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AutorenbildIngo

Der Chili Panda . . .

24. Februar 2024 - Delhi

KM 19.091


Vor unserem Hotel leuchtet ein Restaurantschild, mit einem typisch indischen Tier darauf. Ich habe zwar Hunger, aber da werden mich keine 10 Pferde hinbekommen! Ich mag Pandas, wirklich - nur nicht mit Chili. Wenn ich mir die Augen anschaue, dann bin ich mir nicht sicher, ob da beim Panda nur Chili im Essen ist. Schon das Frühstück hatte wieder den gewissen Zusatz, der viel Wasser, Eiswürfel und am Besten einen Mangolassi notwendig macht. Aber, ich will mich nicht beklagen, schließlich sind wir freiwillig nach Indien geflogen . . .



Es ist viel passiert in den vergangenen drei Tagen. Unser Abschied aus Thailand verlief reibungslos. Morgens um halb 4 Uhr kam der Shuttle, 03:45 Uhr vor dem Terminal, 04:30 Uhr Gepäck aufgegeben. 04:35 Uhr festgestellt, dass wir nur den indischen Visa-Antrag ausgedruckt hatten und nicht das tatsächliche Visa. Das will Thai Airways aber unbedingt sehen. Netterweise sind die Thais auf diese Situation vorbereitet und haben einen Print-Service für diese Fälle. Da wir schon alle Unterlagen in Laos ausgedruckt hatten, haben wir gar nicht mehr daran gedacht, dass es nicht die tatsächlichen Visaformulare waren. Somit sind wir um 5 Uhr beim Sicherheitscheck und kommen ohne großes Trara durch, außer, dass ich unsere Powerbank vorzeigen muss. Dann los durch den Airport. Bangkok Suvarnabhumi ist so geleckt, da kann man vom Boden essen. Riesig groß das Ganze und natürlich müssen wir zum Gate C1A, was so ziemlich am Entferntesten von der Sicherheitsschleuse liegt. Wir kommen 5 Minuten vor dem Boarding an und können quasi sofort durchgehen. Der Flieger ist nur halb voll und dementsprechend ist die Maschine auch nicht die Größte. Aber nix wie los, zum Sonnenaufgang rauf auf das Rollfeld und los.




In Bangkok ist in der Luft noch nicht viel los, als wir pünktlich um 07 Uhr abheben und in den leicht bewölkten Himmel starten. Wir überfliegen Bangkok, wobei sich uns ein toller Blick über den Chao Phraya River bietet und in Richtung Myanmar ist der Himmel dann auch wolkenlos. Unter uns gleiten die rauen Berge Südburmas dahin. Was im ersten, flüchtigen Hinschauen wie Schnee aussieht, entpuppt sich als Morgennebel, der tief in den Tälern hängt. Kaum überfliegen



wir den Golf von Bengalen, wird es ruppig. Nicht richtig übel, aber schon sehr wackelig. Viel bekomme ich nicht mit, denn schon nach zwei Dritteln des neuen Hercule Poirot-Films, bin ich eingeschlafen und steige erst wieder kurz vor der Landung in Delhi, von Orpheus fliegendem Teppich. Ein Blick auf die Übersicht des Flightradars zeigt, dass heute morgen über Indien so flugmäßig schon richtig der Bär steppt. Die Maschine setzt mit einem ziemlich Ruck auf, sodass wir vermuten, die Landung hat der Praktikant gemacht. Auch der Tritt auf die Bremse erfolgt in etwa so gefühlvoll wie bei mir, wenn ich von meinem alten Land Rover auf Annis modernen Smart umsteige.




In Delhi ist auf dem Flughafen schon mehr los. Große und kleine Maschinen jedweder Airline kommen und gehen und es dauert ein wenig, bis der Kapitän eingeparkt hat. Die Einreise wird ein wenig kitzlig, denn der Import meines kleinen Fliewatüts ist in Indien strengstens verboten. Und spätestens, seit dem Anschlag auf das Hotel in Mumbai 2008 ist hier überall heftigste Sicherheitsüberwachung angesagt. Doch die Einreise verläuft ohne "Probleme", die beginnen erst, als wir den Flughafen verlassen. Wir suchen ein Taxi, dass uns zum Hotel bringt. Laut Booking liegt es keine 2 Kilometer vom Terminal entfernt, doch alle Taxifahrer beharren darauf, dass die Distanz zum Hotel 8 Kilometer beträgt. Daher wollen sie einen exorbitant hohen Preis. Der erfahrene Indienreisende wird natürlich nicht dem Nepp des Transportgewerbes erliegen, nein! So laufen wir los. An der Stelle, wo Booking das Hotel verzeichnet hat, nicht nur unseres, sondern ein gutes Dutzend Airport Hotels, befindet sich der Cargoterminal mit seinen Zollabfertigungen. Nun ja, das wußten wir. Daher haben wir das ja auch gebucht, damit wir fussläufig die Bergziege erreichen können. Lange Rede kurzer Sinn, diese Hotels, die dort alle eingezeichnet sind, liegen alle gesammelt etwa 8 Kilometer vom internationalen Arrival Terminal des Flughafens entfernt - genau, wie alle Taxifahrer prophezeit hatten.


Außerdem liegt das Cargo-/Zollgelände nun knapp 4 Kilometer von unserem Hotel entfernt. Das Viertel, in dem all diese Hotels liegen, heißt Malhipalpur und ist eine immense Verschachtelung von neuen und alten Betonblöcken, verwinkelten Gassen, schlaglochübersäten kleinen Straßen, voller Unrat und Bauschutt. Unser Hotel ist schon mit 17 € die Nacht völlig überbezahlt. Schmuddlig, verdreckt, mit gelangweilten und ziemlich unfreundlichen jungen Herren, die kaum Englisch sprechen. Das Zimmer hat keine Ablagefläche, ist verschimmelt und so oberflächlich gereinigt, dass eigentlich nur das Fehlen von Kakerlaken als Bonus angesehen werden kann.



Die Bilder auf Booking sind so geschönt, dass ich tatsächlich mal eine richtige Beschwerdemail verfassen werde. Wir machen uns natürlich sofort auf den Weg zurück zum Cargo Terminal, denn inzwischen ist unsere Air Bill per Mail eingegangen und uns auch der Standort, sowie Ansprechpartner bei Thai Airways Cargo mitgeteilt worden. Gegen frühen Nachmittag sind wir in den Büros von Thai Airways Cargo und klären die Übergabe. Man empfiehlt uns einen Agenten zu beauftragen, der mit dem Zoll alle Formalitäten klärt. Wir tauschen Kontaktdaten, schreiben den Herrn an und machen uns auf den Heimweg. Da wir jetzt schon über 12 Stunden auf den Beinen sind, wollen wir nur noch was essen und uns hinhauen, damit wir morgen alles klären können und dieses Schmuddelhotel verlassen können.

Gestern morgen um 9 Uhr haben wir immer noch nichts vom "Agenten " gehört. Ich schreibe ihn erneut an und wir müssen eine Entscheidung treffen. Wechseln wir das Hotel oder nicht. Denn, ob wir die Bergziege Freitags aus dem Zoll bekommen ist fraglich, so ohne Hilfe. Erneut ziehen wir Booking zu Rate für ein neues Hotel. Dabei stellen wir fest, dass alle Hotels, die wir in Flughafennähe finden, alle nicht in Flughafennähe sind. Entweder kosten die Hotels alle um die 15-20 € pro Nacht oder ab 200 € Euro aufwärts. Selbst die teueren Hotels haben Bewertungen, die echt auf keine Kuhhaut gehen. Wir lesen nur noch die Google Bewertungen,



denn den Booking-Bewertungen kann man hier in Delhi nicht trauen. Wir lesen von Fällen, wo der Hotelmitarbeiter gesagt hat, dass er die Buchungen nicht im Computer finden kann, sich dann das Handy der Touristin hat geben lassen - angeblich, um sich die Buchung anzusehen - und in Windeseile dabei sofort eine Bewertung mit 5 Sternen im Gerät der Touristin vornahm. In der Schmuddelgasse, in der wir wohnen, stehen bestimmt 10 Hotels und ich beschließe persönlich mir ein paar Zimmer anzuschauen. Ich lasse mir in 6 verschiedenen Hotels Zimmer zeigen und es stellt sich heraus, dass alle den gleichen Preis nehmen, ungeachtet der Booking Preise, alle Zimmer gleich scheiße aussehen und alle Hotels von dem gleichen Typ Mann an der Rezeption gemanaged werden. Überhaupt, das gesamte Viertel wird von jungen Männern bevölkert, Frauen tauchen gar nicht auf. Selbst bei uns im Hotel arbeiten nur junge Männer. Selbst das Housekeeping machen hier nur junge Kerle. Irgendwie seltsam. Als wir ankamen, lag der Houskeeping-Kerl, bei offener Tür, auf dem ungemachten Bett, welches er eigentlich frisch beziehen sollte und pennte. Die meisten Touristen bleiben nur eine Nacht, vielleicht auch maximal nur ein paar Stunden. Daher gibt es kaum richtig Beschwerden. Den meisten lohnt der Aufwand nicht. Verständlich, doch wir müssen vielleicht noch eine dritte Nacht hier verbringen. Vorerst ist jedoch das Ergebnis meiner Ziummerrallye: Wir bleiben eine weitere Nacht in diesem Hotel, denn es ist von den beschissenen Beschisshotels, das am wenigste Beschissene.



Derzeit ist es kühl in Delhi. Morgens hat es meist so 17-20 Grad und die Sonne bekommt erst gegen Mittag eine angenehme Wärme. Daher ist es im Tshirt echt ein wenig kühl, was ich tatsächlich unterschätze. Schließlich kommen wir gerade aus dem 36 Grad heißen Bangkok. Wir laufen die 3 Kilometer zum Cargo-Terminal und versuchen unser Glück allein, denn der "Agent" hat sich nicht bei uns gemeldet und so haben wir einen ganzen Tag verloren. Wir schauen zuerst beim Custom House vorbei und treffen auf einen Mitarbeiter, der der totale Motorradfreak ist. Was ein Zufall, ein glücklicher Zufall. Es sagt mir genau, zu wem wir gehen müssen. Also zotteln wir los, wieder mal zum Gate 6. Unterwegs holt er uns ein. Er will uns helfen, die Prozedur möglichst schnell hinter uns zu bringen. Wirklich Glück! Leider sind die Herren vom Sicherheitsdienst zu Tisch und wir müssen auf das Ausstellen des Ausweises warten und er muss leider zurück an seinen Schreibtisch. Das ist Pech, doch immerhin haben wir einen Namen. Leider können wir den besagten Herren nicht finden und werden weiter geschickt. Wir sind ohne Frühstück gestartet, sodass wir nun im McDonalds am Cargo Terminal Mittagspause machen. Übrigens ist nur der Fish Mac chilifrei, alles andere hat wieder mal eine leicht betäubende Wirkung auf meine Mundhöhle. Aber immerhin haben wir mal die indische Menükarte von McDonalds ausprobiert. Kann nicht jeder behaupten. Nun ist es Zeit den Custom Superintendant Ajay Palimpalim zu finden. Unterwegs treffen wir wieder auf den motorradversessenen Herrn, der Angst hatte, dass wir unter die Räder kommen. Also hat er seinen Custom Superintendant im Schlepptau und sie bringen uns zu Ajay Palimpalim, der sofort Unterstützung zusichert und uns mit drei Mitarbeitern versorgt.



Als wir noch erwähnen, dass der Agent sich einfach nicht gemeldet hat, sehen sie den internationalen Ruf der indischen Gastfreundschaft in Gefahr und legen sich ins Zeug. 3 Stunden lang hasten wir über den Compound des Zollgeländes. In jedem Büro sind wir der Topact. Wir werden in einen Sessel gedrückt und bekommen immer eine Flasche Wasser serviert. Alles Einwegflaschen. Meist sitzen wir dabei unter dem Schild Single-Use Plastic Free Zone! Aha, so so - was soll ich sagen? Wir haben alle Papiere, nur ein Schreiben der Mumbai Motor Association fehlt. Ich frage vorsichtig nach, warum das so wichtig sei, schließlich sei der Carnet von der Indischen Motor Association gegengezeichnet. "TiI - This is India!" Aha, so so. Sie schreiben eine Mail, fügen alle unsere Unterlagen an und ab durch den digitalen Orbit nach Mumbai. Das Telefon dort ist dauerbesetzt. Sie hoffen, dass die Mail durchgeht. Aber es sei Freitag . . . Also, wenn ich das alles richtig verstanden habe, ist die Mumbai Motor Association so mächtig, dass sie ohne zu zögern den indischen Zoll verklagen würde, weil sie nicht gefragt worden sind. Der international und von Indiens oberster Automobil Vereinigung anerkannte Carnet, hat für die Jungs in Mumbai keine Relevanz. Das Schreiben ist nur proforma. Gegen 17:30 Uhr hocken wir immer noch in der Cafeteria des Zollgeländes. Die Herren haben inzwischen ein Meeting, doch ich bekomme alle mails im Durchschlag und kann sehen, dass sie sich richtig ins Zeug legen. Doch vor Montag wird nun nichts passieren, was mich zugegebenermaßen echt nervt.



Das Abendessen verbringen wir in einem Restaurant mit Blick auf die große Kreuzung von Mahipalpur. Da tobt indisches Leben pur. Ich bin wirklich enttäuscht, denn wir verlieren zwei Tage, in denen wir schon auf dem Weg nach Jaipur sein könnten. Beide sind wir ziemlich erschlagen und so bestaunen wir das krasse Schaupiel, was sich auf dieser Kreuzung abspielt. Wie anders doch schon die ersten Tage hier in Indien sind, wenn man gerade aus dem Land der unbedingten Höflichkeit kommt. Selbst für Indien sind die Hotelmitarbeiter hier richtig grob. Aber immerhin haben wir beim Zoll derartig tolle Erfahrungen gemacht, dass das schon allein unsere Hotelsituation wett macht. Morgen suchen wir uns ein anderes Hotel, so viel ist mal sicher! Bonne nuit folks!

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