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Banana Road oder Rubber Road . . .

06./07. Januar 2024 - Von Champasak über Tad Lo nach Pakse

KM 15850


Bei angenehmen 24 Grad Morgentemperatur verlassen wir das stille Örtchen Champasak. Uns hat es hier ausnehmend gut gefallen, was sicher auch an dem schön gelegenen und sehr gepflegten Hotel Nakorn River View gelegen hat. Die alte Königsstadt Champasak macht zwar nicht mehr so richtig in Royalty, doch die Teakhäuser, die unmittelbare Nähe zum Mekong und das ziemlich gepflegte Ambiente, ist eher ungewöhnlich für Laos. Zumindest für den Süden, also der Teil, den wir bereits bereist haben. Die Schnellstraße nach Pakse verläuft parallel zu Champasak und so nehmen wir ein längeres Stück Dorfstraße in Kauf, weil es einfach cosy und schön anzuschauen ist. Man ist hier sehr entspannt, wie überhaupt fast alles in Laos So richtig hektisch wird es nicht einmal im Hinblick auf den Verkehr. Kühe lungern in den frühen Morgenstunden noch im Wat rum, was für alle in Ordnung ist, schließlich weiß ja kein gläubiger Buddhist, ob das da nicht gerade seine Urgroßmutter ist, die als milchkaffeefarbenes Kälbchen wiedergebogen wurde. Also wird hier niemand aus dem Wat gejagt, auch keine Kuh.




Über kleinen Flussläufen, die in den Mekong münden, findet man immer noch alte Brücken aus x-förmigen Stahlkonstruktionen. Der Belag ist meist aus längst verlegten Holzbohlen, wo schon mal etliche fehlen können. Aber auch das bringt hier niemanden mehr aus der Ruhe. Mich inzwischen auch nicht mehr, denn diese Brückenart ist überall in Laos das gängige Konstruktionsmittel, um Flüsse zu überqueren. Als wir wieder die Sandpiste erreichen, die zum Fähranleger führt, biegen wir auf die Schnellstraße nach Pakse ab und können das Tempo erhöhen, da wir heute eine zweitägige Rundtour über das Bolaven Plateau fahren wollen.




2008 war ich schon einmal in Pakse und meiner Erinnerung nach, war hier nicht viel los. Es gab zwar schon rudimentären Kaffeeanbau, aber ansonsten war es eher ein verschlafenes Nest am Mekong mit einem kleinen Flugfeld, auf dem die Maschine aus Siem Reap landen konnte. Heute ist Pakse die zweitgrößte Stadt in Laos. Als wir die große Brücke überqueren, zeigt sich ein ganz anderes Bild, als ich es in Erinnerung habe. Linksseitig neben der Brücke, hat man einen neobarocken Prachtbau hingeflanscht, der aber Privatwohnungen enthält und kein offizieller Kommunenprachtbau ist. Kuppeln sind architektonisch gerade mega en vogue hier. Der geneigte Laote demonstriert wirtschaftlichen Erfolg mit einer Kuppel. Aber vielleicht sind das die rudimentären Überbleibsel des französisch Indochinachicks. Wer weiß das schon?



Die Franzosen errichteten hier 1905 einen Verwaltungsposten, also - einen Verwaltungsaußenposten. Die Stadt war ja eigentlich die Hauptstadt des laotischen Königreichs Champasak, bis 1946 einer die Idee hatte, das Gesamtkönigreich Laos zu gründen. Dann wird es kompliziert, wie eigentlich ja alle geopolitischen Entscheidungen immer kompliziert werden. Als die Franzosen und die Thailänder mit ihrem Krieg fertig waren, wurden geopolitisch auf dem Schlichtungsreisbrett die Provinzklötzchen hin- und hergeschoben. Die Franzosen schoben die Provinz Preah Vihear, die früher zu Französischen-Kambodscha gehörte, sowie den auf der anderen Seite des Mekong von Pakse gelegenen Teil der Provinz Champasak, der zu Laos gehörte, zu Thailand rüber. Danach verlieren sich die historischen Klarheiten in Bürgerkriegen, amerikanischen Bombardements, vietnamesischer Einflüsse und, und, und. Im ganzen Durcheinander gewannen die Streitkräfte der Pathet Lao die Oberhand und Pakse fiel 1975. Nach 1975 erlangte Pakse erhebliche wirtschaftliche Bedeutung in der Region. Das ist mir 2008 doch tatsächlich entgangen. Aber nun gut, vielleicht war der schwarze Kaffee, den ich nachweislich damals hier irgendwo getrunken habe, wieder mal so stark, dass mein Gehirn aus Verzweiflung einfach abgeschaltet hat. Möglich ist alles. Die riesige Brücke, die wir benutzen, ist mit japanischer Hilfe errichtet und ermöglicht heute den Straßenverkehr mit Ubon Ratchathani in Thailand und hat die Stadt somit weiter mit den Nachbarländern verbunden. Aber wir wollen ja nur durch Pakse durchfahren und auf das Bolaven-Plateau.



Aus Pakse heraus ist der Verkehr noch mäßig, doch sobald wir die Stadtgrenze hinter uns gelassen haben, ist gar nichts mehr los. Wir sind auf dem Weg in die große Kaffeeregion von Südlaos. Anhand der überladenen Busse kann man erahnen, dass wir auf dem Weg in die



absolute Peripherie sind. Aber keiner dieser Busse ist je so voll, dass er nicht noch jemandem Platz bieten würde. Immer wieder tauchen Menschen am Straßenrand auf, sauber Kartons und

Kunststoffsäcke neben sich bereitgestellt, sodass man nur noch auf einen der Überlandbusse warten muss.

Das Bolaven-Plateau ist eine erhöhte Region im Süden von Laos. Es erstreckt sich hauptsächlich über die Provinz Champasak, aber auch über die Provinzen Salavan, Sekong und Attapeu. Dabei reicht es bis an die vietnamesische Grenze. Pikanterweise führten Teile des Ho-Chi-Minh-Pfads durch den östlichen Rand des Bolaven-Plateaus, sodass die Amerikaner sich bemüßigt fühlten, die Region bis nach Paksong ordentlich zu bombardieren. Trotz der breiten Straßen lässt sich nicht vermeiden, dass Kühe ebenfalls den Vorzug begradigter Bewegungsflächen nutzen, aber, solange sie sich an die Fahrtrichtung halten, stört das hier keinen Menschen. Von Pakse aus führt eine breite Straße, natürlich ohne Markierungen - wozu



auch, lächerlich - immer stetig bergauf. Die Ränder sind gesäumt von von den typisch laotischen Holzhäusern. Flach, langgezogen, auf Stelzen und immer mit einer Kombination verschachtelter Giebelkonstruktionen versehen. Einmal von der Hauptstraße auf den soge- nannten Bolaven-Loop abgebogen, ist man im Nirgendwo. Der Bolaven-Loop besteht aus zwei möglichen Strecken, einmal der kürzere Rundweg von etwa 180 Kilometern oder die große Runde von etwa 350 Kilometern, bis man wieder in Pakse ankommt. Wir haben uns für die zweitägige Runde entschieden und machen nach 100 Kilometern heute in Tad Lo Zwischenstation für die Nacht. Wir sind schließlich im Urlaub und nicht auf der Flucht. Die Straßenverhältnisse sind ausgezeichnet, von ein paar Schlaglöchern mal abgesehen. Alles in allem, hat die kommunale Regierung in Pakse die Straße massiv ausgebaut und erweitert. Nur nicht bei den Brücken, die immer noch aus der französischen Periode Indochinas zu stammen scheinen. Natürlich wurde nicht wegen der paar Bleichgesichter die Straße ausgebaut,



sondern in erster Linie, weil die Region wirtschaftlich nationale und internationale Bedeutung erlangt hat. Hier wird alles angebaut, was man sich nur vorstellen kann. Gewürze, darunter besonders Pfeffer und Kardamom, Kaffee, Tee, Manjok, Bananen, Mangos und außerdem stehen hier etliche Gummibaumplantagen. Die Einen wolle nicht, dass die Ringstraße Bolaven-Loop genannt wird, sie bevorzugen "Banana-Road". Vietnamesische Investoren haben allerdings auch riesige Flächen des Plateaus angemietet und betreiben darauf Kautschukgewinnung, sodass die Andere für den Namen "Rubber-Road" plädieren.



Die Fahrt über das Plateau ist herrlich. Es ist angenehm warm, so 28 Grad, dabei haben wir die Sonne immer im Rücken und der Fahrtwind ist außerdem super erfrischend. Die Höhe des Plateaus liegt zwischen 1.000 und 1.350 Metern über N.N.. Für uns ist es allerdings definitiv weder die "Banana-Road" noch die "Rubber-Road", so viel ist mal sicher. Für uns wird gerade augenscheinlich am meisten Manjok angebaut, gehegt und geerntet. Die Wurzeln werden - manuell (!) - gehäckselt und auf riesigen Planen entlang der Straße, auf Dorfplätzen oder vorm eigenen Haus zum Trocknen in die Sonne gelegt. Definitiv, "Manjok-Road"! Beim Kaffee - bei Mr. Vieng - sind wir uns ziemlich einig, dass wir einfach mal recherchieren werden, was so aus Manjok alles hergestellt wird. Neben den getrockneten Häckseln passieren wir ebenfalls große Kooperativen, auf deren Höfen die trockenen Häcksel zu Pulver gemahlen werden.




Mr. Vieng hat eine Kaffeeplantage und wird in unserem Reiseführer erwähnt. Ein kleines, handgemaltes Schild, in der Größe DIN A3 - Anni hat es in der letzten Sekunde erspäht - lotst uns durch ein paar geschotterte Dorfwege vor ein palmenblattgedecktes Haus, dessen ganze Erscheinung mich eher an Kenya, als an Laos denken lässt. Überhaupt, die Erde ist so tiefrot, häufig stehen große, weit ausladende Akazien am Rande der Straße, dass wir uns unwillkürlich nach Ostafrika versetzt fühlen. In einer italienischen Espressomaschine werden zwei, sagen wir







mal vorsichtig, dunkle Flüssigkeiten aufgebrüht und zusammen mit einem - gefühlten - Fingerhut voll gesüßter Kondensmilch an uns überreicht. Brauche mehr Milch, mein Schicksal in Pakse, war schon 2008 so (!). Mit der doppelten Portion Milch geht es dann, auch wenn ich das Gefühl habe, dass ich beim Verlassen der Plantage, gemäß meiner Herzfrequenz ruckartig am Gashahn ziehe.

Das Bolaven-Plateau ist auch die Heimat etlicher Wasserfälle. Es wird von mehreren Flüssen durchzogen, die durch unterschiedlichsten Höhen, für malerische Wasserfälle sorgen. Natürlich ist die Regenzeit schon länger vorbei und wie wir bei den Mekong Fällen gesehen haben, hat der Mekong gerade einen ziemlich niedrigen Wasserstand. Wir halten dennoch an und besuchen unseren ersten Wasserfall auf dem Bolaven-Plateau. Dazu müssen wir hunderte von



Betonstufen herabsteigen und enden direkt auf der Felsenplatte, über die das Wasser in die Tiefe stürzt. Daheim gäbe es überhaupt keine Möglichkeit, so nah an eine derartige hohe Wasserfallkante zu gelangen. Absperrungen, Schilder, Warnungen, Eltern haften für ihre Kinder usw. Hier geht das. In der warmen Nachmittagssonne sitzen wir völlig allein auf den glattgeschliffenen Felsformationen und genießen einen sagenhaften Blick über das unter uns liegende Plateau.




Der Name Bolaven bezieht sich auf die ethnische Gruppe der Laven, die die Region historisch dominiert hat. So lese ich das in unserem Reiseführer. Allerdings haben inländische Migrationen der laotischen Volksgruppe (die etwa 50 bis 60 Prozent der Bevölkerung von Laos ausmacht) zu weitverbreiteten interethnischen Ehen geführt und so die ethnische Zusammensetzung der Region verändert. Aha, so so. Wie dem auch sei, bisher haben wir nur jede Menge Laven beim Manjokanbau gesehen, oder auch interethnische Laolaven, aber so richtig Kaffee war bisher



nur Hörensagen. Wir übernachten in der Tad Lo Lodge, ein ehemals sehr hochpreisiges, schön gelegenen Hotel. Doch auch die Nähe zum Wasserfall, ein anderer Wasserfall natürlich (!), kann nicht darüber hinwegtäuschen, dass der Laden marode ist und damit nicht mehr zu empfehlen. Vielleicht liegt das aber auch an der vietnamesischen Reisegruppe, die durchgehend, bei voller Ghettoblasterlausstärke, vietnamesischen Lovepop dudelte und sich schlichtweg so laut



besoff, dass ich tatsächlich nicht einschlafen konnte. Als ich endlich schlief, so gegen 4:30 Uhr, legten sie wieder los und fingen mit einer Rap-Karaoke an. Dem, inzwischen chinesischen Hotelier, war es egal und wir kommen bestimmt nicht wieder. Außerdem gibt es in den Zimmern kein WLAN . . . Doch es ist tollstes Wetter, mit schönem Morgenlicht, sodass das Fliewatüt nocheinmal zum Einsatz kommt und über das Bolaven-Plateau fliegt. Nach Pakse sind es von Tad Lo auch nur gut 115 Kilometer, die wir



gemütlich fahren. Das Licht, die angenehme Wärme und die herzigen Dörfer mit ihren Holzhäusern runden diese schöne Motorradtour ab. Natürlich gibt es auch Wolken im Paradies. Die kleinen Dörfer ist meist penibelst sauber, die Vorplätze vor den Häusern gefegt und das Miteinander findet in der Mitte des Dorfes statt. Doch sobald wir in Kleinstädte kommen, meist da wo große Kooperativen weitläufige Verabeitungsflächen haben, wird mit Beton gebaut und die Straßenränder geben die gesamte Palette der nationalen und internationalen Plastikhersteller wieder. Die Landschaft ist so wunderschön und keiner fühlt sich bemüßigt . . .







Hinter Paksong geht es dann richtig mit dem Kaffeeanbau los - aber so richtig. Da reiht sich Kaffeeplantage an Kaffeeplantage. Die tiefgrünen Kaffeebäume sind gut von der Straße aus zu sehen und auch hier und da sind ganze Abschnitte mit weißen Blüten versehen. Wir halten



an irgendeiner Plantage an, wo neben dem Kaffeeanbau auch noch ein Café betrieben wird. Das Zeug ist großartig. Ein richtiger Latte wird produziert, ohne, dass ich eine Zeichnung machen muss. Wir trinken gleich Zwei. Bei den Pakser´Altölproduzenten weiß man ja nicht, wann man mal wieder ein so hervorragendes Milchmischgetränk bekommt. Jawohl. Im Garten der



Plantage stehen zwischen den Kaffeebäumen auch exorbitant große Bambuspflanzen, wie ich sie selbst nicht einmal in China gesehen habe. Daneben kommt die Rösterei und das Kaffeehaus wie eine Legoland-Miniatur daher. Gegen frühen Nachmittag sind wir wieder in Pakse. Die Nacht werden wir im Hotel Jardin verbringen, einem französischen Überbleibsel aus alten Indochinatagen. Bonne nuit folks!




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