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AutorenbildIngo

Die vier Schuhgrößen des Buddha . . .

01. Dezember 2023 - Von Chiang Mai nach Phrae

KM 12164


Die Fahrt nach Phrae ist ereignislos. Die Autobahn 1 führt von Mae Sai im äußerten Norden nach Bangkok im Süden. Ziemlich geradeaus, durch das Flachland. Der Himmel ist dicht bewölkt, sodass das Sonnenlicht einerseits diffus und andererseits seltsam grell ist. Von Chiang Mai geht es bergab, was bedeutet, dass es zügig ziemlich warm und auch heiß wird. 33 Grad, aber trockene 33 Grad. Schon früh beginnt die Luft auf dem Asphalthorizont zu flimmern und im Verlaufe des Vormittags treten häufig die üblichen "wasserflächenähnlichen" Luftspiegelungen auf. Entlang der 1 liegen überwiegend große thailändische Unternehmen, die die Autobahn natürlich als logistischen Transportweg nutzen. Dementsprechend ist der Verkehr sehr unübersichtlich, denn permanent fahren LKWs auf. Leider gibt es nicht viel Interessantes entlang der Autobahn, von ein paar skurrilen Statuen mal abgesehen. Irgendwo hinter Mae Tha, am Fuße der ersten Hügel des Doi Khuntan Nationalparks, hockt irgendein frommer und auch lokal wohl sehr berühmter Mönch, überlebensgroß in Gold, auf einer Hügelkuppe. Sehr befremdlich, wirklich, dabei ist es nichts anderes als bspw. das Reiterdenkmal von Kaiser Wilhelm vor der Deutzer Brücke. Aber der gute Buddhist ist bestimmt doppelt so groß, wie unser Willem in Kölle.

Die Fahrt durch den Nationalpark bringt sofort Abwechslung. Die Luft frischt auf, der Geruch von feucht-frischer Vegetation dring mit kühler werdendem Fahrtwind in meinen Helm und vertreibt die staubige Hitze der Ebene. Es geht kurvig bergauf und bergab. Mit den ganzen LKWs macht das nicht soviel Spass, denn manchmal fahren die Jungs stumpf auf dem Mittelstreifen und belegen damit zwei Spuren. Gott sei Dank hat man in Thailand an den Land- oder Schnellstraßen ganz links außen immer eine ausgewiesene Motorradspur. Die ist zwar nur halb so breit wie eine normale Fahrspur, doch man kann dadurch zügig links überholen, wenn wieder mal zwei lahme Enten parallel fahren wollen. Man glaubt es kaum, in Thailand ist das Benutzen der Hupe sehr verpönt. Ja, das erstaunt niemanden mehr als mich. Bin ich doch seit Indonesien sehr versiert in der offensiven Benutzung dieses Bauteils der Bergziege. Mittig im Nationalpark taucht wieder

ein Elefanten-Warnhinweis auf. Diesmal warnen sie vor Elefanten auf der Autobahn. Nun ja, mancher Pickup schleicht so daher, dass sogar ein Elefant in die Versuchung kommen könnte, die lahme Ente zu überholen, wirklich, ein deutscher Sontagsfahrer mit Hut und Zigarre, wie mein Vater es nennen würde, ist nichts dagegen. Das Terrain ist ziemlich gebirgig und ich frage mich immer wieder, ob der asiatische Elefant solche Steigungen tatsächlich überwinden kann. Leider können wir die Dickhäuter nur riechen. Nach meinem Projekt im Elefantenhaus im Münsteraner Zoo weiß ich genau, wie die Viecher stinken. Mein Rucksack, den ich während des Projekts benutzt habe, lüftet immer noch aus - seit 2020! Zu Gesicht bekommen wir aber wieder keine Dickhäuter.

Die Stadt Lampang, die ihrerseits wieder im Tiefland liegt, umfahren wir. Hier scheint das Zentrum der Gebrauchtskeramikherstellung zu sein. Kilometerlang passieren wir Stände am Straßenrand, die bis unter das Zeltdach mit Keramiktassen und -tellern angefüllt sind. Im Stillen denke ich mir, ob das hier nicht der eigentliche Porzellanladen für die Elefanten ist, der geneigte Leser weiß schon, diese peinliche Situation mit dem Elefanten im Porzellanladen . . .

Um kurz nach 11 halten wir an einer Raststätte für einen Kaffee. Irgendwo hinter Lampang, irgendwo im nirgendwo sozusagen. Beim Betreten der Raststätte schaut uns eine ältere Frau an, offenkundig westlichen Ursprungs, die mit einem thailändischen Mann an einem Tisch sitzt. "Ihr seid also die Weltreisenden. . ." Wir stellen fest, dass sie fließend Thai spricht und wohl schon länger in Thailand lebt. Vermutlich hat sie auch Mr. Chalermchais Video vom Weißen Tempel gesehen . . . Was soll ich sagen. Sie spricht mit den Angestellten der Raststätte irgendetwas auf Thai, was für ein Lächeln sorgt und alle sind ungeheuer aufmerksam. Wir tun inkognito. Der Kaffee ist aber super, besonders wo wir im völligen Tiefebenenniemandsland sind. Und weiter, auf nach Phrae.

Urplötzlich taucht ein Abzweig nach Phrae auf, unserem heutigen Etappenziel. Das Navi möchte, dass wir weiter der Autobahn folgen, natürlich durch die gähnende Tiefebene. Da wir es aber erst kurz vor 12 haben, fahre ich ab. Wunder über Wunder des Orients. Zunächst landen wir in einer Baustelle, Schotter und Sand, danach ist die kleine gelbe Landstraße mit einer neuen Asphaltschicht überzogen. Wahnsinn, breit mit sanfen Kurven schlängelt sie sich, quasi an der Hintertür eines weiteren Nationalparks in Richtung Phrae. In der Baustelle müssen wir anhalten, weil nur eine Fahrspur befahrbar war. Nun bedeutet es, dass von hinten gerade keine Autos kommen, wir hatten nämlich etliche LKWs hinter uns. So fliegen wir, die Sonne im Rücken


gemütlich über das kurvige und hügelige Land. Die Strecke ist 20 Kilometer kürzer als die Autobahn und präsentiert uns Reisfelder, Flussniederungen, leichte Bewaldung mit viel Schatten und kleine Dörfer, die verlassen in der Mittagshitze an der Straße liegen. Sobald wir bewaldete Abschnitte durchfahren, verändert sich der Geruch, der betörend nach frischer Vegetation riecht.

Phrae liegt am Ostufer des Yom-Flusses, gut 560 Straßenkilometer nördlich von Bangkok. Hier leben etwa 16.000 Menschen und Phrae ist für seine reiche Geschichte, Textilindustrie und Tempelarchitektur bekannt. Hier kreuzen sich die Isan- und Lan-Na-Kultur. Wenn man so durch das ehemaligen Stadttor fährt, was leider nicht erhalten ist, wohl aber die Wallanlagen und der dazugehörige Wassergraben, dann macht Phrae einen etwas verschlafenen Eindruck. Dabei scheint es hier auch mal hoch her gegangen zu sein. Die Stadt wurde 1371 verbrieft gegründet. Mit einem eigenen König, ziemlich lange sogar, bis wieder irgend ein Neider kam, eine kolossales Fratzengeballer startete und dem Königshaus den Gar aus machte. Im späten 19. Jahrhundert diente Phrae dann aber wiederum als wichtiges Zentrum für den Teakholzhandel. Zahlreiche ausländische Unternehmen waren rund um die Stadt tätig. Das kann man bis heute noch sehen, denn hier gibt es mehr alte Teakhäuser, als wir bisher in ganz Thailand gesehen haben.

Selbst unser Hotel ist aus schweren Teakholzstämmen gebaut, was einen richtig massigen und sehr soliden Charakter hat. Im 19. Jahrhundert erlebte Nordthailand durch die Teakholzindustrie ein krasses Wirtschaftswachstum. Aufgrund der Lage von Phrae und seiner Nähe zu zahlreicher Teakholzwäldern, wurde die Stadt zur Heimat mehrerer ausländischer Unternehmen, die in der Nähe Teakholzfarmen betrieben, wie zum Beispiel die East Asiatic Company und die Bombay Burmah Trading Corporation. Das ostasiatische Unternehmen begann 1897 mit dem Holzeinschlag, bis es 1936 aufhörte; während der Bombay Burmah 1889 eine Holzeinschlagskonzession erteilt wurde. Die zunehmende ausländische Präsenz von


Unternehmen führte später zu einem Zustrom ausländischer Einwohner aus verschiedenen Ländern wie England, den USA und Dänemark. Die westlichen Einflüsse und der Wohlstand aus dem Holzhandel entwickelte eine architektonische Vermischung. Einer der Nachkommen des ehemaligen Königs von Phrae, ließ sich ein Thai-Teakhaus bauen mit europäischen Einflüssen. Natürlich lassen sich die buddhistischen Wurzeln des Besitzers nicht verbergen, denn im Haus gibt es einen Raum mit einem religiösen Schrein (den ich nicht fotografieren durfte) und auch einen Zugang zu einem persönlichen Wat. Das Haus steht heute unter Denkmalschutz und ist in ein Museum umgewandelt worden. Aber es ist wirklich ganz süß, außen Cremeweiß und Rosa gestrichen, mit polierten dunklen Holzböden, überschatteten Terrassen, Teepavillon, Gesindehaus usw. Für einen ehemaligen Prinzen eher bescheiden, denn royal, würde ich mal sagen.





Das Wat liegt buchstäblich eine Tür weiter und hält eine Statue bereit, wie ich sie noch nie in einem buddhistischen Tempel gesehen habe. Und, ehrlich gesagt, habe ich richtig viele buddhistische Tempel gesehen, aber diese monströse Schildkröte ist auch für mich neu! Während es auf unserer heutigen Fahrt überwiegend bedeckt ist, kommt hier in Phrae, mehr und mehr die Sonne wieder zum Vorschein. Beim Betreten des Wats stellt sich ein sehr schönes warmes Nachmittagslicht ein, so, als wollte die Sonne uns einen ganz besonderen Moment mit

den vergoldeten und weißen Flächen des kleinen Viharns bieten. Der kleine Viharn ist wirklich sehr putzig, vereint er doch nordthailändische, burmesische und khmerlastige Baudetails. Das Sonnenlicht trägt natürlich ihr Übriges zur Wirkung des weißen Baukörpers, vor dem blauen Himmel und seinen weißen Alibiwolken, bei.


Was soll ich sagen, es ist einfach ein Fest für den Fotografen. Da sich Phrae nicht auf der Liste bekannter Touristenrouten oder -zielen befindet, ist hier auch niemand außer uns. Das Wat ist nahezu verlassen, von 2-3 Mönchen, die fegen oder im Schatten dösen mal abgesehen. Vielleicht ist deshalb der 9 Meter lange Liegende Buddha, gar kein Liegender Buddha, sondern ein Dösender. Die Ähnlichkeit zu dem dösenden Mönch, ist frappierend, wirklich, vielleicht gibt es in Phrae - und nur in Phrae - eine sehr seltene, außergewöhnliche Darstellungsform vom Dösenden Buddha. Wunder über Wunder des Orients!


Überhaupt gibt es in Phrae viel zu sehen und da man alles ziemlich gut zu Fuß erreichen kann, ist das eigentlich schade, dass hier nicht mehr Besucher herkommen. Nicht weit von unserem Hotel, was ebenfalls inmitten der alten Wallanlagen liegt, sind wir in ein Wat gestolpert, in dem es vier, in Zahlen - 4, Fußabdrücke von Buddha gibt. Jawohl vier auf einen Schlag. Doch bevor wir zur spirituellen Bewunderung der heiligen Fußspur kommen, wird unsere ganze Aufmerksamkeit auf den Klosterhof gelenkt. Das Wat hat ein riesiges Novizenhaus und eine buddhistische Schule angegliedert und - es ist gerade Pause. Dazu sind etliche mobile


Restaurants in den Klosterhof gerollt, allerorten wird gefuttert und ganz unspirituell Pause gemacht - von der schweren geistigen Kost. Wieder ein Fest für den Fotografen. Offenkundig habe ich natürlich nur die wirklich sehr schönen Teak-Bauwerke fotografiert und gefilmt, aber eigentlich - ich gebe zu - habe ich etliche Persönlichkeitsrechte verletzt. Immerhin beruht das auf Gegenseitigkeit, denn ich bin meinerseits ebenso häufig unauffällig abgelichtet worden, wie umgekehrt.



Dennoch wollen wir Buddhas Latschen nicht vergessen. In einem etwas heruntergekommenen Seitenmondop befinden sich die Abdrücke des weisen Herrn. Natürlich sind sie mit Blattgold ausgelegt und die Dimensionen unterstützen meine These von einer L-förmig gebauten Person, die einen überausbehaarten Körper hat und Schuhgröße 147. Was natürlich stutzig macht ist, dass die vier Abdrücke in der Größe von 147 bis 126 variieren. Wunder über Wunder des Orients.

Da muss ich meine These noch weiter ausfeilen. Die restlichen Gebäude sind ebenfalls etwas heruntergekommen, haben aber dennoch schöne Details. Eine Sache macht uns ebenfalls




stutzig. Die Naga-Wächter am Eingang haben alle Hörner von Hirschen. Naga sind ja eigentlich stilisierte Schlangen, genauer gesagt Königskobras, doch die Sache mit den Hörnern ist wieder etwas seltsam. Aber ok - vielleicht gibt es ja reptile Spezies auf unserer Planeten, die Hörner haben! Bonne nuit folks.






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Marc Luetjens
Marc Luetjens
02 déc. 2023

KI klärt küsst die Abdrücke:

Die Fußabdrücke Buddhas sind ein bedeutungsvolles Symbol im Buddhismus und haben verschiedene Interpretationen:

1. Historische Bedeutung:

o Nach buddhistischer Überlieferung hinterließ Buddha Siddhartha Gautama, der historische Gründer des Buddhismus, zwei Fußabdrücke auf der Erde, kurz bevor er das Nirvana erreichte (den Zustand der Befreiung von der Wiedergeburt). Diese Abdrücke symbolisieren seinen letzten Gang und seine spirituelle Reise.

o Die Fußabdrücke werden oft in Tempeln und Stupas verehrt und dienen als Erinnerung an Buddhas Lehren und seine Erleuchtung.

2. Symbolische Bedeutung:

o Die Fußabdrücke repräsentieren die Abwesenheit des Körpers. Buddha betonte die Vergänglichkeit des physischen Körpers und die Wichtigkeit der spirituellen Entwicklung.

o Sie symbolisieren auch die Spuren des Weges, den jeder Buddhist auf dem Pfad…

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