15. Dezember 2023 - Angkor Tempelbezirk
KM 14297
Heute waren wir kulturfaul, irgendwie war das so. Wir haben nur einen Tempel geschafft. Na ja eigentlich zwei, aber ich fürchte, der zählt nicht so richtig. Das ist ja nur eine Steinpyramide mitten im Wald. Wie das gute Stück heißt, das weiß ich nicht. Auf jeden Fall liegt er da so schön in der Morgensonnen, unter blauem Himmel und begleitet von den kreischenden Kompressorzikaden. Ganz romantisch also. Direkt neben dem Wassergraben von Angkor Thom und auf der anderen Seite liegt der Hügel mit dem Phnom Bakheng. Jeder Reisebus brettert an dem steinernden Kleinod vorbei und stoppt erst 100 Meter weiter am Südtor. Aber wir haben Zeit und so binden wir die Bergziege bei einigen Kakhiuniformen an. Der Wald um die Pyramide ist eher licht und trotz der gerde erst zu Ende gegangenen Regenzeit, liegt ein Teppich von
trockenen Blättern am Boden, die unter unseren Schuhen lautstark knacken. Heute morgen war es wolkenlos, was der Wetterbericht für die kommenden 3 Tage vorausgesagt hat, sodass wir schon Pläne für morgen und übermorgen haben. Die Treppe der Pyramide ist elendig steil, doch Indiana Jones läßt sich nicht von steilen Treppen abhalten, nein nein. Der Tempel hat nur sein steinerndes "Grundgerüst", die eigentlichen dekorativen Verblendungen fehlen noch, sind abgefallen oder verwittert. Das ist bei einigen Tempeln hier der Fall. Da hat man rege Bautätigkeit allenorts und der Inneneinrichter ist nicht mehr zum Zug gekommen. Da Angkor die verschiedensten Bauphasen, durch die verschiedensten Herrscher erfahren hat, stehen auch überall wohl ähnliche Tempel und Stupas, aber nicht immer baugleich. Unser Ziel ist es, die Tempel von Jaya Nr. 7 zu besuchen und da fehlte uns noch der Banteay Kdei, der etwas außerhalb von Angkor Thom, förmlich hinter dem Ta Prohm liegt.
In einer etwas klösterlich anmutenden Kammer, auf der obersten Ebene der Pyramide, liegt ein Buddha oder vielmehr liegt ein liegender Buddha. Etwas befremdlich, so mit seinen rot gefärbten Lippen und Fußnägeln. Aber, nun gut. Außer dem Liegenden Buddha, stehen auch jede Menge Putzmittel in dem kleinen sakralen Räumchen, was wir irgendwie ein bißchen süß finden. Da es bautechnisch in dieser Kammer einfach keine Seitenräume geben kann, ist das einfach sehr rührig, wie da der Feudel und die Sprühflaschen auf einer Bank geparkt werden
und auch irgendiwe sehr menschlich. Runter von der Pyramide ist schon spannend. Super steil und der Stein ist derartig aufgeheizt, dass man sich nur bedingt festhalten kann, zumal ich wieder mal eine Kamera in Hand habe. Vis a vis liegt das Südtor von Angkor Thom, das wunderschön in der Morgensonne liegt. Wir stehen am schattigen Ufer und genießen einfach die
Zeit und Ruhe, mit der wir hier durch die Anlage fahren und laufen können. Das Südtor ist ein absoluter In-Spot, würde ich es mal nennen. Die Steingesichter sind natürlich fast identisch mit denen vom Bayon, wobei es mir, ehrlich gesagt, völlig egal ist, ob es sich dabei um Lord Bhrama, Avalokitesvara, Lokesvara oder Good Old Jaya Nr. 7 handelt. Es hat einfach eine tolle Atmosphäre, trotz der ganzen Autos, Mopeds oder Fußgänger, die alle durch wollen.
Auch die, inzwischen teilweise restaurierte Naga-Brücke, ist einfach sehr sehenswert. Nicht, dass wir nicht auch, den ein oder anderen Sandsteinnepomuk, als Brückenheiligen hätten, doch die Naga sind schon irgendwie besonders. In diesem Erdteil, mit seinen vielfältigen religiösen Traditionen, sind die Nagas eine göttliche oder halbgöttliche Rasse halbmenschlicher, halbschlangenhafter Wesen, die in Patala leben, was eine Form der mytologischen Unterwelt darstellt Gelegentlich nehmen sie menschliche oder teilweise menschliche Gestalt an, is´klar, oder werden in der Kunst so dargestellt. Eine weibliche Naga wird Nagi oder Nagini genannt. Na,
sehe ich da den ein oder anderen heimlichen Harry Potter-Fan aufhorchen. Kann aber alle beruhigen, habe heute den, dessen Name nicht genannt werden darf, nicht gesehen - auch Na(n)gini nicht. Also, die Naga stehen alle hintereinander, rechts und linksseitig der Brücke und "halten" alle eine überdimensionale, "brückenlange" Schlange, die sie "melken". Bei dem angestrebten Melkerzeugnis handelt es sich wohl um die Essenz der Weltenseele, klar - was auch sonst? Ich sach ja, die Jungs und Mädels sind schon was besonderes.
Bevor wir noch weiter rumbummeln, wird die Bergziege angeworfen und wir fahren in Richtung Westtor. Es ist irgendwie lustig, denn Angkor Thom hat vier identische Stadttore, die alle im ähnlichen Zustand sind, doch bei allen anderen Satdttoren, wird kein einziges Foto gemacht, also - außer von mir. Schließlich weiß man ja nicht, ob die Aufnahmen vom Südtor was geworden sind. Sicher ist sicher!
Der alte Jaya Nr. 7 hat ja nun viel gebaut, hatte wahrscheinlich auch den ganzen lieben langen Tag nix zu tun, was macht man, klaro, man sucht sich ein Hobby. Wahrscheinlich ist Tempelbau ein gängiges Hobby unter den Khmermonarchen gewesen. Das muss man jetzt mal ganz nüchtern sehen, denn wer Tempel baut, selbst, wenn er sie nicht selbst bezahlt, hat meist keine Zeit Kriege zu führen. Und - schließlich gibt es ja immer wieder Monarchen, die sich dem Bau höchst dekorativer Schlösser verschrieben haben. Jaya Nr. 7 wäre da nicht der Erste, der mir einfiele. Das bringt mich zum Ta Prohm, dem Preah Khan und dem Banteay Kdei. Zu den
ersteren hatte ich noch nichts geschrieben, da ich ja mal irgendwann schlafen muss. Wird nachgeholt, aber, soviel kann ich schon mal verraten: der Preah Khan ist der einzige Tempel, wo uns, aufgrund seiner Größe, erst später aufgefallen ist, dass wir ihn von zwei Seiten aufgesucht haben. Peinlich, aber so etwas kann hier passieren. Wir sind so, ganz in Gedanken, eine Stadtion auf dem Rundkurs weiter gefahren, Bergziege angebunden und durch den Wald zum Tempel gestiefelt und haben erst mittig, im zentralen Raum bemerkt, dass wir am selbigen Tag, ungefährt 25 Minuten zuvor, schon einmal an dieser Indoorpagode standen. Der Tempeljäger wird halt auch nicht jünger, soviel ist mal sicher.
Über dem Eingang des Banteay Kdei, zieren natürlich wieder vier Steingesichter, von-wem-auch-immer, die hausähnliche Dachkontruktion. Anni meint, dass es schon ein bißchen gruselig sei, falls die Steingesichter in Angkor Thom tatsächlich Jaya Nr. 7 gehören. So, Big-Brother is always watching you-mäßig. Nicht schön für die Untertanen, meint sie, trotz des friedvollen und milden Steingelächele. Gut, kann man auch so sehen, aber, da die Untertanen vermutlich eh immer alle Zechen zahlen mussten, kam es dann wohl auf die steinernde Überwachung auch nicht mehr an. Wir eilen in die heiligen Hallen, begleitet von den kreischenden Kompressorzikaden. Junge, was für Viecher. Vorgestern ist es mir gelungen, eines der
Schreihälse zu entdecken und bei dem Getöse ist mir fast das Trommelfell geplatzt. Wenn ich zu lange meine Kopfhörer benutze, erscheint auf dem Display meines Telefons wenigstens der Hinweis, "Das Reduzieren der Lautstärke wird empfohlen". Aber sowas haben die Kompressorzikaden nicht eingebaut, eindeutig. Das Beste daran ist, dass dieses eine Exemplar ein Getöse gemacht hat, als würden unter hohem Druck, zwei verrostete Metallplatten aufeinander gerieben. Wenn ich mir vorstelle, dass da vielleicht zehn oder zwanzig Zikaden anfangen, mit ihrem Hintern zu vibrieren, dann hilft nicht einmal der Helm. Denn selbst bei der Fahrt mit Helm, Fahrtwind und Motorengeräusch ist der Sound dieser Viecher bis ins Mark zu
hören. Der "Banteay Kdei" heißt wörtlich übersetzt, „Eine Zitadelle der Kammern“. Ursprünglich hat dieser kleinere Komplex als eine Art Kloster gedient, daher ist er auch bekannt als „Zitadelle der Mönchszellen“. Er liegt südöstlich von Ta Prohm und östlich von Angkor Thom. Vermutlich wurden diese klösterlichen Wohnungen Mitte des 12. bis Anfang des 13. Jahrhunderts im Bayon-Stil erbaut. Wie alle Bauten von Good Old Jaya Nr. 7, gibt es etliche Ähnlichkeiten im Grundriss zum Ta Prohm und dem Preah Khan. Der Banteay Kdei ist zwar kleiner, weniger komplex. Doch wir mögen diese kleine Mikrodschungelstadt. Der "Innenstadtbereich", ist von zwei aufeinanderfolgenden Umfassungsmauern umgeben und besteht aus zwei konzentrischen Galerien, aus denen die klassischen 5 Türme hervorgehen, denen im Osten ein Kreuzgang vorgelagert ist. Der Tempel ist nicht so besucht, da hier keine Filme gedreht wurden und sich daher alle auf das Ta Prohm konzentrieren. Es ist ziemlich cozy hier im lichten Dschungel und mit den auch etwas heruntergekommenen Bauten. Irgendwo habe ich gelesen, dass der Banteay Kdei von Jaya für seinen Lehrer gebaut wurde. Also, diese Geste gefällt mir und ich
glaube, das versuche ich mal daheim anzuregen. Interessanterweise war der Banteay Kdei im Laufe der Jahrhunderte, bis in die 1960er Jahre, zu verschiedenen Zeiten von immer mal von Mönchen bewohnt worden. Das ist schwer vorstellbar, denn das Mauerwerk des Gebäude hat in den vergangenen Jahrhunderten echt gelitten. Fast alle Türme werden durch straffe Metallgurte gehalten, damit die einzelnen Steine nicht einfach herausfallen und so die Statik verloren geht. Experten haben ermittelt, dass die Materialien, die für den Banteay Kdei verwendet wurden, tatsächlich von schlechterer Qualität sind, als im Ta Prohm und im Preah Khan. Erstaunlich, was heute alles so ermittel werden kann, auch noch Jahrhunderte später. Vermutlich kann man aber niemanden mehr in die Pflicht nehmen, sodass eine bauliche Mängelrüge wohl keinen Ausssicht auf Erfolg hätte. Immerhin ist zweifelsfrei bewiesen, dass unser Jaya Nr. 7 seine Finger im Spiel hatte. Kleine Inschriften bezeugen nämlich den Bau dieses Tempels durch Jaya Nr. 7 und seinen
königlichen Architekten Kavindrarimathana. Super Name, ob der wohl auf eine Visitenkarte gepasst hat: Königlicher Architekt Kavindrarimathana. Großartig! Nun ja, so ganz angesagt war er wohl nicht bei seinen Untergebenen, denn, obwohl Jaya Nr. 7 viele Tempel zum Gemeinwohl bauen ließ, wurde ihm auch vorgeworfen, Geld für extravagante Tempelbauprojekte auf Kosten der Gesellschaft verschwendet zu haben. Mir schwant ein bißchen, dass das Hauptproblem seiner Kritiker im Umstand begründet war, dass seine buddhistische Tempel dem Bodhisattva Avalokitesvara als Hauptgottheit gewidmet war. Ich sag es ja - Probleme! Aber trotz aller
Negativschlagzeilen, die Jaya gemacht hat, ist der Tempel ganz herzig und übrigens sind viele der Reliefe und Plastiken recht gut erhalten. Besser als in den meisten anderen Bauten aus der Zeit. Nur der Fugenmörtel war halt Scheiße, nennen wir das Kind doch mal beim Namen. Jawohl, musste mal gesagt werden! Der mit Reis angedickte Kleber taugte nix und so hat sich über die Jahrhunderte die Klebekraft irgendwie nachgelassen. Ergebnis, der Backs muss an allen Ecken und Kanten gestützt werden, damit er sprichwörtlich nicht auseinander bricht.
Nun zum Garten - Da wartet eine monströse Baumwurzel auf uns. Bereits 2014 hat man im Ta Prohm schon rigoros begonnen die Luftwurzeln der Würgefeigen abzusägen,
besonders bei den Bäumen, die drohten Gebäudeteile zu "zerquetschen" oder zum Einsturz zu bringen. An die Tomb Raider Wurzel hat natürlich niemand eine Säge angelegt, es ist einer der prominentesten Instapoints im Ta Prohm. Doch die meisten Monsterwurzeln, die 2008 noch vorhanden waren, sind beseitigt. Aber, hier im Banteay Kdei, ist echt ein ordentliches Stück Wurzel zu sehen, was nicht in Richtung Gebäude wächst und daher als sehr eindrucksvolle
Fotokulisse dienen kann. Wieviel Wasser der Gärtner da wohl mitbringen muss, bis der Durst von diesem Urwaldgiganten gelöscht ist . . . Wir verbringen ruhige und gemütliche Stunden in dieser Anlage, fernab der Massen, die heute über das Ta Prohm hergefallen sind. Morgen früh versuchen wir zum Sonnenaufgang, 06:19 Uhr Ortszeit, in Angkor Wat zu sein. Mals sehen wie das Wetter wird. Für Sonntag haben wir uns ein vorgezogenes Weihnachtsgeschenk gemacht, dass wird aber noch nicht verraten . . .
Anni, der Restaurantfuchs, hat in Downtown von Alt Siem Reap, eine - ausgezeichnete (in mehrerer Hinsicht) - vietnamesische Nudelbude aufgetan, bei der wir schon gestern eine extremst leckere Pho bekommen haben. Da geht es zum Abendessen heute dann auch hin. Ich probiere eine Rinderbrühe und Annika Gelbe Nudeln mit zwei Sorten Tofu. Empfehlenswert. Nun gehen wir zeitig ins Bettchen, denn wir müssen ja früh raus! Bonne nuit folks!
KI klärt den hör empfindlichen Dollyfahrer auf:
Zikaden sind Insekten, die an Pflanzen saugen und oft laute Geräusche erzeugen. Die lautesten Zikaden sind die Singzikaden, die zu den Rundkopfzikaden gehören. Die afrikanische Singzikade (Brevisana brevis) kann bis zu 106,7 Dezibel laut werden, was fast so laut ist wie ein Düsenflugzeug.. Die Singzikaden erzeugen ihre Geräusche mit speziellen Organen an der Seite ihres Hinterleibs, die als Tymbale bezeichnet werden. Sie können ihre Tymbale schnell zusammenziehen und entspannen, um Schallwellen zu erzeugen. Die Singzikaden benutzen ihre Geräusche, um Partner anzulocken oder Feinde abzuschrecken.
Es gibt viele andere Arten von Zikaden, die auch Geräusche machen, aber meist leiser oder für das menschliche Ohr nicht hörbar sind. Zum Beispiel erzeugen die Zwergzikaden, die zu…