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AutorenbildIngo

Jasmin Latte und L-Steine . . .

Aktualisiert: 3. Aug. 2023

30. Juli 2023

KM 863


Unser Hotel ist echt traumschön, ohne Frage. Leider spricht hier niemand Englisch, aber so gar keins. Macht ja nix, dachten wir uns, schließlich ist der Google-Übersetzer inzwischen richtig super. Mit Müh und Not hatten wir für heute morgen um 9 Frühstück geordert, inklusive der Speisen und Getränke. Das war den Damen hier wichtig, genau zu wissen, was der werte Gast denn möchte. Ganz einfach, sollte man meinen, in der Menükarte auf Mi Goreng und Kopi Susu gezeigt. Wurde heftig mitgeschrieben, anerkennend genickt, gelächelt und alles war gut.

Geschlafen haben wir prächtig, so bis 4:30 Uhr. Dann musste die arabische Religionsfraktion wieder losjallern. Für gewöhnlich stört mich das nicht, aber in Borobudur ist man der Meinung Viel hilft viel! 1 Stunde krakeelen sie metallisch aus alten, verrosteten Lautsprechern ungefähr so unmelodisch wie ein Sack Muscheln. Dabei können gut gesungene Koransuren eigentlich ein ziemlicher Hörgenuss sein, so in Istanbul oder Kairo. Hier ist es so blechern, als würden morgens in der frühe rostige Kotflügel aneinandergerieben. Wo ich gerade bei Kotflügeln bin. Hier gibt es ausgedehnte Kübelwagensafaris. Jawohl, irgendein findiger Marketinggeist hat aus Mexiko etliche Kübelwagen gekauft, tiefer gelegt und in den unterschiedlichsten - möglichst grellen - Farben lackiert. Auf einem Sportplatz, unweit unseres Hotels beginnt und endet der ganze Spass immer. Alle haben riesig Laune und als wir mit der Bergziege im Verkehr hinterher schleichen, hören sich die Motoren tatsächlich an, wie die VW Käfer in meiner Jugend (jetzt keine Alterswitze!!!).

Das Frühstück verläuft planmäßig, also dass es um 9 beginnt. Der Kopi Susu ist eine heiße Tasse Milch! Beim näheren Probieren ist es heißer, grüner Jasmintee - ein Jasmin Latte, sozusagen. Zugegeben, unsere Laune ist leicht gereizt, so durch das frühmorgendliche Gejaller, jetzt schlägt es um in Heiterkeit. Wir müssen ein bißchen lachen. Die Belegschaft ist so nervös, weil sie kein Wort Englisch sprechen und wollen einfach keine Fehler machen. Also lächeln wir, sagen artig trima kashi bayan - Danke - und alle sind erleichtert. Dann gilt es zu planen, denn der Borobudur ist nicht einfach so zu besichtigen, es dürfen neuerdings täglich nicht mehr als 1200 Besucher den Tempel besteigen. Wir sind natürlich nicht vorbereitet und haben vor einem halben Jahr gebucht. Außerdem ist Sonntag, was bedeutet, dass der Ansturm auf die kulturellen Highlights des Landes wie das Rennen von LeMans sind. Ist ein bisschen wie Tisch reservieren, das geht mir inzwischen sowas von auf den Zeiger, nirgendwo kann man mehr spontan hinfahren, anscheinend auch nicht zum Borobudur.

Also hilft nur die List. Wir fahren nicht zum Ticketschalter, sondern ins Hotel Menohara. Menohara war übrigens eine wilde Schöne, die einen Sultan gegen den anderen ausspioniert hat. Hab vergessen welcher - Fakt ist, dass einer von den beiden ausgespionierten Mackern, völlig hin und weg war, von der Dame, dass er sie postwendend ehelichen wollte. Was aus dem Mädel geworden ist hab ich nicht verstanden, denn unser Kulturguide, hat eine mordmäßige Schneidezahnlücke und da geht schon mal die ein oder andere Silbe unter, auch, was mit der Ische Menohara passierte. Das Hotel Menohara liegt auf dem Tempelgelände und ist so ein Luxusbunker für kurzfristig angereiste Bleichgesichter, Die Security schreckt hoch, als wir rasant mit der Bergziege vorfahren, wollen uns schon des Tempelgeländes verweisen, aber als ich Hotel Menohara sage, werden sie ganz offen, lächeln und lassen uns zum Nobelschuppen vorfahren. Wir geben die Helme an der Rezeption ab und fragen nach Eintritt zum Tempel. Im Reiseführer steht, dass der Zugang zum Tempel auch über ein Hotelticket geht. Die Dame an der Rezeption sagt, dass es keine Tickets mehr gibt, sie aber telefonieren könne. Bitte, unbedingt - wir sind derweil an der Kaffeebar, dort könne sie uns erreichen. Der Securitymann gluckst, als er ihr Gesicht sieht und bringt uns zu einem richtig guten Kopi Susu. Aber auch so gar kein Vergleich mit dem Jasmin Susu von heute morgen.

Morgens gibt es immer einen riesigen Schub an Menschen, die den Borobudur sehen wollen. Der Verkaufsschlager ist der Sonnenaufgang auf dem Borobudur. Da kloppen sich schon die ersten Wellen, der aus Yogja heuangekarrten Touris. Es gibt zahllose Agenturen, die den Sonnenaufgang verkaufen, morgens Borobudur, nachmittags den Prambanan, der zwischen Borobudur-Stadt und Yogja liegt. Nun, ja - heute morgen war bis 11 Uhr völlige Dunstbewölkung, was bestimmt ziemlich viel Enttäuschung hervorgerufen hat . . . Da die meisten Touristen von Bali kommen, oder nach Bali weiterreisen, kann ich verstehen, dass sie den Borobudur so einplanen müssen.

Wir haben Glück und als mein Kaffee ausgetrunken ist, haben wir Tickets für die Tempelbesteigung, Bastlatschen (Keiner darf mehr mit eigenen Schuhen in den Tempel), einen offiziellen Badge und einen QR-Code, damit wir gescannt reingelassen werden. Irgendwie beschleicht mich das Gefühl, dass es heute 1202 Besucher sind . . . Anni schaut mich ein bisschen so an, als hatte ich beim Mau-Mau-spielen gezinkte Karten gehabt!

Um halb zwei gabelt uns unser Guide Aris auf und ein junger Mann aus Malaysia ist auch noch dabei - 1203 - sagt eine Stimme in meinem Kopf. Aris erklärt uns aufwendigst die Geschichte des Borobudur. Entstehung, buddhistische Grundsätze, Bauprinzipien, Entstehung, Blütezeit Untergang. Sehr anschaulich und bildlich, besonders der Untergang durch den Ausbruch des Merapis. Was zwar nicht erwiesen ist, aber durch alle historischen Quellen geistert und eine gute Katastrophengeschichte ist. Blood sells. "Außerdem", sagt Aris, "habt ihr heute Glück, denn der Merapi ist aus dem Dunst aufgetaucht und relativ klar zu sehen!" Dem ist tatsächlich auch so, als wir die unterste Platform erreichen, liegt auf der anderen Seite vom Tal sichtbar, dem Tempel gegenüber, der majestätische Kegel des fast 3000m hohen Vulkans.

Irgendwann zwischen 750 und 850 n. Chr. haben die Jungs den Backs in Angriff genommen. Genauer läßt sich das wohl nicht datieren. Die quadratischen Seitenlängen auf der untersten Stufe werden mit, je nach Literatur oder Guide, mit 117m bis 123m angegeben. Wenn ich so meine Matheaufgaben angegeben hätte . . . Tendiere zu Letzterem, denn das erzählt die Mehrheit. Es gibt 9 Ebenen, nach buddhistischen Verständnis, die Stufen zur Erleuchtung. Natürlich gibt es noch eine 10. Stufe, die große Stupa selbst, aber die kann eh kein Sterblicher erreichen, also braucht da sowieso niemand hinzugehen. Die unteren Ebenen sind balustradenförmig gestaltet, die Gänge mit Reliefen verziert, die alle vom Leben Buddhas und seines Vorlebens als Siddharta Gautama künden. Interessanterweise, wurde kein Mörtel bei der Erbauung benutzt, sondern die Steine sind so bearbeitet, dass sie L-förmig verzahnt Halt geben. Kluge Jungs! Rumgeschuftet haben wohl bis zu 10000 arme Schlucker, bis der Backs fertig war.

Die oberen drei Ebenen, wo man der Erleuchtung schon gefährlich nahe kommt, hat man 72 kleine Stupas kreisförmig um die große Stupa im Zentrum angeordnet. Die "Hülle" der Stupas ist "perforiert", denn im Innern jeder Stupa befindet sich eine Buddhastatur mit individueller Handhaltung, den Mudras. Diese fünf Handgesten haben alle unterschiedliche Bedeutung, die ich heute Abend hier nicht mehr aufzählen werde! Jawohl. Zwei der Stupas sind nur bis zur Hälfe gefertigt und lässt den Blick auf zwei Buddhafiguren frei. Ursprünglich waren es mal 432 Buddhafiguren am ganzen Tempel, aber der Zahn der Zeit, Mord und Todschlag, Vandalismus und, und, und haben etliche Figuren beschädigt, verstümmelt oder ganz entfernt. Irgendein Sultan hat mal Figuren, Türstürze und ich weiß nicht was noch alles einfach als Gastgeschenk dem König von Siam mitgebracht . . . Coole Nummer, stelle mir vor, wie unser OB zur Partnerstadt nach Orleans fährt und ein Paar Säulen vom Prinzipalmarkt als Gastgeschenk mit nimmt . . .

Es gab mehrere Restaurierungsperioden, bei der letzten hat man den ganzen Tempel auseinandergenommen, gereinigt, die Steine einzeln nummeriert (!) und legomäßig wieder zusammengebaut, 10 lange Jahre. Interessant finde ich, dass schon gut 100 Jahre nach Erbauung des Borobudur, der Tempel in Vergessenheit geriet. Vermutlich von Vulkanasche, Erde und Vegetation bedeckt, war er aus dem Sinn der Mensch. Schwer zu glauben, doch 1814 hat der englische Gouverneur Raffles eine teilweise Ausgrabung angeordnet. Dann hat man immer wieder gebuddelt und immer mehr freigelegt, wobei man auch das ein oder andere Sex-Relief gefunden hat, was aber natürlich heute aus religiöser Prüderie, wieder eingegraben wurde - oder zumindest versteckt hält. Diesen Teil der Führung hat unser Guide etwas verklausuliert . . .

Gegen frühen Nachmittag haben wir tatsächlich den ganzen Tempel irgendwie für uns, was seltsam ist, denn unzählige Schulkassen umrunden ihr nationales Kulturgut, ohne den Tempel zu besteigen. Natürlich habe ich sofort ein schlechtes Gewissen, da aber auch schon die kleinsten ein Kopftuch tragen, bin ich mir nicht sicher, ob hier nicht schon wieder die Religion mitmischt. Laut Cedric, ist die normale Schulbildung in den vergangenen Jahren sehr islamisiert worden und heute wird schon in der normalen Basisbildung Arabisch gelehrt, was nirgendwo in Indonesien gesprochen wird. Er erzählte, dass es das alles vor 10 Jahren in Indonesien nicht gegeben hätte. Nebenbei erwähnt, werden hektisch überall Koranschulen und Moscheen gebaut, bis in die kleinsten Dörfer. Das Abendgebet in Borobudur läuft zwei Stunden, von ca. 17:30 Uhr bis 19:30 Uhr, über Lautsprecher und in den frühen Morgenstunden eine Stunde von 4:30 Uhr bis 5:30 Uhr. Viel hilft viel?

Der Tempel ist wirklich unglaublich schön, wir sind immer noch ganz beseelt davon. Besonders haben uns die Reliefe gefallen, auch wenn sie nur noch teilweise erhalten sind, fallen immer die glücklichen und harmonischen Gesichtszüge der dargestellten Figuren auf.

Als ich unseren Guide frage, ob ich die Drohne benutzen könnte, schaut er mich an, als käme ich vom Mond, "Sure, why not?" Na ja, daheim gäbe es bestimmt 100 Gründe, die dagegen sprächen. Das kann er nicht verstehen . . .

Bei Einbruch der Dämmerung beginnen sich die Hänge des Merapis rot zu färben, was wir tatsächlich von unserem Hotelzimmer aus sehen können. Bonne nuit.


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1 Comment


marc.luetjens
Jul 30, 2023

KI fasst zusammen: Ich kann versuchen, die wichtigsten Punkte deines Textes zu einem kurzen Absatz zusammenzufassen, aber es wird wahrscheinlich nicht so lebendig oder humorvoll sein wie dein Originaltext. Hier ist ein Beispiel:

Du und deine Begleitung übernachtet ihr in einem schönen Hotel in Borobudur, wo ihr von den Gebetsrufen der Moscheen geweckt werdet.

Ihr bekommt ein ungewöhnliches Frühstück mit grünem Jasmintee statt Kaffee und plant euren Besuch des berühmten Tempels.

Ihr fahrt mit eurer Bergziege an der Küste entlang und erlebt eine abenteuerliche Offroad-Strecke mit Schlaglöchern und Kieseln.

Ihr kommt in einem Luxushotel an, das auf dem Tempelgelände liegt, und versucht, an Tickets für den Tempel zu kommen, indem ihr euch als Hotelgäste ausgebt.

Du und deine Begleitung besucht…

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