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AutorenbildIngo

Verschlafene Mekongstädte . . .

08. Januar 2024 - Von Pakse nach Savannakhet

KM 16098


Um 19:30 Uhr bin ich so müde, dass ich mich nur kurz auf das Bett lege und etwa 12 Stunden tief und fest schlafe. Wie kann das sein? Nachwehen meines Schlafmangels aus der Tad Lo Lodge? Vielleicht liegt es einfach an Savannakhet, wer weiß das schon? Muss wohl, denn folgendes hat Anni mir beim Abendessen in Lin´s Cafe, am Marktplatz vor der katholischen Kirche von Svannakhet vorgelesen: " ... und über allem liegt die sympathische Schläfrigkeit laotischer Mekongstädte." Also, muss an der Stadt liegen. Ich werde so hypnotisch auf das Bett gezogen, dass es nur die äußeren Umstände sein können . . .



Das Hotel de Jardin in Pakse verlassen wir relativ früh morgens, für unsere Verhältnisse zumindest. Pakse ist jetzt nicht so eine Augenweide und wir hatte am Vortag, als wir das Hotel buchten, auch keine großen Erwartungen. Doch als wir gestern Nachmittag vom Bolaven-Plateau nach Pakse zurückkehren, sind wir höchst überrascht, entzückt geradezu. Das Hotel de Jardin ist ein koloniales Kleinod aus der französischen Glanzzeit des Ortes. Sonnengelb gestrichen, mit weiß abgesetzten Akzenten, dunkelbraune Blendläden, viele tropische Grünpflanzen. Ein kleiner, türkis schimmernder Pool mit schokocremefarbenen Sitzpolstern und Sonnenschirmen. Ein materialisierter Schwanengesang auf die Lebensart in französisch





Indochina. Eine sprichwörtliche Oase, inmitten des ziemlich hässlichen Pakse. Der Wermutstropfen, das Frühstück geht nur bis 9 Uhr. Die selbstgemachte Erdbeermarmelade entschädigt für das frühe Aufstehen, das dazu gereichte frische Baguette und die Salzbutter lassen die laotischen Spezialitäten der vergangenen Tage verblassen. So sind wir um kurz nach 9 Uhr schon auf der L13 und rollen Richtung Savannakhet, was 250 Kilometer von Pakse entfernt ist. Die Straße nach Norden ist seltsam. Zwar ist sie relativ neu asphaltiert, doch sie hat eine seltsame Oberflächentextur. Irgendwie gibt es kurz hintereinander folgende Querwellen, also aufgeworfener Asphalt und wir können uns beim besten Willen nicht vorstellen, wie diese Struktur zu Stande kommen konnte. Daher ist es nicht richtig angenehm zu fahren, schon gar nicht mit höheren Geschwindigkeit ab 90 Kilometer pro Stunde. Ist ohnehin nicht erlaubt, sondern max. 80.



Im Gegensatz zu den Überlandstrecken in Kambodscha, ist es hier spannender, weil die Landschaft abwechslungsreicher ist und der Verkehr ist so dünn, dass man sich schon Sonntagmorgens zwischen Gimbte und Gelmer wähnt. Meist wird hier intensiver Reisanbau betrieben, deren kleine Parzellen gerade alle vertrocknetes Reisstroh ziert. Doch, wenn hier die Hochzeit des Reisanbaus ist, dann wird das intensive Grün der jungen Reispflanzen sich bis zum Horizont erstrecken. Die Menschen leben hier in den üblichen hölzernen Pfahlbauten, von denen wir an dieser Straße wirklich viele sehr schöne Exemplare sehen. Der Himmel ist tiefblau, die Sonnen heizt sich mehr und mehr auf und der Fahrtwind ist heute ziemlich warm.



Trotz der vielen Wasserlöcher, die hier eher schlammig-gelb daherkommen, ist das Land ebenso vertrocknet, wie wir es in den vergangenen Tagen schon beobachten konnten. Irgendjemand erzählte uns, dass der Wasserspiegel des Mekongs derzeit 4 Meter niedriger sei, als üblicherweise zu dieser Jahreszeit. Das ist eine ganze Menge und erklärt, warum wir seit drei Wochen, selbst in Mekongnähe, nur vertrocknetes Land durchfahren. Obwohl es kaum Verkehr gibt, empfinde ich die Fahrt heute als ziemlich anstrengend. Eigentlich hatte ich



schweren LKW-Verkehr erwartet, da Pakse, als zweitgrößte Stadt in Laos, sicherlich viel Warenverkehr hat. Nichts dergleichen, die Straße ist ziemlich verlassen und nur in Dörfern, wie auch in Kleinstädten steigt das Verkehrsaufkommen durch Roller, Traktoren und Kleinstlaster. Die warme Luft, die unaufhörlich in meinen Helm strömt, macht mich einfach schläfrig, dazu kommt, dass man bei Geschwindigkeiten von 80-90 Kilometern pro Stunde, einfach das Gefühl hat, man kommt nicht an . . .



Um die Mittagszeit liegen die meisten Siedlungen völlig ausgestorben da, was den Eindruck erweckt, wir wären in einer trockenen, verlassenen Einöde. Wenn wir dann mal anhalten, sind aber plötzlich immer Menschen da. Keine Ahnung wo die herkommen, doch man keinen Moment anhalten, einen Blick auf die Karte werfen und - zack - schon materialisiert sich



irgendein Laote neben einem. Heute haben wir wieder das Gefühl, im heißesten Hochsommer über den Balkan zu fahren. Sobald die hölzernen Pfahlbauten keine spezifisch asiatischen Laubsägearbeiten mehr an den Dachfirsten aufweisen, könnten sich die Häuser auch in Anatolien, Mazedonien oder Nordgriechenland befinden. Wer weiß, vielleicht haben wir ja in Phnom Penh irgendwo einen falschen Abzweig genommen. Gegen Mittag bin ich so müde, dass mir tatsächlich die Augen zufallen. Der einzige Schattenplatz, der nicht besetzt ist, wird hoffentlich von göttlicher Erleuchtung begleitet - die Zufahrt eines dörflichen Wats. Das Tor ist zu, daher parke ich direkt davor und mache 10 Minuten Powernapping. Bin sofort eingeschlafen, was Anni - offenkundig - zur Dokumentation meiner Kurzzeitfaulheit genutzt hat. Doch danach



bin tatsächlich gut erholt. Gegen frühen Nachmittag erreichen wir Savannalhet, die drittgrößte Stadt in Laos. Ähnlich, wie Pakse, ist auch Savannakhet ziemlich gewachsen. Nicht zuletzt, wegen der neuen Thai-Lao-Friendshipbridge. Die Besucherzahl stieg in den vergangenen Jahren sprunghaft an, was aber nicht an dem Dinosaurier Museum liegt. Vielmehr hat Savannakhet einen Flugplatz und ein riesiges Logistikzentrum - zur Abwechslung mal nicht DHL - und der gesamte Warenverkehr aus Thailand oder auch aus Vietnam, hat hier die Zollabfertigung. So ist der erwartete Touristenboom für Savannakhet ausgeblieben, doch die Brücke hat sich trotzdem ausgezahlt, wenn auch nur für Thailand. Denn nun fahren die Laoten



zum Einkaufen über den Mekong und shoppen auf den Thaimärkten. Die Stadt liegt an einer der "schmalsten" Stelle des Landes, was bedeutet, dass nicht nur Thailand einen Steinwurf entfernt ist, sondern auch Vietnam. Der hiesige Grenzübergang nach Vietnam, ist einer der geschäftigsten überhaupt zu Laos. Wir beginnen noch einmal über unsere Vietnampläne nachzudenken. Denn wir wären jetzt gerade auf der geografischen "Höhe" von Hue, was ungefähr in der Mitte Vietnams liegt und ein guter Ausgangspunkt für eine Fahrt in den Norden wäre. Von unserem Hotelier erfahren wir, dass es in Savannakhet ein vietnamesisches Konsulat gibt und werden dort morgen früh wohl mal vorbeifahren.




"Sympathische Schläfrigkeit" nennt der Reiseführer die allgemeine Stimmung hier, in dieser alten französischen Verwaltungsstadt. Wir kann man das erklären? Merkbar ist es schon, dass in Laos die Uhren anders gehen. Also, einfach merklich langsamer. Tja und in Savannakhet hat man schon gar keine Uhren. Wenn man so in der Abendsonne vor St. Therese steht, scheint sich alles um einen herum in gelassener Gemächlichkeit zu befinden. Dabei könnte die Stadt nicht unterschiedlicher sein. Wie alle laotischen Städte hat Savannakhet eine gemischte Bevölkerung aus Laoten, Thailändern, Vietnamesen und Chinesen sowie Minderheitenvölkern aus dem Landesinneren. Zu den verschiedenen Ethnien gibt es natürlich auch unterschiedliche




Lebensbereiche, wie Garküchen, Schulen und selbstredend hat jede Volksgruppe sein eigenes Gotteshaus. Es gibt einen großen buddhistischen Tempel aus dem 15. Jahrhundert, Wat Sainyaphum, einen chinesischen Tempel, die katholische Kirche St. Therese und eine Moschee. Das französische Viertel ist natürlich um die Kirche herum entstanden. Da gibt es Bistros, eine Charcuterie, die auch Weine, Liköre und frisches Brot anbietet. Überall stehen alte französische Bauten, entweder im französischen Indochinastil oder man sieht tatsächlich Fassaden, die auch in Avignon stehen könnten. Wir unternehmen einen ausgedehnten Spaziergang durch dieses






sympathisch verschlafene Viertel. Hier und da hat sich ebenfalls ein Straßenkünstler versucht, doch alles bleibt im charmanten Rahmen, nur nicht zu viel machen. Manch französisches Erbe ist heruntergekommen, zerrt doch der Zahn der Zeit und das unerbittliche Tropenklima an den Toren seiner Vergänglichkeit. Anderen Orts hat man Putz, Pinsel und Farbe in die Hand genommen und der Vergangenheit neuen Odem eingehaucht. Aber alles mit einer gelassenen Zurückhaltung, die, wie die Entdeckung der Langsamkeit anmutet.



Der Servicemitarbeiter in Lin´s Café schläft. Den Kopf auf die Theke gelegt und der Kerl ratzt wie ein Weltmeister. Er hört nicht, wie wir die quietschende Tür öffnen, leicht hüstelnd einige Minuten warten und durch die quietschende Tür wieder austreten. Doch wir lassen uns auf der Terrasse vor dem Café auf niedrigen Opium-Holzstühlen nieder. Wir warten, schließlich sind wir im Urlaub und haben nichts dagegen, uns dem Rhythmus unserer Gastgeber anzupassen. Schließlich weckt ihn sehr rüde eine laotische Kundin, die außerdem darauf aufmerksam macht, dass da Bleichgesichter auf seiner Terrasse rumlungern. Völlig erfrischt taucht er an unserem Tisch auf, die Speisekarten in der Hand. Powernapping halt, kenn´ich. Das Essen ist eine Mischung aus thailändisch, vietnamesisch und laotisch. Leider sind die mitgelieferten Saucen so scharf, dass ich aus gesundheitlichen Gründen darauf verzichte. Schließlich hat Anni sich als amtliche Chilitesterin eintragen lassen und das Ergebnis lautet - extremst scharf! Bonne nuit folks!




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