind einfach herzig. Natürlich gibt es ein Foto für die Verwandtschaft, schließlich ist das jetzt ein internationaler Kiosk. Als wir aufbrechen und schon auf dem Motorrad sitzen, macht sie eine

sehr berührende Geste. Sie nimmt jeweils Annis und meine behandschuhte Hand und legt sie sich zum Abschied flach auf ihre Stirn. Wir würden nie auf die Idee kommen, in Indonesien einem Kind die Hand auf den Kopf oder auch nur an den Kopf zu legen, denn das bringt "hier" Unglück. Wie gesagt, das war sehr berührend.

Etwa 90 Kilometer hinter Krui durchfahren wir wieder einen riesigen Steinbogen, auf dem Barisian Selatan NP steht. Der Nationalpark zieht sich durch die Berge, immer an der Küste entlang. Etliche Male haben wir Affen am Straßenrand, die uns genau beobachten. Einmal, als ich an einem sehr schönen Aussichtspunkt anhalten will, sitzt bereits ein massiges Exemplar am Rand und schaut uns interessiert an. Wir fahren weiter, denn was ich auf gar keinen Fall möchte, ist ein 20-30 Kg schwerer Primat, der auf der Bergziege hockt und das Gepäck inspiziert und ich bin handlungsunfähig, weil seine Zähne einfach länger, spitzer und größer sind!


Irgendwann kommen wir über eine ziemlich große, grell gelb-rot gestrichene Brücke, die sich über einen mächtigen Fluss spannt, der aus dem Barisian Selatan NP kommt. Am Ende ist eine sehr große Aufschrift angeschweißt, vor der die Indonesier fleißig Selfies machen. Jembatan Manula, steht da. Wir wissen nicht warum dort alle Fotos machen, folgen aber dem Trend und machen auch ein Foto.

Die bergige Straße aus dem Barisian Selatan NP endet wieder am Meer und folgt weiter der Küstenlinie. Um die Mittagszeit sind die Dörfer wie ausgestorben. Um 12:30 Uhr ist das freitägliche Mittagsgebet vorüber und die Gläubigen strömen alle heim oder in den Schatten der Kopibude. Es herrschen drückende Temperaturen um die 30 Grad und sobald man das Meer nicht mehr zu seiner Linken hat, ist auch die frische Brise weg, die für einen überaus angenehmen Fahrtwind sorgt. Aber jetzt läuft es super, die Straße ist breit, kein Verkehr mehr und die Bergziege fliegt nur so durch die sanften Kurven der Tiefebene. Inzwischen haben wir auch einen ziemlich relaxten Fahrstil bekommen, was sich darin äußert, dass wir gerne im 4. Gang schon mal steile Berge raufkacheln, wo wir uns vor 4 Wochen noch in die Hose gemacht hätten. Also lassen wir die Bergziege arbeiten und gleiten im Genießermodus durch die Tropen.

Kaffeepause am Strand. Kopi Susu und WC. Mit beidem kann die Raststation dienen. Der Kopi Susu ist wie immer, das WC ist ein Abenteuerklo. Viel gibt es da nicht zu erzählen, ich habe es fotografiert. Irgendwie scheint der Rastplatzbesitzer den Maurer nicht voll bezahlt zu haben, denn der hat das Häuschen wohl nicht fertig gebaut. Hauptsache ist aber, so meine ich, das der untere Teil vorhanden ist, also der mit der Schüssel . . .

Am Strand musste ich erst mal einen Selfiemarathon über mich ergehen lassen, da hatte ein Kleinbus Pause gemacht und alle Insassen wollte ein Selfie mit dem Bleichgesicht! Bonne nuit folks.


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