12. August 2023 - Von Cisolok nach Carita
KM 1884
Die Küste West Javas zeigt sich heute für uns wieder von der wilden Seite. Unsere zweite Kopi-Pause machen wir an einem weißen Sandstrand. Jawohl, der geneigte Leser hat richtig gehört. Weißer Sand. Wir kamen aus den Bergen und das Meer hatte auf einmal ein ganz andere Färbung, mehr ins Türkise gehend. Während wir so versonnen die Küstenstraße an einem langen Palmenhain entlanggondeln, tauchten immer "weiße" Lichtreflexe vom Meer her auf. Also nix wie in den nächsten Sandweg rein, unter den Palmen durch und hin zur Kopibude. Kaum zu glauben,
tatsächlich weißer Sand, und ein nahezu sauberer Strand. Wahnsinn! So ein richtiger Robinson Crusoe Strand, nur mit Kopi Susu. Palmen, Felsen im Wasser, eine richtige Brandung und eine kleine Bambusbank zum Chillen. Sehr angenehm im Halbschatten, mit Blick auf die wirklich ordentlich brausende Brandung. Ich laufe zu den Felsen und beim Blick zurück stelle ich mir immer vor, was wohl so ein holländischer Seemann, vielleicht aus Delft oder Groningen,
gedacht haben mag, als er im 18. Jahrhundert, das erste Mal in Batavia an Land ging. Wenn man im verregneten Middelburg an Bord eines Seelenverkäufer ging und dann diesen Küstenstreifen entdecken konnte. Palmen, rotbraune Felsen in der tosenden weißen Gischt der türkisen Wellen.
Also, wenn er Skorbut überstanden hatte, den Piraten am Äquator vor Belgisch Kongo entkam, den Verlockungen der Basare und Harems in Goa oder Lahore widerstand und nach zwei Jahren auf See, dann in Batavia landete. Allein der Anblick der verschwenderischen, tiefgrünen Natur, muss wohl für jeden Europäer betörend gewesen sein. Wenn der geneigte Leser das jetzt nicht nachvollziehen kann, dann fahre er mal an einem verregneten Novembertag nach Middelburg . . .
Die vergangenen Tage hatten wieder soviel visuellen Input, dass es sicher noch Monate braucht, um all desehene zu verarbeiten. Während wir da so auf unserer Bambusbank hocken, lasse ich alle Gedanken los und schaue nur aufs Meer . . .
Von Cisolok geht es heute in Richtung Labuan und Carita, was gut 180 Kilometer nordwärts sind. Von Carita sind es nur noch etwa 50 Kilometer zu den Fährterminals nach Sumatra. Nicht lange hinter Cisolok geht es plötzlich steil den Berg rauf, steil im Sinne von"indonesischen Steil" und nicht "bundesdeutschem Steil"! Binnen Minuten bringt uns ein richtig steiles Sträßchen auf 400 Meter über N.N.. Der Blick über die Bucht von Cisolok ist grandios, leider kann ich nirgendwo anhalten, da es keinen Seitenstreifen und keinerlei Leitplanke gibt. Es geht für 20 Kilometer immer rauf und runter. Was besonders viel Spass macht, sind sehr steile Anfahrten, die kurz vor der Kuppe dann noch eine ganz enge Serpentine haben, auf der sich ein Pritschenwagen im ersten Gang der Hügel raufmüht und der Bergziege ihren ganzen Schwung nimmt. Immer wieder müssen wir uns beide weit nach vorn legen, damit das Vorderrad auch genügend Bodenhaftung hat . . . Das war übrigens mit "indonesischem Steil" gemeint. Aber, seit dem Vulkanengebieten um Bogor oder am Merapi, sind wir drei in der Hinsicht ein gut eingespieltes Team! Außerdem ist die Straße nur wenig befahren, dass unsere Bergziege die ganze Kraft ihrer 120 Pferchen gut an den Boden bekommt.
Gestärkt von Kopi verlassen wir 10 Kilometer später die wunderschöne raue Küste und biegen ins Landesinnere ab. Auf der Landkarte ist es eine orangene Straße, die aber offenbar keiner nutzt und so fliegen wir über die Dörfer, die in der Mittagshitze wie ausgestorben sind.
Heute ist Samstag und daher sind gegen frühen Nachmittag viele Kinder auf den Straßen unterwegs. Das bringt mich zum Thema Drachen. Zu späterer Stunde stehen über fast allen Dörfer in Java Papier- oder Kunststoffdrachen am Himmel. Leider kann ich sie nie fotografieren, da ich ja am Steuer sitze. Aber, egal ob aus einem gelben Sack von Kinderhand gefertigt oder in ausgefallener Schmetterlingsform, Kinder rennen damit am Straßenrand auf und ab, um ihren Flieger in den Himmel zu bekommen. Begleitet wird das von lautem Lachen, glucksen und jener unbekümmerten Lebensfreude, derer nur Kinder fähig sind, die um sich herum die Welt vergessen haben. Da Wochenende ist, vergnügen sich vermutlich viele Väter ebenfalls dabei, denn mehrfach sehen wir Vater und Sohn auf dem Roller, einen riesigen Schmetterlingsdrachen im Gepäck. Besonders in Meeresnähe stehen viele Drachen am Himmel, was wohl der konstanten Brise geschuldet ist.
Wir übernachen im Sunset View Hotel in Carita, was in Ordnung ist, nichts Besonderes, aber, da wir morgen früh weiter Richtung Merak fahren, ist es einerlei. Die Bergziege parken wir in der Breakfast Lounge, da vor dem Hotel viele Autos parken und es dem Hotelpersonal lieber ist, und mir ehrlich gesagt auch. Anni versucht gerade bei booking ein Hotel zu finden, was auf der "Sumatraseite" von Indonesien liegt. Sie bekommt aber nur Hotels angezeigt, die auf der javanischen Seite liegen . . . Was soll ich sagen, Wunder über Wunder des Orients. Bonne nuit folks.
KI’s Geschichtsstunde für Dollyfahrer: Zu den berühmten holländischen Seefahrern, die von Middleburg nach Batavia segelten, gehören:
KI’s Geschichtsstunde für Dollyfahrer: Zu den berühmten holländischen Seefahrern, die von Middleburg nach Batavia segelten, gehören:
Abel Tasman (* 1603 in Lutjegast; † 1659 in Batavia), der auf seinen Entdeckungsreisen den australischen Kontinent umsegelte und als erster Europäer Neuseeland erreichte. Er war auch der Namensgeber für Tasmanien, die Tasmansee und mehrere Orte in Neuseeland. Er segelte 1642 mit zwei Schiffen, der Heemskerck und der Zeehaen, von Middleburg aus los und kehrte 1644 nach Batavia zurück.
Cornelis de Houtman (* 1565 in Gouda; † 1599 vor Sumatra), der als erster Niederländer den Seeweg nach Ostindien fand und damit das portugiesische Gewürzmonopol brach. Er führte 1595…